Glaskugeln kontra Stickstoff - oder wie halte ich das Aroma

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  • Chris_F
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    Dabei seit: 30.09.2004Beiträge: 2Bewertungen: 0

    Ja, wie kann ich das Aroma in geöffneten Flaschen halten?
    Wie wäre es mit Stickstoff? Der ist in Alkohol unlöslich, verdrängt als geborenes Inertgas die Luft und dürfte dem Geschmack nichts böses antun. Oder etwa doch?
    Die Glaskugeln sind bei 30 - 40 geöffneten Flaschen unpraktisch.

  • Rainer_B User Dabei seit: 28.06.2004Beiträge: 154Bewertungen: 0
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    Hallo,

    Stickstoff ist leichter als Luft, d.h. er verdrängt diese nur dann aus der Flasche, wenn er mit entsprechendem Überdruck in die Flasche gedrückt wird und man dann sehr schnell verschließt. Ich fürchte, hier schäumt der Whisky ganz schnell, und ob das gut ist? So eine richtig gute Durchmischung mit der Restluft? Argon wäre definitiv besser, weil dieses schwerer als Luft ist und deshalb unkritischer eingefüllt werden kann. Man hat dann auch Ruhe zum Verschließen der Flasche. Argon ist natürlich wesentlich teurer und schwerer erhältlich.

    So viel zur technischen Seite. Zur philosophischen Seite möchte ich augenblicklich nichts sagen, da ich beides nicht probiert habe.

    Beste Grüße,
    Rainer

  • Anonymous User Anonymous Dabei seit: 04.05.2004Beiträge: 5,870Bewertungen: 0
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    Hallo,

    An so einem Thema komme ich nicht vorbei, kommen doch immer wieder irgendwelche Anleitungen zur besseren Konservierung von Aromen in geöffneten Maltflaschen.

    Zuerst einmal:
    Die Reifefässer sind zwar weitgehend dicht, ein vollkommener Luftabschluss fand in den Fässern jedoch nicht statt - und das über 10 - 40 Jahre (Je nach Vorliebe und Kuriosität der Abfüllung). Der Engelsanteil spricht doch für einen gewissen Austausch mit der Umgebung.
    Die Reifung erfolgte also bis zu einem gewissen Grad "an der Luft". In der Flasche ändert sich das Aroma nur wenig, denn aus dem Glas und dem Kork werden nur selten wirklich geschmacksbestimmende Aromen in den Whisky wandern.

    Der Luftaustausch ist weitgehend behindert, und von der (schwankenden) Lagertemperatur, der Konfrontation mit Sauerstoffradikalen und der "UV-Belastung" hängt nun die weitere Aromenverschiebung ab.

    Natürlich sind mitunter schon geringe Anteile an Fehlaromen durch das hoch sensible Geschmacksorgan wahrnehmbar - aber spricht da nicht einiges gegen einen übertriebenen Aufwand zur absoluten Konservierung?

    - Jedes Glas Malt wirkt je nach Gelegenheit einzigartig. Sei es nun die Stimmung, die Ruhe, Gesundheit, momentane Vorliebe, Stress, Umwelteinflüsse, innere Zufriedenheit,...
    - Jeder Genießer ist einem Wandel seiner Vorlieben und einer Erziehung seines Geschmacksinnes unterworfen und nimmt ein und das selbe Aroma zu unterschiedlichen Gelegenheiten unterschiedlich wahr.
    - Jedes Glas Malt fasziniert immer wieder aufs Neue - warum soll das zweite Glas aus einer besonderen Flasche "gleich" schmecken wie das erste? Die besondere Faszination geht doch eben davon aus, dass kein Glas Malt wie das Andere schmeckt!
    - Sollte sich nicht auch ein Malt mit sinkendem Füllstand in der Flasche "entwickeln" dürfen? Er hat es ohnehin über Jahre im Fass gemacht, ohne dass sich jemand darüber aufgeregt hätte - aber kaum ist er in der Flasche, wollen wir den "Aromen-Stillstand"?
    - So stark ändert kein Malt seine Aromen, nur weil ein gewisser "Luftpolster" in der Flasche größer wird. Die meisten Aromen hatten sehr sehr lange Zeit sich zu entwickeln - da zerfallen sie nicht sofort, wenn der Korken aus dem Flaschenhals gedreht wurde.

