Die Chemie in der Fermentation

Chemisches Hintergrundwissen

Whisky ist per Definition ein gebranntes Getränk aus Getreide. Wie wird aber aus Getreide Alkohol? Durch Gärung natürlich. Bis es soweit ist, muss eine lange Kette an chemischen und biologischen Reaktionen durchlaufen werden. Diese erklären wir hier im Detail.

Zucker

Das Getreidekorn besteht vornehmlich aus Stärke. Die weiteren Bestandteile sind Eiweiße, Fette und Spurenelemente. Die Stärke ist der Ausgangsstoff für die Alkoholproduktion. Zur einfacheren Erklärung der chemischen Zusammenhänge möchte ich jedoch nicht bei der Stärke, sondern dem Zucker beginnen. Zucker und Stärke gehören beide in die Gruppe der Kohlenhydrate. Hat man die Grundeigenschaften des Zuckers verstanden, so kann man leicht den Rückschluss auf die Stärke ziehen.

In der Geschichte kannten unsere lokalen Vorfahren nur den Bienenhonig und Früchte als Zuckerlieferanten. Das änderte sich schlagartig mit der Entdeckung der Welt, als der Rohrzucker aus den südlichen Breiten zu uns kam. Es ist gar nicht so lange her, daß die Zuckerrübe bei uns als Zuckerlieferant erschlossen wurde. Ab der Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde in unseren Breiten verstärkt Rübenzucker-Fabriken errichtet. Heute produzieren wir in Rüben- und Stärkezuckerfabriken und importieren zusätzlich noch erhebliche Mengen an Rohrzucker in die Europäischen Gemeinschaft (Lieferanten z.B. Südafrika und Mauritius).

Jeder kennt einige Zuckerformen aus der Lebensmittelwerbung. Über die im Folgenden aufgeführten Zucker hinaus gibt es noch viele weitere Zucker, deren chemischer Aufbau aber ähnlich ist.

BezeichnungChemische BezeichnungFormel
RohrzuckerSaccharoseC12H22O11
(=2*C6H12O6-H2O)
TraubenzuckerGlucoseC6H12O6
FruchtzuckerFructoseC6H12O6
MilchzuckerLactoseC12H22O11
MalzzuckerMaltoseC12H22O11

Allen diesen Zuckern ist ihre chemische Grundformel C6H12O6 gemein. Ein einfaches Zuckermolekül besteht also aus 6 Kohlenstoff-, 12 Wasserstoff- und 6 Sauerstoff-Atomen. Die folgende Struktur zeigt ein gestrecktes D-Glucose-Molekül.

Allen diesen Zuckern ist ihre chemische Grundformel C6H12O6 gemein. Ein einfaches Zuckermolekül besteht also aus 6 Kohlenstoff-, 12 Wasserstoff- und 6 Sauerstoff-Atomen. Die folgende Struktur zeigt ein gestrecktes D-Glucose-Molekül.

 

Die für uns wichtigen Zucker Glucose und Fructose haben sechs Kohlenstoff-Atome (C6H12O6). Es gibt aber auch Zucker mit fünf oder sieben Kohlenstoffatomen (Beispiel: Ribose) bei denen in der Kette eine H-C-OH Einheit fehlt oder zusätzlich eingefügt ist.

Ein Fruchtzucker (Fructose) hat einen leicht unterschiedlichen Aufbau in der Kette. Die zweite H-C-OH Gruppe ist durch eine Ketongruppe ersetzt (C=O). Dafür fehlt die Aldehydfunktion am Kettenende.

Was macht jetzt einen Zucker süß? Es sind die OH-Gruppen, die mit den Rezeptoren auf unserer Zunge reagieren. Aber nicht die Menge der OH-Gruppen ist ausschlaggebend, es ist vielmehr die Stellung dieser OH-Gruppen im Raum, die nur in einer bestimmten Lage mit unseren Rezeptoren auf der Zunge Kontakt aufnehmen können. Es gibt Stoffe, deren OH-Gruppen sind ähnlich im Raum angeordnet (Süßstoff, Glycol, etc.), und deshalb auch süß schmecken.

