Die unabhängigen Abfüller

Bereicherung oder Oligopol?

Der Whiskymarkt ist im Umbruch. Noch in den 1990er-Jahren beherrschten die Blend Whiskyhersteller den Markt. Johnnie Walker, Ballantine’s und Chivas Regal gehörten bei uns und auf der ganzen Welt zu den bekanntesten Whiskymarken. Alle zusammen stellten sie fast ausnahmslos Blended Whiskys her. Wer einen anderen Whisky wollte, fand mit Jim Beam allerorten einen amerikanischen Bourbon.

In den frühen 90ern des vergangenen Jahrhunderts begann der Siegeszug des Single Malt Whiskys. Natürlich gab es bereits vereinzelt Glenfiddich, Glenlivet und Glenmorangie. Doch dieses neue Marktsegment kam ab den 60ern zuerst nur langsam voran. Mit dem Erscheinen der Classic Malts of Scotland des Marktführers Diageo Anfang der 90er wurde auch dem letzten Fachhändler klar, dass mit den Malt Whiskys ein neues Marktsegment eröffnet war.

Die unabhängigen Abfüller

Schneller als die großen Whiskybrenner waren jedoch kleine unabhängige Unternehmen in Schottland. Unter dem Überbegriff 'Unabhängige Abfüller', im Folgenden kurz mit UA bezeichnet, versteht man Unternehmen die Malt Whisky, unabhängig von der erzeugenden Brennerei, in eigene Flaschen abfüllen. Diese Unabhängigkeit vom Hersteller spiegelt sich in der Bezeichnung UA wieder. Die Etiketten dieser Flaschen zeigen vordringlich den Namen des Abfüllers. Der Name der Brennerei ist meist etwas kleiner hinzugefügt.

Dieser Artikel hat sich zum Ziel gesetzt, Licht hinter die vielen, vielen kleinen Abfüll-Unternehmen am Markt zu bringen. Woher bekommen sie ihren Whisky? Gibt es prinzipielle Unterschiede in der Qualität? Wie entwickelt sich diese scheinbar noch kleine Branche?

Whiskyströme in der Industrie

Niemand füllt Whisky nur zum Spaß oder ausschließlich zur Freude des Verbrauchers ab. Es geht ums Geld. Existenzen von Unternehmern und deren Mitarbeiterfamilien hängen an diesen Flaschen. Wenn wir also wissen wollen was diese Branche bewegt, müssen wir den Whisky- und Geldströmen folgen. Das klingt hart und hat nun gar nichts mit den leiblichen Genüssen zu tun, die wir alle im Malt Whisky suchen und nicht immer finden. Doch wenn wir guten Whisky haben wollen, lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen.

Exportierte Flaschen
Januar - Juni 2003
FlaschenWert
Malt Whisky22 Mio121 Mio. GBP
Blended Whisky274 Mio740 Mio. GBP

 

Seit Jahren haben wir gelernt, dass Malt Whisky nur ungefähr 5% der gesamten Whiskyproduktion ausmacht. Diese Zeiten sind jedoch vorbei. Malt Whisky wird zunehmend stärker. Der Export von Malt Whiskyflaschen macht bereits 8% der Blended Whiskyflaschen aus. Gehen wir noch ein Stück weiter. Wenn wir von rund 20% Malt Whisky in der durchschnittlichen Blendflasche ausgehen, so entspricht der Malt Whiskyinhalt in den Blends 55 Mio. nicht verkaufter Malt Whiskyflaschen. D.h. 40% der produzierten Malt Whiskymenge werden als reiner Malt Whisky verkauft und nur noch 60% der Malt Whiskyproduktion geht in die Blends.

Konnte man es sich früher noch leisten, ausschließlich nur die besten Fässer als Single Malt Whisky abzufüllen, so ist es heute ganz anders. Bei vielen Brennereien geht es um das letzte Fass aus dem letzten Winkel jedes Lagerhauses. Auf keinen einzigen Liter Malt Whisky spezieller Brennereien kann mehr verzichtet werden. So groß ist die Nachfrage angewachsen. Bei einzelnen Brennereien ist der gestampfte Lehmboden der Lagerhäuser bereits deutlich zwischen den wenigen übrig gebliebenen Fässern zu erkennen. Die aktuelle Knappheit bei Lagavulin, Oban, Cardhu und Macallan zeigt, wie viel Malt bereits heute als Single verkauft wird.

