Kinclaith 1963-1996 in TWS

Bloedz · 28. Juli 2015 um 17:20

Liebe Feingeister,

ich bin beim Durchforsten des Onlinekataloges bei der Abfüllung von Kinclaith (Gordon & MacPhail, Private Collection) hängengeblieben. Eine Einzelfaßabfüllung von 64 Flaschen.
http://www.whisky.de/shop/Schottland/Single-Malt/Lowlands/Kinclaith-Private-Collection-1963-1996--.html
Mich verwundert die Angabe des Bottlings im Februar 1996. Das ist nun knapp 20 Jahre her. Wo ist dieser Malt so lange gewesen? Ich habe versucht, die Fakten und Vermutungen zu sortieren, aber in Kombination miteinander überzeugt mich das alles nicht so richtig.

- Brennereien bzw. Abfüller holen bisweilen Malt aus dem Faß, den sie noch nicht vermarkten möchten, um den Reifeprozeß zu unterbrechen. Dieser Whisky wird dann in Tanks bzw. Flaschen zwischengelagert. Aber auch so extrem lange? G&M gibt kein Alter an (die Dauer außerhalb des Fasses dürfte bei der Altersangabe natürlich nicht mitgezählt werden), sondern lediglich die Destillation im Dezember 1963 und die Abfüllung im Februar 1996. Abfüllung wohin? Erst in einen Tank oder direkt in diese Flaschen? In beiden Fällen bleibt die Frage, warum diese Flaschen nun erst (oder noch) im Handel zu haben sind. Denn...
- TWS legt großen Wert auf den Hinweis, daß alle Flaschen über die offiziellen Vertriebskanäle bezogen werden und nicht aus dem Sekundärmarkt stammen. (Als einzige Ausnahme fällt mir evtl. der 8jährige Littlemill ein, wo es aber meines Wissens keine offizielle Aussage gab, welche Quelle dort aufgetan werden konnte.)
- Die Flasche ist bei TWS kein jahrelanger Ladenhüter. Zumindest konnte ich sie in den historischen Katalogen nicht entdecken.

Nun bleibt die Frage. Wo sind diese Flaschen seit 1996 gewesen? Bei G&M (mit Absicht oder vergessen), bei einem Distributor, bei einem anderen Händler, der sie nicht losbekam? Oder stelle ich mir das völlig falsch vor?

Vielen Dank für Erleuchtung und Mutmaßungen.

Hubertchen · 28. Juli 2015 um 17:57

Hallo,

diese Serie gibt es seit Mitte der 90er und die Stärke (40% vol.) spricht ja auch für eine Abfüllung von vor 2001/2002. Die Pulle könnte also durchaus 1996 direkt in die Flasche gekommen sein.
Und diese Abfüllung ist ja nicht "nun erst" sondern soweit ich mich erinnere auch schon seit langem (seit mind. 2009) im Shopsystem verfügbar. Weiter reicht mein Gedächtnis was diese Pulle angeht nicht zurück.
Vielleicht sind die Flaschen ja in der Tat schon seit Ende der 90er im Shop verfügbar (Raritäten oder Restposten) ohne im Katalog aufgeführt zu sein (weil schlichtweg zu wenig Flaschen) - und daher auch nicht im Katalog-Archiv auffindbar?

Bloedz · 28. Juli 2015 um 19:38

Danke für den Hinweis und die konkrete Erinnerung an 2009. Natürlich hast Du recht, daß diese Flasche nicht erst kürzlich im Shop zu haben ist. Meine Bemerkung mit den 20 Jahren las sich so, war aber von mir nicht in dieser Weise gemeint. :smile:

Daß es diese Flasche bereits seit Ende der 90er (zu kaufen) gibt, halte ich aber für sehr unwahrscheinlich. Auf der Homepage von G&M wird diese Abfüllung noch als "available" geführt, zudem kenne ich neben TWS noch drei weitere Händler, die diese Flasche anbieten oder kürzlich noch angeboten haben. Das wäre der einzige Kinclaith für den sich seit mehr als fünfzehn Jahren keine Käufer finden. Vielleicht hast Du mit 2009 ins Schwarze getroffen, vermutlich liegen zwischen dem Bottling und dem Vertrieb ca. 10 Jahre. Auch eine lange Zeit, die sich mir nicht so einfach erschließt.