Die C1 und C5 Atome des Zuckers können sich über das doppelt gebundene Sauerstoff Atom der oberen Aldehyd-Gruppe zu einem Ring aus fünf Kohlenstoff- und einem Sauerstoffatom verbinden (addieren). Dabei wird kein Atom abgespalten, sondern alle Atome werden in die neue Ringstruktur eingebaut. Das sechse Kohlenstoffatom steht seitlich vom Ring ab. Der Ring ist jedoch im Raum nicht eben, sondern vielmehr sesselförmig abgeknickt. Diese Ringstruktur ist energetisch günstiger als die freie Kette. Statistisch stellt sich ein Gemisch aus 99% Ringen und 1% Ketten in einer Glucose-Lösung ein.

Bei den für die Alkohol-Produktion wichtigen Zuckern (Maltose und Glucose) ist die Ringbildung typisch. Der Rohrzucker besteht jedoch nicht nur aus 6-er Ringen, sondern kann auch 5-er Ringe bilden.

 

Die OH Gruppe am ersten C-Atom (ehemals Aldehyd-Gruppe in der Kette) kann nun mit dem H-Atom am gleichen C-Atom vertauscht sein. Dies ergibt eine andere räumliche Anordnung. Man spricht in diesem Fall von einer beta-Anordnung.

 

Stärke

Von der Glucose kommt man nun zur Stärke, in dem man mehrere dieser Ringe über die Abspaltung eines Wassermoleküls zu Ketten verbindet. Das Wasser wird zwischen den C1 und C4 Atomen abgespalten. Diese Verbindung ist der Malzzucker (siehe Bild rechts). 

 

Kurz geschrieben sieht diese Verbindung nun so aus:

Man schreibt chemisch für diese Verbindung auch wie folgt. Dies bedeutet, dass sich ein alpha-Glucosering (Glc) über das C1-Atom mit einem zweiten alpha-Glucosering mit dessen C4-Atom verbindet.

 

Stärke ist nun die wiederholte Verknüpfung solcher Zucker nach der verallgemeinerten Formel:

Diese Formel beschreibt die chemisch reine Stärke mit dem Namen Amylose. Die reine Amylose ist räumlich gewunden. In Natura ist die Stärke nicht ganz so regelmäßig strukturiert. Es gibt nicht nur Ketten sondern auch Verzweigungen. 

Verkettet man beta-Glucose nach der gleichen Methode, so erhält man Zellulose, wie sie im Holz der Whiskyfässer zu finden ist. Die Zellulose-Moleküle sind lange Ketten, die sich nebeneinander lagern und über Wasserstoffbrückenbindungen binden können. Deshalb ist Zellulose faserig und stabiler als das Stärkemehl. 

Das Enzym Amylase aus der Gerste kann nun die Stärke des Getreidekorns an den O-Bindungen zerteilen. Mit Zellulose kann es dagegen nichts anfangen. Die beta-Formen kann es nicht erkennen. Ziegen sind dagegen in der Lage, mit Hilfe von Mikroorganismen in ihrem Darm, die Cellulose in Zucker zu spalten. 

Das Enzym greift die Ketten an, teilt sie und trennt immer zweier Zucker (Dimere und Maltose) von den Enden des Stranges ab. Ist die gesamte Kette zerteilt, bleiben nur 2er- und 3er-Ketten (Trimere) übrig. Auch die Trimere kann das Enzym nicht weiter abbauen.

BESONDERHEIT: Das Enzym Amylase liegt ausschließlich im Gerstenmalz vor. Es kann aber nicht nur die Stärke der Gerste sondern auch Stärken aus anderen Getreidesorten in Zucker zerteilen. Aus diesem Grund enthält die Maische für Bourbon und Grain Whisky in der Regel einen 10% Anteil an Gerstenmalz.

Große Grain Brennereien, Stärkezuckerfabriken und auch die amerikanischen Whiskey Brennereien machen sich eine Besonderheit der Stärke zu Nutze. Stärke kann säure-hydrolytisch unter Zufuhr von Wärme gespalten werden. In den Kochern der Bourbon Brennereien wird im sauren Milieu (Sour Mash) bei leichtem Überdruck der Mais bei 105 °C für 25 min gekocht (1,14 bar = 2 psi Überdruck) und so die Spaltung der Stärke beschleunigt. Dies kann den Einsatz von Gerste ersetzen.

