Elijah Craig Barrel Proof 12yo 63,5Vol%

  • Dr.Bourbon
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    Dabei seit: 24.03.2018Beiträge: 34Bewertungen: 0
    , letzte Änderung 13. Mai 2018 um 20:30

    Liebe Whisk(e)ygemeinde!


    Heute Abend habe ich mir vorgenommen, den "fassstarken" Eliah Craig mit seinen 12 Jahren zu verkosten. Gemacht wird er ja in der Heaven Hill Destillerie, die hier eine Bourbon-Legende zum Namensgeber eines ihrer berühmtesten Destillate gemacht hat, Pastor Eliah Craig, den es wohl tatsächlich gegeben hat und der auch tatsächlich Whiskey destilliert hat. Der Legende nach soll er aber der erste gewesen sein, der tatsächlich Bourbon herstellte, wofür nur wenige Anhaltspunkte sprechen und was vermutlich ein Teil der damaligen Anti-Prohibitionspropaganda war. Nichts desto trotz, die Whiskies haben´s wohl in sich. Ich kenne bislang nur den 18jährigen, den ich mir einst hier im Shop kaufte, als dergestalt gealterter Bourbon noch zu menschlichen Preisen zu bekommen war, und der war ( und ist, ich habe noch ein paar cl ) sehr gut. Außer Eliah Craig macht Heaven Hill auch noch die Marken Evan Williams, Bernheim, Rittenhouse, Larency und Old Fitzgerald.


    Aber nun zum Tasting!


    Nase: Nur schwache Zitrusnoten, eher gleich zu Beginn etwas Pflaume, süßes helles Karamell, Milchschokolade, etwas Zimt, etwas Eiche und etwas herbales im Hintergrund. Weich und zurückhaltend ist sie, die Nase, ganz untypisch für die starken Prozente, in denen der Bourbon abgefüllt ist. Sehr Gentleman-like, ich würde mir fast wünschen, es wäre eine Nummer kräftiger.


    Geschmack: Hossa, was in der Nase zurückhaltend erscheint, ist im Geschmack der Hammer, man kann die 63,5Vol% ganz gut trinken, aber das Geschmackserlebnis ist durchaus intensiv. Trocken gleich im Antritt, Ahornsirup-ähnliche Karamellaromen mit Holz verwoben, etwas gekochte Früchte, Pflaumenwein, Tannine sind schmeckbar, aber nicht über Gebühr präsent, im Verhältnis recht fruchtig.


    Abgang: Viel duftiges trockenes Holz, dezente Süße, Röstaromen, dunkles Karamell. 


    Fazit: Also, für die zurückhaltende aber edle Nase gibt es mal 6,5 von 10 Punkten, der kräftige Geschmack ist meine ich schon etwas für die geschultere bzw. verdorbenere Zunge, das ist nicht nur ein Butterscotch-Schmeichler, aber wer will das bitte denn schon haben, wir sind ja hier nicht im Kindergarten, die trockenen Noten, die Tannine, die dem ganzen etwas herbales, dunkleres geben, ohne eine zarte Süße vermissen zu lassen, daneben die deutliche Fruchtigkeit - das alles lässt mich zu einer Wertung von 8 Punkten zu kommen, und mal sehen, wenn ich noch ein paar Mal daran nippe, dann werden´s vielleicht sogar noch 8,5  ;-)  . Nein aber mal im Ernst, der entwickelt sich, wird mit jedem Schluck mehr erschlossen, mehr verstanden, das ist schon einfach ein richtig guter Bourbon. Der Abgang ist unspektakulär, dezent, aber lecker und gerade auch in der Dosierung der Trockenheit sehr gut ausgewogen, so dass ich ihm 7 Punkte gebe.


    Insgesamt wären das dann 21,5 von 30 Punkten, das verkauft den Whiskey aber meine ich etwas unter Wert, ich denke, das Ganze ist klar mehr als die Summe seiner Teile, weswegen der locker zwischen 24 und 25 Punkte von 30 haben könnte, das ist ein recht ausgewogenes Gesamtkunstwerk, das durchaus ein zweites oder drittes Glas wert ist, mit diesem Whiskey kann man sich gut mal einen Abend hinhocken und sich mit ihm anfreunden, ohne sich gleich nach einer halben Stunde zu langweilen, ich würde ihn ganz klar empfehlen, er trinkt sich vielleicht anfänglich nicht ganz so leicht, wie ein Blanton´s Straight from the Barell es tut, aber ich denke, er hat vielleicht auf die längere Distanz doch mehr zu erzählen. Einfach mal ausprobieren, für mich ist er gerade auf dem Sektor des Erschwinglichen der Favorit, vor dem Blanton´s Straight from the Barell und dem Booker´s von Jim Beam!