Zwischenfrage: Wie ist "Bottled" genau definiert? Bedeutet es "aus dem Faß heraus" oder bedeutet es "in die endgültige Flasche"? Meines Wissens stimmt das Zweite, oder?

Erklär mir bitte kurz die Argumentation mit den 40vol% und 2001/02. Da bin ich nicht im Thema, um Dir folgen zu können.

Bloedz · 28. Juli 2015 um 20:05

Gerade gesehen: Walter Schobert behandelt diese Abfüllung in Schobert´s Whisky Watch Nr. 36 vom Dezember 2008 (!) in der Rubrik "Neue Whiskies". Leider habe ich nur das Inhaltsverzeichnis gesehen. Falls jemand diese Ausgabe besitzt, könnte er ja vielleicht freundlicherweise einmal nachsehen, ob Schobert in der Notiz eine Erklärung für die Verzögerung zwischen Bottling und Vertrieb anbietet. :redface:

mono · 28. Juli 2015 um 20:08

"Bloedz" schrieb:
Erklär mir bitte kurz die Argumentation mit den 40vol% und 2001/02. Da bin ich nicht im Thema, um Dir folgen zu können.

Ich denke, damit ist die Umstellung auf 43% gemeint, siehe Horst:

http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=BdTRVDUMSy8#t=271

Mel*84 · 28. Juli 2015 um 20:11

Interessante Geschichte aber der Preis ist mehr als störend! :rolleyes:

Bloedz · 28. Juli 2015 um 20:18

"Mel*84" schrieb:
Interessante Geschichte aber der Preis ist mehr als störend! :rolleyes:

Ich will die Flasche ja nicht kaufen, ich will sie nur verstehen. :mrgreen:

Hubertchen · 29. Juli 2015 um 09:47

"mono" schrieb:

"Bloedz" schrieb:
Erklär mir bitte kurz die Argumentation mit den 40vol% und 2001/02. Da bin ich nicht im Thema, um Dir folgen zu können.

Ich denke, damit ist die Umstellung auf 43% gemeint, siehe Horst:

http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=BdTRVDUMSy8#t=271

Genau, um 2002 herum haben G&M angefangen nach und nach von 40% auf 43% oder 46% umzustellen. Da wurden auch die letzten Schraubverschlüsse gegen Korkstopfen getauscht und auch das E150 verbannt....

Hubertchen · 29. Juli 2015 um 09:50

"Bloedz" schrieb:
Gerade gesehen: Walter Schobert behandelt diese Abfüllung in Schobert´s Whisky Watch Nr. 36 vom Dezember 2008 (!) in der Rubrik "Neue Whiskies". Leider habe ich nur das Inhaltsverzeichnis gesehen. Falls jemand diese Ausgabe besitzt, könnte er ja vielleicht freundlicherweise einmal nachsehen, ob Schobert in der Notiz eine Erklärung für die Verzögerung zwischen Bottling und Vertrieb anbietet. :redface:

Ich habe in WW36 nachgeschaut, aber eine Erklärung findet sich dort auch nicht. Die Pullen standen also gut 12 Jahre lang fertig etikettiert herum. Ob versehentlich oder absichtlich weiß vermutlich nur G&M...

Bloedz · 29. Juli 2015 um 12:28

"Mel*84" schrieb:
Interessante Geschichte aber der Preis ist mehr als störend! :rolleyes:

Es ist schon so, daß G&M bei dieser Rarität mal wieder ordentlich hinlangt. Ich meine dies im Vergleich zu anderen Kinclaith-Abfüllungen der letzten Jahre. Der 35jährige von Signatory war in der Zeit des parallelen Angebots deutlich billiger als diese 32jährige Variante von G&M. Und der zweite Signatory, der teurer war, konnte immerhin 40 Jahre Faßreife vorweisen.