Wir können von Glück reden, dass die großen Brennereien in den vergangenen Jahren die Herstellungsprozesse und vor allem die Fassqualität massiv angehoben haben. Waren früher nur 10 bis 20% herausragende Fässer, so gibt es heute nur noch 10 bis 20% schlechte Fässer. Schimmeliges Malz, schlechte Destillation, zu häufig verwendete Fässer und zu lange Gärung - Diese Einflüsse gibt es heute nicht mehr. Nur das natürlich gewachsene Holz weniger Fässer bereitet hin und wieder noch Überraschungen und führt zu schlechtem Malt.

Trotzdem, die Vervielfachung der Malt Whiskynachfrage kommt nur knapp mit der Erhöhung des Ausstoßes mit. Den großen der Whiskyindustrie sagt man Langsamkeit nach. Das mag schon stimmen. Doch wenn die schwere Lokomotive einmal in Fahrt ist, kann sie Niemand mehr aufhalten. Seit über 100 Jahren war die Blend Whiskyindustrie dafür bekannt, dass sie Malt Whiskyfässer untereinander für ihre zahlreichen, verschiedenen Blends austauschte. Doch mit den großen Übernahmeschlachten und der Reduktion der Anbietervielfalt, wie wir sie seit etwa 10 Jahren sehen, findet auch dieses Verhalten langsam ein Ende. Fast jeder produziert sein gesamtes Whiskyportfolio inzwischen selbst. Der rauchige Malt Whisky für Johnnie Walker stammt z.B. aus der konzereigenen Malt Whisky Brennerei Caol Ila. Laphroaig produziert für den Blend Ballantine’s aus dem Haus Pernod Ricard. Man möchte nicht länger auf andere angewiesen und damit letztendlich abhängig sein.

Auch bei den Single Malt Whisky Brennereien fand eine weitgehende Entzerrung der Märkte statt. Anstatt Lagavulin und Caol Ila für die Blends arbeiten zu lassen konzentriert sich Lagavulin auf den Single Malt und Caol Ila auf die Blends. Doch Caol Ila, genauso riesig wie Laphroaig, kann für Malts und Blends gleichzeitig produzieren. Die besagten 10 bis 20% der schlechten oder sagen wir lieber ungeeigneten Fässer werden frühzeitig für die eigenen Blends aussortiert. Binnen der ersten drei Jahre erkennt man die wenigen Fässer sehr gut, die sich unterdurchschnittlich entwickeln.

Auf der anderen Seite verbleiben die Brennereien aus der zweiten Liga, die den Aufsprung auf den Single Malt Zug (noch) nicht geschafft haben. Sie produzieren nahezu ausschließlich für die hauseigenen Blends. Nur hin und wieder startet man einen Versuchsballon, um den Markt mit neuen Malts zu testen, wie z.B. Glen Elgin 12J oder Clynelish 14J. (Anmerkung: Der Clynelish scheint es zu schaffen).

Malt Whiskybrennerei Caol Ila

Lassen wir uns etwas spezieller werden und betrachten wir die Brennerei Caol Ila. Sie stellt ausnahmslos sehr rauchigen Malt Whisky her, der anschließend in Ex-Bourbonfässern gereift wird. Noch vor Jahresfrist konnte man als Blend Whiskyhersteller oder großer unabhängiger Abfüller mit einem LKW mit 20 oder mehr leeren Fässern zur Brennerei fahren und sich seinen rauchigen Malt zum Literpreis abfüllen lassen. Doch seit Sommer 2002 ist damit Schluss. Der Besitzer Diageo hat diesen 'Fabrikverkauf' eingestellt. Bestehende Verträge mit Blend Whiskyherstellern werden erfüllt, aber nicht mehr verlängert. Mehr als vertraglich zugesichert wird es nicht mehr geben. Warum?

