Warum Scotch nur im Eichenfass?

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  • Sam_Mumm
    Themenersteller
    User Sam_Mumm
    Dabei seit: 20.08.2017Beiträge: 5,560Bewertungen: 0

    Mich quält mal wieder eine Frage.


    Beim Stöbern bin ich wieder auf auf den Artikel über das World Whisky Forum 2017 in Schweden im Februar 2017 gestoßen ("Der Whisky Botschafter" Nr. 2 / 2017)
    Da wird  wird unter anderem davon berichtet, dass Tony Remark-Clark von der Srathearn Distillery beklagte, dass die Regelungen der Scotch Whisky Association den Rückgriff auf alte Traditionen erschweren. Als Beispiel wurde angeführt, dass er "...seinen Whisky in Schottland nicht in Kastanienfässern reifen ..." lassen kann, obwohl diese Fassart ".. in früheren Zeiten zur Regel ..." gehörte. 


    Hat hier jemand eine Ahnung, bei welchen Whisky früher (was ist früher) Kastanienfässer zur Regel gehörten? Und warum legte sich die Scotch Whisky Association dann (1990?) ausschließlich auf Eichenholz fest? 

    Kann es sein, dass es dabei "nur" darum ging Pfründe zu sichern und experimentierfreudige Neubrenner in die Schranken der als genehm geltenden (Eichen-) Tradition zu weisen? 

    Fragen über Fragen. 

    Kann mir da jemand Licht in das Dunkle im Fass bringen?

    "Am Rausch ist nicht der Whisky schuld, sondern der Trinker" (schottisches Sprichwort)

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  • Classic User Classic Dabei seit: 07.04.2013Beiträge: 2,748Bewertungen: 38
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    Welcher Whisky früher in Kastanie gelagert wurde, weiß ich leider auch nicht.

    Hier ist aber ein Thread in dem das Thema schon einmal diskutiert wurde, vielleicht hilft er dir ein wenig weiter.

    Aktuelle Teilung: Keine
    Beendete Teilungen: 1 / 2 / 3 

      
    Hier geht es zu den Samples

  • Tobi1983 User Dabei seit: 19.03.2015Beiträge: 511Bewertungen: 2
    , letzte Änderung 30. Oktober 2017 um 22:10
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    Ich hab mal nen deutschen Whisky (Aureum glaube ich) aus nem Kastanienfass probiert. Der war jetzt nicht wirklich gut, kann natürlich auch sein, dass nicht nur am Fass lag.:wink:

    Ich denke Eiche hat sich über die Zeit am Brauchbarsten dafür herausgestellt. Viele Holzarten haben nicht die entsprechende Beschaffenheit und harzen usw., steht auch alles in dem schon verlinkten Thread.

  • Sam_Mumm
    Themenersteller
    User Sam_Mumm
    Dabei seit: 20.08.2017Beiträge: 5,560Bewertungen: 0
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    Bis hierher schon mal vielen Dank.

    Allerdings - sorry- so richtig weiter hilft es mir nicht. In eurem verlinkten Thread ist letztlich auch nur der "Staus Quo" beschrieben (wenn auch die Sache mit dem Heringsfass ganz interessant und für mich neu war). 

    Im Zusammenhang mit der Weinreifung liest man gelegentlich, dass von den Eigenschaften (Festigkeit, Verarbeitbarkeit, Tanningehalt) Eiche und Kastanie nahezu ebenbürtig wären. Demnach hat die Eiche als Fassholz vor allem deswegen den Vorzug erhalten, weil die Kastanie beim Holzwurm etwas beliebter war. Außerdem war die Eiche eher verfügbar, während die Kastanie vor allem in Südtirol mit ihren Früchten als Brotbaum herhalten musste. 


    Mich irritiert in dem von mir angesprochenen Artikel vor allem die Aussage, dass Kastanienholz angeblich früher zur Regel gehörte.


    Außerdem bilde ich mir ein, mal im Internet einen Artikel über eine britische Unterhausdebatte gelesen zu haben, bei der der Vorwurf erhoben wurde, die SWA würde mit ihren Regelungen neu entstehenden Micro - Destillerien das Leben schwer machen. Leider finde ich diesen Artikel nicht mehr. Also, vielleicht spielt mir da auch mein Gedächtnis einen Streich (soll ja vorkommen). 

