... und noch ein Reisebericht

O'Connor

Hallo, zusammen!

Ich bin vor ein paar Tagen von meiner fünftägigen Speyside-Tour, die ich gemeinsam mit vier Freunden unternommmen habe, zurückgekehrt und kann zusammenfassend nur feststellen: Es war eine rundherum gelungene Veranstaltung!
An dieser Stelle noch einmal ein Dank an alle, die mir auf diesen Seiten wertvolle Infos gegeben haben, von denen ich nun ein paar Erfahrungen für Interessierte unter euch weitergeben möchte.

Die Unterkunft
Unsere Unterkunft "Morven B&B" lag direkt im "Zentrum" von Dufftown, gegenüber des Clock Towers (http://www.dufftown.co/ und http://www.tripadvisor.co.uk/Hotel_Review-g667103-d1069327-Reviews-Morven_Bed_Breakfast-Dufftown_Moray_Scotland.html).


Der Clock-Tower in Dufftown

Sie ist aus Sicht aller Mitreisenden absolut zu empfehlen, da Rene und Glo freundlich, hilfsbereit und zuvorkommend, Rene ein wandelndes Whiskylexikon, die Zimmer sauber und das Frühstück überragend waren. Und das alles zu einem Preis von 25 GBP pro Nacht! Einen Miniminuspunkt gab es für das 1,40m breite Twin-Bed, das für zwei Männer von über 1,85m Länge und 80 und 95kg Gewicht durchaus gewöhnungsbedürftig war.

Unsere Tourplanung
- Mittwoch, 2 pm: Glendronach, Connoisseurs-Tour, 30 GBP
Die Tour war für den Anfang in Ordnung, im Vergleich mit den anderen jedoch eher durchschnittlich. Unsere junge Führerin (von einem „very experienced tour guide“ weit entfernt) führte uns durch die üblichen Bereiche der Destillerie und wir konnten die ehemaligen Mälzböden, die Mash Tuns, die Wash Backs und die Stills sowie ein Warehouse ansehen.
Das abschließende Tasting hingegen war große Klasse: Es gab den 8jährigen Hielan, den 18jährigen Allardice, den 21jährigen Parliament, eine Single Cask Oloroso Abfüllung von 1995 (nur in England erhältlich), eine Single Cask Pedro Ximinez-Abfüllung von 1995 (ebenfalls nur für den englischen Markt) und das Sherry Puncheon Single Cask Distillery Bottling 1994 Cask 3200. Der Hielan fiel meiner Meinung nach gegenüber dem Allardice deutlich ab, konnte aber zwei Tage später ohne diesen Vergleich verkostet durchaus überzeugen. Gewinner war aus meiner Sicht das Distillery Bottling, von dem ich mir auch gleich eine Flasche abgefüllt habe.


Glendronach-Stillleben


Unsere Tasting-Range - vom Hielan (li) bis zum Distillery Bottling (re)

- Donnerstag, 10.30 am: Aberlour, James Fleming Tour, 40 GBP
Nachdem wir anfangs lange mit uns gerungen haben, ob wir diese teuerste Tour unserer Reise buchen oder doch lieber an der Experience Tour für 14 GBP teilnehmen sollten, waren wir nach der Tour alle der Meinung, dass unsere Entscheidung trotz der „silent season“ (für die damit verbundenen Einschränkungen wir aber auch eine Ermäßigung von 10 GBP bekamen), die zwei Tage zuvor begonnen hatte, die absolut richtige war.


Der Grabstein des Destillerie-Gründers James Fleming

Unser Tour-Guide nahm sich für uns drei (die restlichen zwei Reisenden zogen einen Besuch der Highlands nördlich von Inverness vor) geschlagene dreieinhalb Stunden Zeit, führte uns durch fast alle Bereiche der Destillerie und ließ kaum eine Frage unbeantwortet.
Die Whiskys waren zudem allesamt ziemlich genial und unterschieden sich doch erheblich von denen der Standard-Tour: Zu Beginn gab es den 12jährigen NCF, danach folgten nach einem ersten Rundgang der New Make, ein 15jähriger, im Bourbon-Fass gereifter Whisky in CS (54,5%, handfilled at the distillery) und ein 16jähriger, im Sherry-Fass gereifter, ebenfalls in CS und handfilled. Außerdem konnten wir in dieser Runde an einem Gläschen Foreshot und einem Gläschen Feints riechen (und feststellen, dass diese Flüssigkeiten aus guten Grund nicht mit dem Whisky abgefüllt werden). Zum Abschluss ging es dann noch ins Warehouse (das allerdings nur noch ein „Show-Warehouse“ mit leeren Fässern war) und wir konnten direkt aus dem Fass einen 21jährigen aus einem first-fill Bourbon-Cask, einen 23jährigen aus einem third-fill Bourbon-Cask und einen 19jährigen aus einem first-fill Sherry-Cask (alle natürlich in CS) verkosten und miteinander vergleichen (da ich mir keine Notizen gemacht habe, bitte alle Altersangaben hierbei als Zahlen mit einer gewissen Bandbreite betrachten). War sehr interessant!