Mit ihren sechs Brennblasen kann die Brennerei rund 3 Mio. Liter reinen Alkohol pro Jahr erzeugen. Für einen mittelrauchigen Blend, wie z.B. Johnnie Walker Red, benötigt Diageo 5 bis 10% stark rauchigen Malt. Rechnen wir in international üblichen 0,75 Liter Flaschen, dann entspricht dies bei 81,6 Mio. verkaufter Flaschen in 2002:

40% Alc. * 0,75l * 7,5% Malt * 81,6 Mio. Fl. = 1,8 Mio. Liter reinen Alkohol

Das sind rund 60% der Brennkapazität von Caol Ila. Rechnet man Johnnie Walker Black und die großen anderen Diageo Blends wie J&B hinzu, so ist die Kapazität von Caol Ila vollständig ausgelastet. Nun hat man aber zusätzlich die Caol Ila Hidden Malts mit 12 und 18 Jahren sowie die hochprozentige Abfüllung auf den Markt gebracht. Für die geplanten Absatzsteigerungen dieser Malts über die kommenden 12 bis 18 Jahre muss man eine gehörige Anzahl an Fässern ständig zur Seite legen.

Die großen Vier (The Big Four)

Für die voraussehenden und großen unabhängigen Abfüller (UAs) kam dies nicht unerwartet. Sie legten sich einen großen Vorrat an Single Malts verschiedenster Malt Whisky Brennereien auf Lager. Vier große UAs (The Big Four) haben in den letzten Jahrzehnten Lager zwischen 10.000 und 20.000 Fässern aufgebaut (Daten aus 2004): Gordon & MacPhail’s (G&M) ca. 17.000 Fässer, Signatory ca. 12.000, Douglas Laing (DL) ca. 15.000 und Ian MacLeod ca. 20.000.

Nur Gordon & MacPhail und Signatory haben die Bedeutung dieser unabhängigen Lager bislang zur Gänze verstanden und füllen fast ausschließlich Single Malts ab. Douglas Laing ist sich ihrer Schätze durchaus bewusst und setzt alte Fässer nicht mehr beliebigen Blends zu sondern füllt sie in der Old Malt Cask Serie und der McGibbon's Provenance Serie ab. Trotzdem machen sie noch bedeutenden Blend Whisky Umsatz. Nur das Unternehmen Ian MacLeod dagegen bedient nach wie vor große Blend Whiskymarken und schlägt dabei tiefe Breschen in das tolle Fasslager. Wie lange können sie sich das noch leisten?

Die Güte der lagernden Malts

Wie ist es um die Güte der Malt Whiskys in diesen vier großen Lagern bestellt? Das Lager einer Brennerei wie Caol Ila hat ein durchschnittliches Alter von knapp über 1,5 Jahren, da bislang kaum ein Fass älter als 3 Jahre wurde und deren Inhalt anschließend meist in die Blends wanderte. Bei den Big Four lagern jedoch deutlich ältere Malts. Das sagt aber nichts über die grundsätzliche Qualität dieser Malts aus. Diese Malts wurden zwar direkt in die Fässer der UAs abgefüllt, doch vor 10 oder 15 Jahren waren, wie oben bereits erwähnt, die Qualitätsstandards der Brennereien und das Fassmanagement der UAs noch nicht so gut, wie heute. Es lagert also auch ein deutlicher Prozentsatz weniger guter Malts in diesen vier großen Lagern, sofern sie nicht bereits in Blended Whiskys aufgegangen sind oder weiter verkauft wurden.

Hier höre ich den einen oder anderen Malt Whisky Liebhaber gedanklich aufschreien. Warum sollen diese Malt Whiskys schlecht sein? Sind sie nicht einfach nur anders? Haben sie nicht einfach mehr Brennereicharakter und weniger Fasscharakter?

So einfach ist die Sache jedoch nicht. Ausgelaugte Fässer, die einen Malt trotz 20 Jahren Lagerung nicht reifen ließen, sind nur eine Seite der Medaille. Darüber hinaus gibt es Fässer, die unangenehme Holzstiche haben, die schwefelig schmecken, extreme Säuren aufgebaut haben oder giftig-bitter schmecken. Manche stinken nach Erbrochenem oder Urin und dritte wiederum liegen wie tot im Fass. Nicht immer stehen diese Gerüche im Vordergrund. Aber wenn sie einmal zu spüren sind, sind sie ein rotes Tuch für so manchen Genießer. Zu einem tollen Single Malt Whisky gehört eine gute Balance zwischen Fass- und Brennereicharakter.