Alkoholische Gärung

Der letzte Schritt vom Getreidekorn zum Alkohol ist die Alkoholische Gärung. Was ist die Alkoholische Gärung? Da stellen wir uns einfach mal janz dumm ... (frei nach Heinz Rühmann - Die Feuerzangenbowle)

 

Die alkoholische Gärung wird nicht von Enzymen, sondern vielmehr von Hefen ausgeführt. Hefen sind keine Bakterien sondern Pilze. Hefen sind in der Natur überall anzufinden. Besonders im Herbst, wenn die Früchte reif werden, fliegen ihre Sporen in großer Zahl durch unsere Umgebungsluft. Sie führen in der Zucker/Wasser-Lösung eine einfache chemische Reaktion nach der folgenden Formel durch:

Der Hefepilz spaltet ein Glycose-Molekül und erzeugt pro Ring zwei Ethanol-Moleküle (Alkohol) und zwei Kohlendioxid-Moleküle und Energie in Form von Wärme. Zusätzlich entstehen fruchtige Aromastoffe (Ester), die dem Whisky seine große Geschmacksvielfalt verleihen. Der reinen Stärke kann der Hefepilz nichts anhaben. Sie bleibt von den Pilzen verschont. 

In Schottland kommen in der Regel zwei verschiedene Trockenhefen (Bäcker- und Brauereihefe) zum Einsatz. Die erste von beiden sorgt für eine schnell beginnende Gärung. Gleichzeitig wird der Wash angesäuert. Die zweite Hefe arbeitet im sauren Milieu besser und erreicht erst später ihre maximale Leistung. Sie sorgt dafür, dass im Wash ein hoher Alkoholgehalt entsteht.

In den USA legt man bei der Whiskey-Herstellung ganz besonderen Wert auf die fruchtigen Ester spezieller Hefen. Jeder Bourbon hat deshalb seine eigene(n) Hefe(n). Sie wurden aus wilden Hefen isoliert und von den Firmen patentiert. Sämtliche verwendeten Hefen werden in eigenen Vermehrungsanlagen in großer Menge erzeugt und auch flüssig zugesetzt.

Das Kohlendioxid steigt in der gärenden, blubbernden Lösung auf und verteilt sich in der Luft. Das erzeugte Ethanol reichert sich in der Lösung an. Von der frei werdenden Energie lebt der Hefepilz. Dieser Vorgang dauert so lange an, bis entweder aller Zucker verbraucht ist (typisch für den Whisky) oder bis die Alkoholkonzentration so weit angestiegen ist, dass der Hefepilz sich durch seine eigenen Produkte selbst abtötet (typisch für Wein).

Essig - Essigsäure - Essigbakterien

Jeder Brenner, Brauer oder Winzer hat sich mit den Essigbakterien notgedrungen zu beschäftigen. Essigbakterien kommen genauso wie die Hefepilze in der freien Natur vor. Sie ernähren sich von Alkohol und erzeugen Essigsäure. Ist ein Gärbehälter (Wash Back, Fermenter) einmal von Essigbakterien befallen, so kann man die gesamte Füllung nicht weiter verwenden. Aus diesem Grund werden die Wash Backs in Schottland mit chemischen Substanzen gereinigt und in den USA werden die Fermenter sogar mit hoher Temperatur sterilisiert. Die grundlegende chemische Reaktion, die die Essigbakterien ausführen, sieht so aus:

 

Da die Reaktion Sauerstoff benötigt, kann man unter strengem Luftabschluß in der Regel eine Infektion mit Essigbakterien vermeiden. Über die hier beschriebenen Essigbakterien hinaus gibt es spezielle Bakterien, die sich zunächst Alkohol selbst produzieren, bevor sie Essigsäure erzeugen. Es gibt aber auch höher entwickelte Pilze, die diesen Essigbakterien Konkurrenz machen und ebenfalls von der Stärke bis zur Essigsäure durchreagieren können. Die Natur hält noch viele Wunder für uns bereit. Bis zu deren Erforschung sollten wir uns ganz einfach an den Produkten der Natur erfreuen.