Der Korn verdrängt Whisky und Wodka

Bloedz

"Der Korn verdrängt Whisky und Wodka." Das behauptet zumindest der Spiegel auf seiner aktuellen Titelseite (!). Der Artikel selbst ist weniger reißerisch, dafür überraschend lang, volle 4 1/4 Seiten incl. Bilder und Grafiken.

Thema ist weniger die (ohnehin fragliche) Verdrängung, sondern die Wiederentdeckung hochwertiger Schnaps-Brennverfahren, die nach dem 1. Weltkrieg in Vergessenheit geraten waren. Im Gegensatz zum Neutralsprit und Billigfusel wird aufwändiger gebrannt, zum Teil Gerstenmalz verwendet (also gedarrt) und mehrjährig im Faß gelagert, finish inclusive. Die Definitionsgrenze zu deutschem Whisky ist somit wohl fließend.

Die so entstandenen Destillate sind weiterhin kristallklar (trotz der Faßreifung?), facettenreich in den Aromen und stoßen preislich durchaus in mittlere Maltwhisky-Dimensionen vor. Als Mixgetränk sollen sie in angesagten Bars und Clubs dem Wodka bereits Marktanteile abgraben und wohl auch dem Whisky Konkurrenz machen. Wobei darauf in dem Artikel, anders als in der Überschrift, nicht näher eingegangen wird.

Witzig: Einer der im Artikel genannten Nachteile dieser hochwertigen Produktion von Schnaps entlockt Whiskytrinkern wohl nur ein müdes Lächeln. Angels share. In Deutschland klingt es aber nicht so romantisch, sondern wird dort technisch umschrieben als "Holztonnen sind undicht".

Ich teile zumindest die provokante Aussage auf der Titelseite nicht. Nicht jede Bewegung einiger Enthusiasten, die sich finanziell zu rechnen scheint, erobert gleich den Markt und verdrängt die Marktführer. (Übrigens: Wurde das gleiche nicht kürzlich auch von Rum und Gin behauptet?) Und wenn ich geschmacklich an die mich im Regelfall wenig überzeugenden deutschen Whiskys denke, zweifele ich in dieser Hinsicht auch erst einmal an deutschem Edel-Schnaps.

Vielleicht wird der Artikel in einigen Tagen ja noch online gestellt, so daß wir verlinken können.

Marko_I

Bloedz schrieb:

Und wenn ich geschmacklich an die mich im Regelfall wenig überzeugenden deutschen Whiskys denke, zweifele ich in dieser Hinsicht auch erst einmal an deutschem Edel-Schnaps.

Wenn deutscher Edelschnaps "in" werden würde, hätte das immerhin den Vorteil, dass nicht jeder Wald-und-Wiesen-Brenner mit aller Gewalt versuchen muss, uns seinen Edelschnaps als Whisky unterzujubeln. ;-)

Naga_Sadow

Aktuell wird der neue Präsident in Amerika gefeiert. Dabei mag er keinen Whisky. Seine Firma vertrieb damals Vodka.

[Gelöschter Benutzer]

dectel

Der Affe und Trump haben wohl den gleichen Friseur

Stuka_Kommandant

dectel schrieb:

Der Affe und Trump haben wohl den gleichen Friseur

Ich glaube eher,
beide haben denselben Vater ...  

drmayhem

@Bloedz

Ich kann das nur begrüßen und hoffe sehr, dass du bzw. der Artikel recht habt. Springt lieber alle rechtzeitig auf den Kornzug auf, bevor die Preise dort auch so durch die Decke gehen wie beim Whisky. Das ist die Gelegenheit endlich mal in den guten alten Tagen dabei zu sein. 

Ich halte derweil hier die Stellung und kümmere mich um die Abwicklung der nun völlig überflüssigen und daher fast wertlosen Whiskybestände. Das olle Zeug vom Hype der letzten Saison will ja nun wirklich keiner mehr haben. 

 

AliB

Ebbt die Gin-Welle etwa schon wieder ab und nun wird in jedem Hinterhof das hochwertige "Qualitätsprodukt" Korn mit ganz tollen einmaligen Aromen produziert?
Von mir aus darf jeder Hipster nun gerne Korn trinken 

MasterOfPuppets

Bloedz schrieb:

"Der Korn verdrängt Whisky und Wodka." Das behauptet zumindest der Spiegel auf seiner aktuellen Titelseite (!).

Man muss auch sagen, das sich die Zeitschrift wohl nicht so gut verkaufen würde wenn man eine realistische Prognose abgibt. Mit "Der Marktanteil von Korn könnte auf 5% steigen" als Titelstory gewinnt man keinen Blumentopf.

DerWels.

Guten Abend.
...jetzt ist es der Korn... . Gin, Wodka und Rum sind schon lange im Rennen, Absinth wurde auch wieder neu entdeckt, von Cognac habe ich auch vor kurzem gehört, das er ganz groß im kommen ist, - viel bleibt da nicht mehr übrig. Ich glaube, daß der Konsum alkoholischer Getränke sehr stark vom Alter der Konsumenten und deren Lifestyle abhängig ist. Alles was "neu" ist, ist erstmal interessant. Dabei ist es garnicht so wichtig, wie das Zeug schmeckt, sondern ob es zu Zeit angesagt ist oder nicht. Genauso wenig wie ich einem 20 jährigen abnehmen kann, dessen Horizont bislang auf Captain Morgan und Jägermeister basiert, daß er urplötzlich zum Single Malt Fan wird, so kann ich mir bei Tante Agnes nicht vorstellen, daß anstelle des Eierlikörs mit Kaffepulver oben drauf, jetzt der Edelkorn beim Häkelnachmittag ausgeschenkt wird.
Gruß DerWels.

Hufeisen

Feine Aromen im Korn? Wir haben in der Nachbarschaft eine Kornbrennerei, da war vor Weihnachten Tag der offenen Tür mit Verkostung und meine Frau und ich waren da (ich zum gucken, sie zum verkosten ). Der Brennprozess ist ja der gleiche wie beim Whisky - Malz machen, Maische machen, Rohbrand machen, Feinbrand machen. Der Feinbrand geht bis zum Maximum von 94,x% - irgendwo da ist doch eine Grenze, bei der sich das verbleibende Wasser nicht mehr lösen will. Und das schmeckt man dann auch, man schmeckt nämlich nix!
Mit allerlei Säften und Gewürzen kann man den Korn super trinken, aber als der pure Korn ausgeschenkt wurde, hat sich nun wirklich jeder der Anwesenden geschüttelt (ich habe nur genippt, war der Fahrer). Sicher kann man durch Fasslagerung dieses edle Destilat noch aufpeppen, aber wenn man vorher möglichst alle Aromen rauskocht, ist das schon etwas, naja, seltsam.