The Big Four und die kleinen UAs

Wenn wir von UAs sprechen, so fällt uns ein rundes Dutzend Namen ein, die in diesem Artikel nicht genannt wurden. Doch nicht alles was glänzt ist wirklich Gold. Wir möchten an dieser Stelle auch keine Namen nennen - es wäre eine Bevorzugung oder Abwertung einzelner Unternehmen. Wir nennen deshalb nur die vier großen mit eigenen Lagern und nicht die vielen kleinen.

Hier sind stellvertretend Spitzenflaschen dieser vier Anbieter:

Versteckspiel

Hinter diesen vielen ungenannten Namen der Kleinen verbirgt sich aber auch viel Augenwischerei und Versteckspiel. Jeder der vier Großen besitzt neben dem großen und bekannten Label mindestens ein weiteres Flaschenlabel, das eine größere Anzahl an Marktanbietern vorgaukelt, als es wirklich gibt.

Die bekanntesten und größeren Serien unter den vielen kleinen UAs sind eben genau diese Zweitabfüllungen. Spirit of Scotland = G&M, McGibbon’s = Douglas Laing, Dun Bheagan = Ian MacLeod und Dun Eideen = Signatory. Was nach diesen Serien an Volumen übrig bleibt ist wirklich klein.

Whisky Broker

Wo stammen nun die Malts der vielen ungenannten Kleinabfüller her? Und was ist mit den Abfüllungen der Whisky-Vereinigungen, Whisky-Clubs und Privatleute? Auf jede Flasche schreiben die Verantwortlichen prinzipiell drauf, dass dieses Fass sorgfältig ausgewählt wurde und nur die feinsten Malts enthält. Doch ist das auch wahr? Sein wir ehrlich - jeder würde dies tun. Ist es nicht nur Marketinggeschwätz?

Einzelne, ausgewählt gute Fässer kann man nie direkt von der Brennerei erwerben, auch wenn mancher Marketingprofi das gerne behauptet. Dies war schon immer unmöglich. Nur die Brennereien selbst wählen für ihre Spitzenprodukte wie z.B. Macallan 25 Jahre oder Glenrothes 1971 aus diesen Beständen frei aus.

Wo stammen diese alten Fässer denn her? Prinzipiell gibt es zwei Quellen für diese Malts. Früher verkauften die Brennereien ihre überzähligen Malt Whiskyfässer über Broker an die zahlreichen kleinen Blend Whiskyhersteller. Und diese Broker zweigten das eine oder andere Fass gerne gegen ein deutliches Aufgeld an die kleinen UAs ab. Easy Money, wie der Engländer sagt!

Dies war z.B. bislang die einzige Möglichkeit, einen Malt aus der sagenumwobenen Kininvie-Brennerei zu probieren. Obwohl der Hersteller eine symbolische Menge eines anderen Malts zur Abwertung in dieses sehr helle Refill-Fass gegeben hatte, wurde es trotzdem als Vatted Malt abgefüllt. Wie die Besitzer dieser Brennerei Wm. Grant & Sons, die genau dieses verhindert wollten, anschließend reagierten, kann sich jeder selbst ausmalen.

Die zweite Möglichkeit ist der Erwerb von Fässern ehemaliger Brennereimeister, die als Teil ihrer Bezahlung Whiskyfässer erhielten. Bevorzugt als Bonus am Ende des Jahres. Das ist die ideale Quelle für Spitzenmalts! Doch diese Fässer sind äußerst rar und nur sehr selten im Markt zu finden.

Aus diesen und den vereinheitlichenden Bestrebungen der Großen in der Branche ist der Beruf des Whiskybrokers stark zurück gegangen. Warum soll die Großindustrie einen Broker bezahlen, wenn sie ihn gar nicht mehr braucht?

Die im Markt verbliebenen wenigen Broker stehen vor zwei Problemen. Die Fassanzahl ist stark zurück gegangen, da viele der großen Hersteller die Abgabe ganz eingestellt haben. Und durch die bessere Negativ-Auswahl der Brennereien hat die durchschnittliche Qualität für Malt Whiskys ebenfalls abgenommen. Auf Kundenseite dieser Broker ist die Nachfrage jedoch stark gestiegen. Zu viele kleine UAs sind auf dem Markt, die Fässer dringend benötigen.