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  • Marko_I User, Moderator Marko_I Dabei seit: 11.01.2006Beiträge: 13,796Flaschensammlung:currently quarantinedBewertungen: 1425
    , letzte Änderung 1. November 2017 um 04:06
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    Ein paar Gedanken:


    - In über 20 Jahren habe ich noch nichts Signifikantes über schottischen Whisky aus Kastanienfässern gehört oder gelesen. Mal ein Simon's aus Bayern, irgendein anderer europäischer Exot (war's Korsika?), aber Schottland - nix. Und man bekommt ja so einiges mit, damals - Paxarette, damals - Reblausplage, weniger Weinbrand, größere Whiskynachfrage usw. Also wenn das "die Regel" gewesen wäre (sagen wir mal, mindestens zweistelliger Prozentsatz), hätte man wohl irgendwas mitbekommen, wenn's lange her wäre, in whiskyhistorischer Hinsicht, wenn's noch kurz vor den Regulations Gang und Gäbe gewesen wäre, würde man doch von den tollen alten Kastanienfasswhiskys schwärmen, die heute leider nicht mehr gemacht werden und daher auf Auktionen für Tausende verscherbelt. Pustekuchen


    - Verbreitungsgebiet Eiche in Europa - das Zeug ist typische Baumart für Schottland/GB. Rosskastanie ist Balkan, Edelkastanie eher Mittelmeer.

    (Und da, wo die meisten Scotchfässer herkommen, ist Eiche eben auch traditionell Usus.)


    - Die Aussage eines Kleinherstellers würde ich in *dieser* Hinsicht nicht ganz so auf die Goldwaage legen - Klappern gehört zum Handwerk. :cool: Böse große, industrielle Hersteller, die gute kleine (am besten Craft-)Hersteller, "innovativ", ein bisschen Opferrolle... das meine ich nicht böse, irgendwie muss man sich ja abgrenzen, preislich kann man mit den Großen nicht mithalten, da muss sich anderweitig attraktiv machen. Aber es ist eben auch viel Werbeklappern bei.


    - "die SWA würde mit ihren Regelungen neu entstehenden Micro - Destillerien das Leben schwer machen. " - das sind ja erstmal nicht die Regelungen der SWA, sondern parlamentarisch verabschiedete Gesetze. Die SWA ist die Lobbyorganisation der Whiskyhersteller, und wenn du mal in die Mitgliederliste schaust, da sind auch "Kleine" bei. Sicher hat die SWA bei Formulierung des Scotch Whisky Act 1988 und der Scotch Whisky Regulations 2009 versucht, ihren Einfluss geltend zu machen und die Interessen ihrer Mitglieder zu schützen (wozu so ein Verein nunmal da ist), aber da ging's eher darum, überhaupt mal Scotch Whisky zu definieren und vor allem die regionale Herstellung zu schützen, damit nicht jeder jeden Scheiss als Scotch verkaufen kann. An die Drangsalierung von Microdistilleries hat bestimmt keiner gedacht, dieser Trend war sicher (noch) nicht auf dem Schirm.


    Edit:

    (- Natürlich wird irgendwann in der Geschichte auch mal schottischer Brand in einem Kastanien- oder anderem Fass gelegen haben. Und irgendeiner der x-hundert Schwarzbrenner wird aus was anderem als Getreide gebrannt haben. Und sicher haben viele ihr sprittiges Teufelszeug auch mal mit Kräutern oder Früchten aromatisiert. Aber irgendwann scheint es zum Konsens geworden zu sein: Getreidebrand, Eichenfass, made in Scotland, mindestens 3 Jahre, sonst nix bei. Und das hat man dann eben in Regeln gegossen. Wären andere Holzarten *üblich* oder sogar *die Regel* gewesen, hätte man die wohl aufgenommen. Man hat ja auch Malt und Grain, obwohl die gegen Blend eher Nischenprodukte sind.)


    Edit 2 nach Google-Runde:

    http://whisky-guide.de/index.php5?title=F%C3%A4sser_und_Fasstypen

    " Manchmal findet sich unter hunderten Fässern im Lager einer Destillerie ein Exemplar aus Kastanie und keiner weiß, woher es stammt. "

    http://whiskyscience.blogspot.de/2011/02/cask-variations.html

    "Before 1990 the casks were allowed to be of any wood, although only an odd chestnut cask has probably been used as most casks were made of oak."

    Das war's dann aber auch. Ausrutscher.

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  • Sam_Mumm
    Themenersteller
    User Sam_Mumm
    Dabei seit: 20.08.2017Beiträge: 5,560Bewertungen: 0
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    @Marko_I 

    Ok soweit, vielen Dank für diese Gedanken. 

    Ich will das Thema auch gar nicht todreiten. 

    Bloß noch ein paar Gedanken meinerseits: 
    Seit der Römerzeit gibt es (angeblich) im Süden Englands Anpflanzungen von Edelkastanien (behauptet zumindest Wikipedia). Da diese Bäume klimatisch bedingt nicht regelmäßig fruchten, werden sie vor allem als Holzlieferant genutzt, für Möbel- UND Fassbau (behauptet ebenfalls Wikipedia). Kastanienfässser wären demnach also vorhanden gewesen. 