    Ich habe etwa 90 Flaschen "offen" und kaum eine hat sich nachweislich verändert - ich selbst habe durch die Erfahrungen meine Liebe zum Malt geändert! Ich selbst war das "Problem", wenn mir auf einmal ein Malt "verändert" vorgekommen ist, denn ich habe feinste Unterschiede zu erschmecken begonnen, mich zu bestimmten Aromen hinerzogen, mir Vorlieben angeeignet, bestimmte Aromen schätzen gelernt und andere wieder als eher "problematisch" empfunden.

    Welchen Sinn hätte es gehabt, bei einer einzigen Flasche, die ich im Schnitt nach drei oder vier Jahren leere, Aromenverschiebungen zu verhindern??? Ich selbst habe die Messlatte durch die zusätzlichen Erfahrungen weit mehr "verschoben", als es ein Luftpolster in einer offenen Flasche je hätte zustande bringen können.

    Lösen wir uns doch von dem Gedanken, dass uns ein besonders leckeres Glas Malt in einem halben Jahr genau "gleich" schmecken kann. Wofür der Aufwand? Ich behaupte ganz frech:

    Niemand kann den Unterschied zwischen einer perfekt konservierten und einfach nur "normal" gelagerten Flasche anhand einer Blindverkostung nach einem Jahr der Lagerung erkennen.

    Es mag Unterschiede geben - aber es entscheiden letztlich persönliche Vorlieben, ob man der (geringfügigen) Aromenveränderung oder dem "Original" den Vorzug gibt.
    Was wiederum die Frage nach dem "Original" aufwirft...

    Lassen wir die Kügelchen dort, wo sie hingehören; fangen nicht an Flaschen zu begasen (ob mit Stickstoff oder Argon,...), das alles steht doch dem liebevollen Zugang weit mehr im Wege, als es zum Genuss beiträgt.

    Können wir "Reinheitsfanatiker", Puristen und Fetischisten unserem Lebenswasser nicht auch eine "Lebenszeit" in der Flasche gönnen?

    Vor allem der Tipp mit den möglichst wenig offenen Flaschen irritiert, denn ist es nicht gerade die ungeheure Vielfalt an Aromen, die jedes Whisyherz höher schlagen lassen? Warum sollten wir mehr Flaschen zu lassen, als unsere Neugier und unsere Finanzierkraft es verlangen?
    Wer sich selbt entwickelt, sieht auch keinen Grund zur Angst, dass sich ein Malt entwickeln könnte - was er tatsächlich jedoch kaum tut, auch nach vier Jahren nicht!

    Viele liebe Grüße ins weite Forumsnetz!
    Manfred aus Ö

    Roge-rtangtang2 gefällt das
  • Severin_M User Dabei seit: 25.07.2004Beiträge: 7Bewertungen: 0
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    Hallo an alle, Hallo Manfred,

    dein Bericht finde ich sehr gut. Das muß ich mal so hier schreiben. Selber bin ich dem Whisky noch nicht allzulange verfallen aber halte ich es mit meinen geöffneten Flaschen genau so. Einen geschmacklichen Unterschied konnte ich bisher bei keiner feststellen auch wenn diese Flasche halbvoll und schon länger geöffnet war.

    Gruß aus Mainz

    Severin

  • Anonymous User Anonymous Dabei seit: 04.05.2004Beiträge: 5,870Bewertungen: 0
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    Danke Manfred :biggrin: :biggrin: ,