In diesem 'Verkäufermarkt' haben die Broker die Regeln zu ihren eigenen Gunsten in den letzten Jahren verändert. Sie bieten fast keine Vorab-Fassproben ihrer Fässer zur Begutachtung mehr an. Auch einzelne Fässer, sie nennen das Stock-Picking, kann man nicht mehr erwerben. Die Broker schnüren stattdessen mehrere Fässer in größere Lose zusammen und bieten diese Lose ihren besten Kunden zuerst an. Gute, schlechte, kleine und große Fässer von bekannten und unbekannten Brennereien werden so in einen Topf geworfen. Schlagen die Top-Kunden ein Los aus, wandert es weiter und weiter im Markt nach unten. Dieses 'Nicht-Probieren-Können' sieht auf den ersten Blick fatal aus. Doch es ermöglicht auch den kleinsten UAs ganz unten auch einmal ein besseres Fass zu erhalten. Aber auch nur, wenn die weiter oben in der 'Food-Chain' die geforderten Preise nicht bezahlen.

Da alle diese Fässer nicht zu Blend-Rohstoffpreisen sondern zu höheren Single Malt Preisen gehandelt werden, ist es dem einzelnen UA nicht möglich, ein blind gekauftes schlechtes Fass einem Blend unter zu mischen. Zu groß wäre der finanzielle Verlust. So werden diese Fässer einzeln weiter in der 'Food-Chain' nach unten gehandelt ('vertickt') und letztendlich doch alle in Flaschen abgefüllt. Einzelnen sich im Markt bewegenden Fässern muss sich der Genießer mit großer Vorsicht nähern. Es sind auch Gerüchte im Umlauf, dass die vorhandenen Proben dem späteren Inhalt der Flaschen nicht entsprachen. Doch davon haben uns nur aufgebrachte Erwerber erzählt. Beweise dafür liegen uns nicht vor.

Rundum-Anbieter

Die ursprüngliche Aufgabe der Broker haben in der Zwischenzeit die vier großen UAs selbst übernommen. Sie verkaufen den kleinen UAs nicht nur Fässer - sie füllen sie auch für sie ab. Erstellen Label und Umkartons und lagern die Flaschen auch gleich wieder steuerfrei ein. Die Verzollung und der Versand erfolgt genau dann, wenn die Flaschen wirklich im Markt gebraucht werden. Sie sind vom UA zum 'Full-Service-Provider', oder auf Deutsch gesagt, zum Rundum-Anbieter geworden.

Was von den unabhängigen Abfüllern und von den Brokern nicht kommuniziert wird, ist die Negativ-Auswahl bei den Fässern, wenn sie von oben nach unten im Markt verteilt werden. Was sich zum Schluss nun gar nicht mehr verkaufen lässt, wird auf dem Privatmarkt der Whisky-Vereine und privaten Gesellschaften angeboten. Der allerletzte Rest wird dann ins Ausland und somit auch zu uns verschickt. Regelmäßig flattern diese Angebote dann auch bei uns über den Tisch in den Papierkorb.

Die Gesamtlage erscheint ziemlich hoffnungslos für die kleinen UAs im Markt. Die vier großen Fasslager werden immer leerer und durch die Blockade der großen Whiskykonzerne ist nur wenig Nachschub erhältlich.

Bislang war es uns ziemlich egal, dass es ab 1994 keinen unabhängigen Glenfiddich mehr gab. Auch das generelle Fehlen von Glenmorangie auf dem Markt der UAs störte uns nicht wirklich. Doch wenn wir in Zukunft keine Ardbegs, keine Caol Ilas, keine Bowmores und keine Linkwoods mehr erhalten werden, dann ist das schon bitter.

Versiegen die Malt Whisky Quellen für die UAs?

Die vier großen UAs haben das erkannt und versuchen das Letzte aus ihren Lagern herauszuholen. Weniger gehaltvolle Fässer werden in frische Fässer umgefüllt oder in besonderen Fässern gefinished, d.h. nachgereift. Der allgemeine Grundtenor unter den UAs geht aber weg von den unabhängigen Abfüllungen. Drei der 'Big Four' haben sich bereits eine eigene Brennerei gekauft und versuchen, zu einem vollwertigen Single Malt Whisky Hersteller zu werden. Man möchte nicht die gesamte Zukunft auf die einzige Karte der unabhängigen Abfüllungen setzen.

