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Die Farbe im Whisky - Teil 4

Es gibt Whiskyhersteller, die färben grundsätzlich. Andere nicht. Es gibt zwei Arten des Färbens.

Einmal will man farbliche Unterschiede in den Chargen egalisieren. Man definiert also eine Farbstärke, die man in der Regel mit der Mischung der verwendeten First- bis Third-Fill-Fässer im besten Fall erreichen kann. Dann setzt man im einzelnen Fall (der speziellen Charge) ganz wenig Zuckerkulör zu (ein paar Fingerhüte pro Fass), um die anfangs festgelegte Farbe zu erreichen. Dieses Vorgehen ist für mich nicht sonderlich verwerflich. Man erspart sich auf diese Weise eine Menge Rückfragen bezüglich wechselnder Farbgebung unterschiedlicher Chargen. Dass ich nichts dagegen habe kann auch darin begründet liegen, dass wir öfter Rückfragen dieser Art haben und wir uns damit Arbeit ersparen können.

Die zweite Art des Färbens halte ich jedoch für verwerflich. Sie wird fast immer für Blended Whisky ohne Altersangabe aber auch bei auflagenstarken Single Malts verwendet. Diese Blends und Single Malts würden in der Regel sehr, sehr, seeeeehr hell ausfallen. Wenn man nur drei Jahre und einen Tag einen Whisky reift und dabei aus Kostengründen Fässer mit bis zu 40 Jahren Alter verwenden muss, dann kann da nicht mehr viel Farbe herauskommen. Also setzt man massiv Farbe zu, um eben für das Auge diese Fassreifung zu betonen und den Verkauf anzukurbeln.

Ist dieses Färben gesundheitsschädlich?

Nein, der Gesetzgeber gibt für das verwendete Zuckerkulör keine Höchstgrenzen an und auch ich persönlich halte das Färben nicht für schädlich. Was bitte soll es für einen Unterschied machen, wenn man eine zellulosehaltige Fassdaube verbrennt, um Zuckerkulör zu erhalten oder wenn man Zucker unter definierten Bedingungen großtechnisch in Zuckerkulör überführt? Vermutlich dürfte die Färbung von Whisky über Zuckerkulör sogar der Gesundheit weniger schaden als die ganzen zusätzlichen Verbrennungsprodukte, die aus der Holzverbrennung sonst noch in den Whisky hineinkommen. Von den Rauchbestandteilen bei der unvollständigen Verbrennung des Torfs zur Trocknung des Malzes ganz zu schweigen.

Nein, um Gesundheit geht es nicht.

Es geht um die Glaubhaftigkeit der Whiskyhersteller. Die tollste Aufschrift, die ich auf einer Whiskyflasche gelesen habe, lautete:

"This rare Speyside Single Malt Whisky takes it colour from the oak casks, during its twelve long years of maturation."

Und was stand hinten auf der Flasche?

"Mit Farbstoff (Zuckercouleur)"

Macht das diesen Hersteller glaubwürdig? Nein - auf keinen Fall!

Andere Hersteller verschweigen die Verwendung von Zuckerkulör vollkommen. Sie reden über Reinheit, natürliche Zutaten, usw. aber schreiben nicht 'Natural Colour' auf die Flasche drauf. Das kann nun Faulheit sein aber wenn man 'Natural Colour' auf dutzenden Flaschen 'nicht' lesen kann und man jedes Wort, was einen Anklang von Farbe ausdrücken würde, auf dem Etikett und der Schachtel vermisst, dann hat das etwas mit Negation bzw. Tabuisierung zu tun.

Ich habe in den vergangenen Wochen jedes Etikett und jeden Beilagzettel aller Flaschen, die wir anbieten und denen ich handhabbar werden konnte, durchgelesen. Und diese Tabuisierung ist tatsächlich vorhanden. Eine ganze Branche hat sich einen Maulkorb verschrieben.

2001 war ich auf einer internationalen Messe (nicht in Deutschland). Und dort redete ich mit einem schottischen Brennerei-Meister, der seinen Arbeitgeber gewechselt hatte. Der alte färbte und der neue nicht. Und wie ich neben diesen Herren stehe und einem Gespräch folge erfahre ich, dass der wechselnde Distillery Manager sich sehr negativ über die Färbepolitik seines alten Arbeitgebers ausließ. Ich kommunizierte dies an ein paar internationale Freunde und erhielt dafür einen massiven verbalen Rempler von diesem Distillery Manager, dass er das so nie gesagt hätte. Er hatte halt vor einem Unbekannten das Tabu gebrochen. Es zog reichlich Kreise und brachte mir keine 'Vorteile'. Man beschmutzt sich in der Branche nicht gegenseitig. Man hält zusammen, obwohl sich das Tabu, beginnend von den kleinen Herstellern, langsam aufzulösen beginnt.