    mit Deiner Meinung sprichst Du mir aus der Seele. Jedes Glas Malt ist und bleibt ein besonderes Erlebnis. Auch mir schmeckt ein Malt je nach Stimmungslage oftmals besser oder schlechter als beim letzten Mal, je nach Tagesform eben.
    Das mit der Reifung sehe ich genau so wie Du. Obwohl jetzt natürlich einige Unverbesserliche einwenden, Whisky reift im Fass und nicht in der Flasche (wohl war), aber mit der Reife verändert sich eben auch der Geschmack. Ob sich der Geschmack durch die Reifung im Fass ändert oder durch die "Standzeit" in der Flasche ist für mich unerheblich. Ich habe eine Flasche Glenmorangie 10y. seit ungefähr 3 Jahren im Anbruch, und der Malt schmeckt mir immer noch (mal besser, mal schlechter). Je nach Tagesform eben.
    Aber das ist ja das Schöne am Malt-Genuss. Jeder hat so seine Vorlieben, was die Lagerung und den Genuss seiner Flaschen betrifft. Ich jedenfalls schwimme auf Deiner Welle, ohne Stickstoff und Glaskugeln.

  • Anonymous User Anonymous Dabei seit: 04.05.2004Beiträge: 5,870Bewertungen: 0
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    Hallo Manfred - einfach super. :biggrin:

  • Rainer_B User Dabei seit: 28.06.2004Beiträge: 154Bewertungen: 0
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    Hallo Manfred,

    Du hast mir aus der Seele geschrieben, herzlichen Dank dafür.

    Ich halte es ähnlich: aufmachen, was auf dem Regal steht. Natürlich nicht alles sofort, denn ich kaufe mitunter mehr als ich probieren kann, und für manchen Whisky warte ich auf die passende Gelegenheit, die passende Stimmung. Aber ich sehe keinen Sinn darin, jetzt Dutzende von Flaschen zu lagern, aber nur 3-5 geöffnet zu haben. Ich will nicht zwei Jahre warten, ehe ich mir die nächsten 5 Flaschen öffne. Es ist eben genau die Vielfalt, die dieses Hobby so interessant macht, und wenn ich Flaschen verschlossen halte, verzichte ich auf diese Vielfalt.

    Und in der Tat, ein Whisky schmeckt immer anders. So habe ich es kürzlich bei einem meiner All time favourites gespürt, dem Highland Park 12 Y. Michael Jackson schrieb: niemals enttäuschend. So sah ich es auch. Und eines Tages fragte ich mich, was ich da gerade scheußliches trinke? Und dann stellte ich fest: ich war es, der den Geschmack plötzlich anders empfand, aber der Geschmack blieb der gkleiche wie immer. Beim nächsten Mal begeisterte mich der Whisky wieder. Es ist der Tag, die Stimmung, die Atmosphäre, der Stress, der Heuschnupfen, so viele Faktoren.

    Dennoch: der Masterblender bestimmt, wann ein Whisky den Höhepunkt der Reifung erreicht hat. Dann - wenn der Whisky nach seiner Meinung perfekt ist - füllt er ihn ab (so hoffe ich jedenfalls - vielleicht entscheidet auch einfach nur der Marketing Manager...). Eigentlich will ich nicht, dass sich der Whisky nach diesem Moment der perfekten Reifezeit weiter verändert. Das ist dann nicht mehr der Whisky, den der Masterblender haben wollte. Aber da ich bisher auch nur ganz selten echte Unterschiede bemerkte, die nicht nur an meiner Tagesform lagen, ist es mir doch egal. Ich verzichte nicht auf die Vielfalt meiner Malts, weil ich gerade mal keinen Stickstoff da habe oder ich neues Kinderspielzeug einkaufen muss. Ich öffne meine Flaschen, und dann stehen sie eben da. Und ich werde den Port Ellen nicht in mich hinein schütten, damit die Flasche nach 6 Monaten leer ist, weil sich der Inhalt dann vielleicht verändern könnte. Was nützt mir die Theorie, wenn die Flasche leer ist und ich weder den originalen, noch einen möglicherweise veränderten Malt geniessen kann?

    Und was juckt es mich bei Standard-Malts, die ich sowieso überall nachkaufen kann?

    Ich trinke, wonach mir gerade der Sinn steht, und wenn ich dafür die 50. Flasche öffne, dann öffne ich übermorgen vielleicht die 51.