Der Tasting-Room - von innen...


...und von außen

- Donnerstag, 15.30 pm: The Macallan, The Six Pillars Tour, 15 GBP (eigentlich)
Nach der Aberlour-Tour wollten wir eigentlich mehr oder weniger gemütlich größtenteils auf dem Speyside-Way zur nächsten Destillerie, in unserem Fall zu Macallan, wandern. Da wir aber bei Aberlour eine Stunde länger als geplant verweilten, mussten wir uns ziemlich beeilen und kamen aufgrund eines riesigen Umwegs, den wir aufgrund der aktuell stattfindenden Baumaßnahmen nehmen mussten, trotzdem zu spät. Die überaus freundlichen Dame am Empfang teilte uns mit, dass die Tour bereits begonnen hätte, wir aber natürlich trotzdem noch einsteigen, oder aber stattdessen zwei Drams „for free“ bekommen und uns das Gelände (natürlich nur außerhalb der Gebäude) ein wenig alleine besichtigen könnten. Dieses Angebot nahmen wir nach kurzer Überlegung wahr und bekamen dann tatsächlich zwei Drams: den Sienna und den 15jährigen Fine Oak. Nach unsere kurzen Besichtigung der Gebäude (incl. eines fantastischen Blicks in das Spey-Tal) hatten wir dann noch die Gelegenheit, etwa eine halbe Stunde mit einem Mitarbeiter zu sprechen und ihm die eine oder andere Info zu entlocken.
Im Tasting der eigentlichen Tour gab es übrigens den New Make (den wir auch probieren durften), den 10er FO, den 12er SO, den Amber, den 18er FO. Da ich bis auf den 10er alle anderen bereits getrunken habe und den 15er FO noch nicht, fand ich unsere Wahl im Nachhinein auch unter diesem Gesichtspunkt gar nicht so schlecht. Meine Nachfrage hinsichtlich der Möglichkeit, den 18er SO zu verkosten, wurde leider negativ beantwortet, da sie ihn selbst seit mehreren Wochen nicht mehr vorrätig hatten. Schade…


Niemand der anwesenden Mitarbeiter hat bislang je eine der gezeigten Flaschen verkauft - sie dienen wohl eher der Imageförderung als der Gewinnmaximierung


Leider für uns nur von außen zu betrachten...

- Freitag, 10.00 am: The Balvenie, The Balvenie Distillery Tour, 35 GBP
Diese Tour war, wie schon oft im Netz beschrieben, zumindest im Hinblick auf die Führung, aus meiner Sicht der Höhepunkt unserer Destillerie-Besuche (wenn auch nur knapp vor Aberlour). Wir konnten neben den sonst üblichen Gebäuden auch den „Malting Floor“, in dem gerade zwei Mitarbeiter die Gerste von einer Stelle auf einen andere schoben, die „Pagoda“, in der eine Fuhre „malted barley“ mit „peated smoke“ getrocknet wurde (eine seltene Gelegenheit, da dies nur in den ersten 10 Stunden der Trocknun geschieht) und die „Cooperage“, in der am Freitag um 12.00 pm leider nur noch wenige Menschen arbeiteten, besichtigen. Absolut interessant und sehenswert.


Unterschiedliche Reifegrade der keimenden Gerste


Der Malz-Fahrstuhl zum Trocknungsraum


Rauchschwaden wabern durch den Trocknungsraum


Ausschließlich hölzerne Washbacks

Beim abschließenden Tasting gab es dann vor allem die Standard Range: neben dem New Make den 12er Double Wood, den 12er Single Barrel, den 14er Caribbean Cask, den 17er Double Wood und den 21er Port Wood. Den 17er DW und den 21 PW fand ich persönlich am besten, wobei ich mir keinen von beiden unbedingt zulegen muss. Stattdessen habe ich mir im Warehouse 24 einen absolut fantastischen 14jährigen first-fill Sherry Oak abgefüllt. Dann gab es beim Tasting jedoch noch ein absolutes Highlight: für Warehouse-24-Mitglieder einen handabgefüllten 41jährigen aus einem second-fill Bourbon-Fass (distilled 1974!), das David Stewart ausgewählt hat. Genial!!! Im Shop nebenan kostete übrigens eine Flasche eines 40jährigen Bourbon-Cask Whiskys knapp 3000 GBP, was dann auf unser Glas heruntergerechnet ca. 110 € ergab…!!!
Auch große Teile des Geländes und vor allem das Haus, in dem unser Tasting stattfand, sahen sehr gepflegt und fast wie in einem Museum aus (die Toilette hatte beispielsweise einen Spülkasten aus Kupfer!).
Diese Tour ist aus unser aller Sicht uneingeschränkt empfehlenswert!