Noch sind nicht alle Single Malt Whisky Quellen versiegt. Hier ist jedoch die Liste der Whiskyunternehmen, von denen wir wissen, dass sie bereits keine Fässer mehr abgeben:

  • Glenmorangie plc (Glenmorangie, Glen Moray, Ardbeg)
  • Wm. Grant & Sons (Glenfiddich, Balvenie, Kininvie)
  • Diageo (Lagavulin, Caol Ila, … mehr als 40 Brennereien. Die Liste finden Sie hier)
  • J. & G. Grant (Glenfarclas)
  • Highland Distillers (Macallan, Highland Park, Glenturret)
  • Springbank

Noch erhältlich sind aktuell Malt Whiskys ausgewählter Brennereien von Pernod Ricard. Je mehr Erfolg diese Nummer 2 auf dem Weltmarkt aber haben wird, um so stärker wird die Abgabe der Fässer an UAs zurück gehen. Auch sie werden sie in Zukunft selbst benötigen.

Ausblick

Wie sollen wir Konsumenten uns verhalten? Was sollen wir kaufen und was nicht? Können wir den Markt in irgendeiner Weise beeinflussen? Vor was müssen wir uns hüten?

Wir möchten keine speziellen Ratschläge für Ihr Einkaufverhalten geben, da wir Ihren Geschmack nicht kennen. Dennoch trauen wir uns zu, ein paar grundlegende Aussagen zu treffen.

 

  • Single Cask Whiskys der 'Big Four' sind sicherlich hervorragend ausgewählt. Je seltener aber die Brennerei ist (z.B. Port Ellen, Glen Albyn oder Imperial), um so risikovoller in Sachen Geschmack wird auch ihre Auswahl.
  • Limitierte Original-Abfüllungen sind meist überdurchschnittlich gut. Dazu gehören auch die Brennerei übergreifenden Serien wie die Flora & Fauna Serien.
  • Vorsicht sollte man bei weniger bekannten unabhängigen Abfüllern walten lassen. Besonders, wenn es sich um blassgelbe, helle Whiskys mit einem Alter über 12 Jahren handelt. Meist handelt es sich bei diesen Fässern um wieder und wieder befüllte Fässer, die beim letzten Durchgang wegen fehlendem Fasscharakter auf den Weg zu den Blendern geschickt wurden. Hier lautet der Rat: Kaufen Sie erst nach dem Probieren!
  • Ganz besondere Vorsicht sollten Sie bei Abfüllungen walten lassen, die bereits sehr selten sind. Wer heute beschließt eine Flasche Kinclaith oder North Port von einem unbekannten Abfüller zu kaufen, sollte sich wirklich überlegen, ob er diese Flasche öffnen will. Als Geldanlage mag sie durchaus geeignet sein. 


Auch wenn jetzt alles sehr traurig, ungerecht und oligopolistisch klingt. Einen positiven Ausblick möchte ich am Ende des Artikels dennoch geben.

Vier unabhängige Abfüller haben sich in den letzten Jahren eigene Brennereien gekauft (Murray McDavid = Bruichladdich; Gordon & MacPhail’s = Benromach; Signatory = Edradour und Ian MacLeod = Glengoyne) und zwei neue Malt Whiskybrennereien gingen 2005/6 in Betrieb (Glengyle, Ladybank). Zusätzlich gibt es mit Arran, Speyside, Glenfarclas und Springbank vier weitere selbständige Brennereien. Auch wenn sich diese Brennereien mit ihren Preisen naturgemäß an den Großen orientieren, kann man sie durchaus zu unabhängigen Abfüllern zählen. Glenfarclas hat ein tolles Lager, aus dem ständig neue Abfüllen hervor kommen. Nur Springbank ist derzeit etwas klamm. Doch die aktuellen 12- bis 15-jährigen Abfüllungen sind wieder im kommen. Speyside hat im Herbst 2003 seinen ersten 12-jährigen ins Rennen geschickt und Arran bietet bereits Malts aus dem Jahr 1995 an.