Da es aber kaum noch Angebot von Kinclaith gibt, werden auch diese wenigen Flaschen zum geforderten Preis sicherlich noch ihre Abnehmer finden. Zumal G&M mit der Mini-Auflage von 64 Flaschen sehr exklusiv ist und hier den frühesten aller jeweils abgefüllten Jahrgänge von Kinclaith anbietet. Vintage 1963 gab es noch nie, die Mitbewerber und auch die Connoisseur Choice von G&M hatten nur die Jahrgänge 1965-1969 bzw. 1975 im Angebot.

Bloedz · 1. August 2015 um 12:26

@mono
Vielen Dank für die Klärung und Erläuterung mittels Link. Besonders für die Mühe, das Video gleich im richtigen Moment einsetzen zu lassen. Ich wußte gar nicht, daß das technisch geht. :smile:

@Hubertchen
Klasse, daß Du in Deinem Archiv nachgesehen hast. Also tatsächlich Abfüllung in 1996 und Verkauf ab Ende 2008, also ca. 12 Jahre später. Damit liegen die Fakten auf dem Tisch.

Nun zur versuchten Erklärung.
Ich kann mir nicht vorstellen, daß man die Flaschen 1996 etikettiert hat und dann einfach vergessen hat, diese auszuliefern. Evtl. liefert das Preisniveau für Kinclaith im Jahr 1996 einen Erklärungsansatz. Ich habe einmal in meinen alten Rechungen geblättert und tatsächlich im Jahr 1996 einen Kinclaith von G&M gekauft (Connoisseurs Choice, 1967-1993). Der Preis lag bei 99,- DM, also ca. 51,- Euro.
Von der Private Collection Abfüllung, die es heute zu kaufen gibt, existieren gerade einmal 64 Flaschen, also nicht einmal 45 Liter, der Bruchteil eines Fasses. Vielleicht sind die bei einem hauseigenen Blend oder Vat übrig geblieben und wurden auf Flaschen gezogen, weil es nicht rentabel gewesen wäre, diese Pfütze weiterhin in einem Faß zu lassen.

Der Ladenpreis dieser 64 Flaschen lag zum Zeitpunkt der Abfüllung gerade einmal bei ca. 3.500,- Euro insgesamt. Ladenpreis für den Endverbraucher wohlgemerkt, der Erlös für G&M lag vielleicht bei der Hälfte. Also lächerlichen 1.800,- Euro für die gesamte Charge, meinetwegen auch 2.000,- Euro, aber sicherlich nicht mehr.
Könnte es nicht sein, daß es sich in 1996 gar nicht gelohnt hat, diese Flaschen in den Vertrieb zu geben? Mit den anderen Kinclaith-Abfüllungen der Connoisseurs Choice-Reihe konnte man sie nicht vermischen, da diese andere Jahrgänge hatten. Und für eine eigene Abfüllung waren die 64 Flaschen einfach viel zu wenig.

Also hat man abgefüllt und die Flaschen stehen lassen. Vielleicht war man angesichts der geringen Vorräte an Kinclaith und dem seltenen Jahrgang damals schon der Ansicht, diese mal deutlich teurer auf den Markt bringen zu können. Vielleicht wurde man von dem extremen Preisanstieg aber auch überrascht. Zumindest war es 2008 dann soweit. Bei einem Ladenpreis von 1.000,- Euro pro Stück (geschätzt; heute sind es bekanntlich 1.500,- Euro) machte plötzlich auch so eine Mini-Serie Sinn und war rentabel. Also Etiketten und Röhre produziert, evtl. den Verschluß geändert (Korken statt Plastik) und ab damit.

Alles Spekulation und Phantasie? Ja, natürlich. Aber vielleicht nicht völlig unsinnig. Und wenn jemand eine andere bzw. bessere Idee hat, bitte sehr... Ich freue mich auf Vorschläge und Geistesblitze.