- Freitag, 14.00 pm: Glenfiddich, Explorers Tour, 10 GBP
Trotz der unschlagbaren Vormittags-Tour wollten wir zu dritt dann auch noch an der nicht unbedingt auf Malt-Enthusiasten ausgerichtete Explorers-Tour teilnehmen, um auch diesen Vergleich ziehen zu können. Diese Tour bot die erwarteten Infos und war somit auch keine Enttäuschung. Wir konnten den Mash-Room, die Wash-Backs, ein Still-House und zwei Ware-Houses besichtigen und bekamen einen Einblick in diese große Destillerie.
Das Tasting war genau wie angekündigt (12Y, 14Y Rich Oak, 15Y Solera und 18Y), aber nach den genialen vorangegangenen Tastings natürlich eher durchschnittlich. Bemerkenswert war aus unserer Sicht, dass unsere Führerin den Fahrern sofort alle Tastinggläser wegnahm und ihnen stattdessen eine 12er-Miniatur gab, während bei Balvenie ein Fahrer die komplette Range konsumiert hat…
Nach dieser Tour, die uns keineswegs enttäuschte, war für uns eines klar: Klasse statt Masse war für uns die eindeutig richtige Wahl – lieber etwas mehr für eine Tour ausgeben und dafür exklusiver, interessanter und persönlicher touren!


Whiskytransport in vergangenen Zeiten


Ältere Warehouses auf dem Gelände der Destillerie


Besichtigungen außerhalb des Destillerie-Programms
- Donnerstag, 9.00 am: Speyside Cooperage, 3,50 GBP
Absolut empfehlenswert, da im Rahmen der Besichtigung sehr deutlich wird, wie der Beruf eines Böttchers aussieht und worauf es bei der Renovierung der Fässer ankommt. Wahnsinn, in welchem Tempo (die Arbeiter werden pro Fass bezahlt) dort gearbeitet wird und wie körperlich diese Arbeit ist!


Fasssanierung im Akkord


Der Arbeitsplatz der Auszubildenden

- Samstag, 11.00 am: Highland Games in Cornhill, 6.00 GBP
Wer die Chance hat, schottische Highland Games zu besuchen, sollte sie sich auf keinen Fall entgehen lassen: Ein Volksfest der sportlichen Art, wobei die Sportarten größtenteils nichtolympisch, aber keineswegs langweilig waren: Tanz zur Dudelsack-Musik, Hammerwerfen, Steinwerfen, Steinhochwurf, Baumstammwerfen, Tauziehen. Am spannendsten war unzweifelhaft das Tauziehen, ein unter archaischen Rufen und mit höchster Kraftanstrengung durchgeführter Wettkampf, von dem wir uns kaum lösen konnten.


Tossing the caber


Tauziehen für Fortgeschrittene

- Samstag, ca. 15.30 pm: Nordsee-Küste, Crovie, 0,00 GBP
Ein Ausflug nach Crovie, ein kleines Örtchen, dessen Häuser direkt an der Küste, auf einem schmalen Streifen zwischen Wasser und Steilküste, gebaut wurden. Ein längerer Spaziergang nach Gardenstown, der von einem zünftigen Glas Whisky am Strand stilecht unterbrochen wurde, rundeten den Besuch des kleinen Ortes ab.


Ein Blick auf unseren Küstenwanderweg


Crovie von oben

- Sonntag, 10.00 am: Besteigung des Ben Rinnes, 0,00 GBP
Trotz des nicht optimalen Wetters ein weiteres Highlight unseres Urlaubs. Eine für semi-sportliche Personen gut zu bewältigende Wanderung auf einen der höchsten Berge in der näheren Umgebung Dufftowns. Der Ausblick, der sich für Minuten auf dem ansonsten von Wolken umgebenen Gipfel bot, war alle Anstrengung wert.