    Beste Grüße,
    Rainer

  • chris_tobermory_fan User Dabei seit: 23.04.2020Beiträge: 2Flaschensammlung:Desinfektionsmittel oder soBewertungen: 0
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    Hallo Zusammen, 


    mich beschäftigt das Thema der Lagerung nun auch da ich kürzlich eine schlechte Erfahrung hatte. 

    Und zwar habe ich vor kurzem beschlossen mein Auswahl zu erhöhen und mir nach Jahren des Wartens mal wieder ein paar Flaschen zu gönnen. Habe circa 20 gekauft und mein Bestand waren circa 10 offene. Teilweise seit 10 Jahren offen. Ich probiere hin und wieder, auch mal über Wochen gar nicht. 


    Nun hatte ich einen Talisker Destillers Edition probiert welcher circa 10 Jahre offen war und entsprechend auch fast leer war. Schätz so 50 mL waren vielleicht noch drin. Dieser war wirklich schlecht geworden! Sonne bekommt er bei mir nicht ab, die Lagerung ist bei Zimmertemp. gewesen und immer trocken. Es kann denke ich nur der Sauerstoff gewesen sein. Jedenfalls war er für meinen Geschmack wirklich ungenießbar, auch leicht trüb. Ich war sehr überrascht, das hatte ich bisher noch gar nicht. Dagegen habe ich einen Glenmorangie circa gleich lang offen bei gleicher Lagerung und der schmeckt noch absolut top! Kann auch keine große Veränderung erkennen.


    Nun zur eigentlichen Frage. Ich möchte nach und nach meine 20 neuen Flaschen öffnen, diese aber wirlich über die nächsten 10 Jahre leer trinken. Meine Idee war dass ich sobald die Flaschen über 1/3 leer sind diese mit Parafilm und CO2 "versiegele". Man könnte doch ganz einfach eine CO2 Flasche vom Soda Stream nehmen und die Luft über dem Whisky damit verdrängen, dann Parafilm drauf und gut.  


    Was meint ihr dazu? 


    VG 

    Chris

  • LXT User LXT Dabei seit: 11.10.2018Beiträge: 93Bewertungen: 0
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    Ich würde an deiner Stelle einfach in mehrere kleine Fläschchen umfüllen und evtl mit Parafilm (ob nun Voodoo oder nicht) versiegeln.

    Im gleichen Zug hast du das Risiko eines "Kippens" des Inhalts auf mehrere Einheiten gestreut.

    Kein Stress machen, ich hatte schon ähnliche Ideen - sind die Zeit nicht wert und machen nur graue Haare.

  • maltaholic User maltaholic Dabei seit: 29.07.2014Beiträge: 36,601Flaschensammlung:maltaholics KellergeisterBewertungen: 1046
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    @chris_tobermory_fan 


    Locker nehmen.

    Und einfach Zeit nehmen beim Leeren deiner Flaschen.

    Es kann eine schöne, in jedem Fall interessante Erfahrung sein, zu sehen, wie sich der Geschmack über die Jahre entwickelt.

    Ich würde aber gleichzeitig tippen, dass die meisten von uns die Unterschiede gar nicht bemerken würden...

    “Whisky, like a beautiful woman, demands appreciation. First you gaze, then it's time to drink.” ― Haruki Murakami


    Meine Samples „malta‘s malts“ 

  • Dronach_Aficionado User Dronach_Aficionado Dabei seit: 13.09.2017Beiträge: 12,301Bewertungen: 0
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    Ich hatte noch keinen Whisky der über die Zeit in der Flasche schlechter geworden wäre, ganz im Gegenteil. Aber gut das Experiment ging jeweils nur 2-3 Jahre. Wenn ich jetzt einen Port Ellen öffnen würde und den über 5-10 Jahre plane zu trinken kann man sich u.U. Gedanken machen. Aber bei Flaschen wie dem Talisker DE? Wenn der wirklich nach 10 Jahren schlecht wird - wegschütten und weiter gehts. Alles andere wäre sinnlos vergeudete Lebenszeit im Hinblick auf den Gegenwert.

    Guardian of the Dronach Galaxy

    BGB XXII Resident Evil: Biohazard Vendetta BM

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    BGB Veteran XII [Silber] - XXIII

    FTs1 bis 100 I 101 I 102

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