    Meines Wissens wird allein für Scotch die Holzart Eiche expliziert vorgeschrieben. Sonst begnügt man sich mit der Festlegung "Holzfass". Selbst für den Bourbon soll die entsprechende Regelung nur von "american Wood" sprechen (hab ich hier im Forum mal gelesen). 

    Der imature Spirit Act von 1915 mit der Festschreibung der 3 jährigen Mindestreifung ist wohl aus einem "Kuhhandel" zwischen der auf Restriktion beharrenden Regierung und den Lobbyvertretern der Whiskywirtschaft hervorgegangen. Gleiches gilt für die Regelung der Mindestalkoholstärke (war hier im Forum auch schon mal Thema). 

    Da könnte es ja vielleicht sein, dass die Festlegung auf Eiche möglicherweise (oder eben auch nicht) ebenfalls so einen "zwiespältigen" Hintergrund hat.

    Das täte mich eben interessieren.

    "Am Rausch ist nicht der Whisky schuld, sondern der Trinker" (schottisches Sprichwort)

  • [Gelöschter Benutzer] Dabei seit: 21.07.2017Beiträge: 0Bewertungen: 0
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    Sam_Mumm schrieb:

    @Marko_I 

    Meines Wissens wird allein für Scotch die Holzart Eiche expliziert vorgeschrieben. Sonst begnügt man sich mit der Festlegung "Holzfass". Selbst für den Bourbon soll die entsprechende Regelung nur von "american Wood" sprechen (hab ich hier im Forum mal gelesen). 




    Für Bourbon ist Eiche vorgeschrieben.

  • Bruno59 User Dabei seit: 15.06.2013Beiträge: 1,642Bewertungen: 0
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    @Sam_Mumm 


    Das man der Eiche (neben der grösseren Verbreitung in Nordeuropa) den Vorzug gegenüber der Kastanie gegeben hat, hatte sicherlich auch weitere ganz praktische Gründe. Frag mal einen Küfer, warum diese seit Urzeiten lieber Eiche als Rohstoff verwenden

    - vielfältigere Geschmacksnoten

    - leichtere Verarbeitbarkeit.

    Ich denke mir, dass diese Erfahrungen den Ausschlag hinsichtlich der Festlegung auf Eiche gaben.


    Auch heute noch ist Eiche weltweit die Nummer 1 beim Holzfassbau. Das spricht nicht für politisch motivierte Gründe.




  • [Gelöschter Benutzer] Dabei seit: 21.07.2017Beiträge: 0Bewertungen: 0
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    Marko_I schrieb:

    - Die Aussage eines Kleinherstellers würde ich in *dieser* Hinsicht nicht ganz so auf die Goldwaage legen - Klappern gehört zum Handwerk. :cool: Böse große, industrielle Hersteller, die gute kleine (am besten Craft-)Hersteller, "innovativ", ein bisschen Opferrolle... das meine ich nicht böse, irgendwie muss man sich ja abgrenzen, preislich kann man mit den Großen nicht mithalten, da muss sich anderweitig attraktiv machen. Aber es ist eben auch viel Werbeklappern bei.



    Andererseits sind etwa 90% der schottischen Brennereien im Besitz von Großkonzernen. Großkonzerne wie Brown-Forman haben jede Menge Eichenfässer die auf ein zweites Leben warten (weil es für Bourbon immer frische sein müssen). Denen kommt so ein Scotch-Eichenstandard wahrscheinlich nicht ungelegen.

  • Lehnhoff User Lehnhoff Dabei seit: 12.11.2015Beiträge: 623Bewertungen: 0
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    Die SWA-Regelung wäre ja erstmal nur relevant für Virgin Oak-Reifungen. Die gibt es in der Fülle aber noch nicht so lange. Ansonsten musste der Newmake einfach irgendwo gelagert werden und es war ja wohl eher Zufall, dass der Stoff damals in leere Fässer gefüllt wurde. Wenn aber Scotch Whisky in der Regel nur die Zweitverwertung für Fässer darstellt, entscheiden die Präferenzen der Erstbefüller über die Holzauswahl. Und da sind eben Bourbonhersteller gesetzlich gebunden, Sherry-/Rum-/Porthersteller haben auch ihre Gründe, auf Eiche zu setzen - womöglich eben der Baumbestand in den süßweinproduzierenden Ländern. In Brasilien wird z.B. Cachaca in Kastanie oder Amburana gereift, einfach, weils davon (noch) genug gibt. Hätten die Schotten früher mehr Cachaca getrunken, käm der Whisky vielleicht heute auch aus Amburana-Fässern... Der Bewuchs in Schottland ist jedenfalls für Scotch nur im Fall Virgin Oak relevant, sonst gar nicht. 

    dRambo gefällt das
  • Bruno59 User Dabei seit: 15.06.2013Beiträge: 1,642Bewertungen: 0
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    @Lehnhoff 


    Reduzierst Du das Thema jetzt nicht zu sehr auf den Beschaffungsaspekt?




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