Der Gipfel in Wolken


Der Blick nach unten


Die Pubs
- Stuart Arms, Dufftown
nette Kneipe, ordentliches Essen, moderate Preise, leckeres Bier, große Whiskyauswahl, leider mehrfach nur spärlich besucht; das Champions-League-Endspiel sahen wir anfangs mit acht Leuten, alle aus Deutschland, später mit ca. zwanzig, von denen ca. achtzehn Deutsche waren
- Royal Oak, Dufftown
nur einmal kurz reingeschaut, trotz Champions-League-Endspiel kaum besucht, ungemütlich, keine Aussage über Speisen- oder Getränkeangebot möglich
- Highlander Inn, Craigellachie
ansprechendes Lokal, leckeres Essen, moderate Preise, schöne Aussicht auf den River Spey (von der Terrasse aus), gut besucht, leckeres Bier, große Whiskyauswahl, z. T. mit eigenen Abffüllungen



- Mash Tun, Aberlour
ansprechendes Lokal, leckeres Bier, sehr gut besucht, allerdings vorwiegend von Touris, die vermutlich im angeschlossenen Hotel wohnten, große Whiskyauswahl



So, das war's vorerst an Infos und Erfahrungen. Hoffe, das sie den Interessierten unter euch ein wenig helfen können und die anderen nicht zu sehr gelangweilt haben.
Falls ich es hinkriege, kommen in den nächsten Tagen noch ein paar Fotos.

Conmai

Toller Bericht! Besonders Glendronach als Ausgangspunkt für Deine Speyside-Tour gefällt mir..

O'Connor

"Conmai" schrieb:
Toller Bericht! Besonders Glendronach als Ausgangspunkt für Deine Speyside-Tour gefällt mir..

Danke! Freue mich sehr, dass er dir gefallen hat.

Ich würde gerne noch ein paar Bilder einstellen und nicht nur anhängen. Wenn möglich, ohne die Bilder vorher im Internet auf irgendeiner Seite zu platzieren. Kann mir jemand einen Tipp geben, ob so etwas möglich ist und wenn ja, wie?!

GlenMüller

Hi O'Connor

Wenn Du die Fotos nicht als Anhang sondern im laufenden Text einfügen möchtest, kommst Du nicht drumrum sie vorher irgendwo bei einem Fotohoster "up zu loaden".

Da gibt es natürlich unzählige... Ich mach das meist immer bei directupload und kopier dann den Link hier rein.

O'Connor

"GlenMüller" schrieb:
Hi O'Connor

Wenn Du die Fotos nicht als Anhang sondern im laufenden Text einfügen möchtest, kommst Du nicht drumrum sie vorher irgendwo bei einem Fotohoster "up zu loaden".

Da gibt es natürlich unzählige... Ich mach das meist immer bei directupload und kopier dann den Link hier rein.

Hallo, GlenMüller!

Ein spätes, aber umso dickeres Dankeschön von meiner Seite für den Hinweis.

Nachdem ich mich zuerst nicht so richtig rangetraut habe, war nun die (Urlaubs-)Zeit reif...

Die ersten Bilder sind da, weitere folgen...

FireRock

Toller Bericht. Wir nächtigten das letzte mal im Five Arms in Dufftown. Das war an und für sich auch ganz okay wenn vielleicht auch etwas "rustikal" Euer B&B muss ja quasi direkt neben dem Five Arms gewesen sein. So groß ist der Clock Tower Platz ja nicht.

openminded

Danke für den Bericht!
Schön geschrieben und sicherlich hilfreich für die zukünftige Reiseplanung.
Irgendwie überlegt man zwar immer bei den recht hohen Preisen für die "gehobenen Touren", aber am Ende scheint es sich zu lohnen. Man ist ja schließlich auch nicht jeden Tag vor Ort.

O'Connor

"FireRock" schrieb:
Toller Bericht. Wir nächtigten das letzte mal im Five Arms in Dufftown. Das war an und für sich auch ganz okay wenn vielleicht auch etwas "rustikal" Euer B&B muss ja quasi direkt neben dem Five Arms gewesen sein. So groß ist der Clock Tower Platz ja nicht.

Vielen Dank.

Morven B&B liegt liegt genau gegenüber dem Fife Arms, ist aber von außen kaum als B&B zu erkennen, da es nur ein kleines Hinweisschild gibt.

O'Connor

So, nun ist der Reisebericht ausreichend bebildert und somit fertig. Wünsche allen interessierten viel Spaß beim Lesen und das Finden der einen oder anderen nützlichen Information.

Zum Abschluss noch ein paar Speyside-Impressionen:


Der River Spey auf dem Wanderweg von Aberlour nach Craigellachie


Auf dem Wanderweg von Craigellachie nach Dufftown


Dufftown Station - The Whisky Train


Dufftown Graveyard


Dufftown Distillery


Umgebung von Dufftown


Umgebung von Dufftown


Highland Games Pipe Band

Sproaks

Schöner Bericht!
War vor ein paar Wochen auch im Morven B&B, fand es auch spitze dort.
Hast den Schrank von René mit den ganzen (vollen) Ardbeg-Flaschen gesehen?

[Gelöschter Benutzer]

Danke für den informativen Bericht und die schönen Bilder, O'Connor!

Da bekommt man direkt wieder Fernweh...