    Viele Grüße!


    Euer Dr.Bourbon

  • Stuka_Kommandant User Stuka_Kommandant Dabei seit: 22.12.2010Beiträge: 8,647Flaschensammlung:Mein-Jungbrunnen.deBewertungen: 81
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    @Dr.Bourbon 


    Schöne Beschreibung... :lol:


    Ich dachte noch kurz, warum schreibt er das nicht im "Now drinkin'-Fred" ,

    aber da wäre die ausführliche Vorstellung wohl peu à peu 'überrollt' ... 


    Andererseits, wenn das jetzt jeder so macht? :rolleyes:



    Anyway: Hab's gelike.ed \,,/:cool:

    Ein blindes Huhn wäscht das Andere...  :horst:

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  • DocF User, Moderator DocF Dabei seit: 31.07.2016Beiträge: 3,342Bewertungen: 2
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    Abend Michael,


    immer wieder erfreulich, eine derart ausführlicher Rezension zu lesen. Vorab - hier im Forum kannst du derartiges auch gut im "Now Drinking" unterbringen. Ich habe da außerdem noch eine Frage, für die möchte ich keinen eigenen Thread aufmachen, und deine Meinung als Liebhaber (nehme ich an) würde mich da durchaus interessieren.


    Bourbons habe ich mittlerweile schon ein paar probiert, in der Preisregion bis 60€ - aber mein Interesse ist schnell versiegt, da die meisten Bourbons meiner Meinung nach sehr (sehr) ähnlich schmecken (und ich behaupte mal, kein absoluter Nosing-Grobmotoriker zu sein). Bei den Schotten empfinde ich das wesentlich anders - selbst wenn wir nur die Nichtraucher + "Nichtsherries" betrachten. Mit "ähnlich" meine ich nicht unbedingt schlecht - die meisten haben mir sogar gut gefallen -, aber mein Erkundungsdrang wird eben nicht geweckt. Gibt es für dich Bourbons, die aus der breiten Masse hervorstechen oder einen sehr eigenen Charakter haben?


    Kurz zu den 30 Punkten: Ist das eine Sache nur von dir oder hast du ein "Vorbild"?


    *hier Slainthe-Emoticon einsetzen* :wink:


    Viele Grüße,

    ebenfalls Michael


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  • Dr.Bourbon
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    Dabei seit: 24.03.2018Beiträge: 34Bewertungen: 0
    , letzte Änderung 13. Mai 2018 um 10:57
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    @DocF. 


    Hi Micha!


    Also da ich auf meiner Reise ins Amiland ( whiskytechnisch gesprochen ) noch ganz am Anfang stehe, bin ich natürlich voller Neugierde und Tatendrang, lese viel und probiere viel. Ich denke, das Interessante an Bourbon und Rye ist, dass sie eben nicht ( zumindest meistens, gibt ja auch gefinishte Bourbons, wie die von Heaven Hill, und der mit Sherry ist sogar richtig gut ) durch viele verschiedene Fasslagerungen bestechen, sondern ihre olfaktorischen und gustatorischen Akzentuierungen eher aus den Mischverhältnissen der Getreidesorten, des Verfahrens und dergleichen mehr erhalten bei annähernd gleichbleibenden Fässern ( klar, ich weiß, an denen kann man auch ordentlich herumspielen, aber es sind immerhin frische Eichenfässer ). Das Spektrum mag enger sein und die Akzentuierungen teilweise schwerer zu schmecken ( wobei das auch relativ ist, denn Vanille, Früchte, Karamell und Holz, die Hauptgeschmacksrichtungen im Bourbon, sind schon von Bourbon zu Bourbon sehr verschieden ) und zu riechen, aber das ist eben auch ein Reiz, die anderen "höheren" Getränke ( außer Weinbrände, die mag ich nicht ) habe ich ja schon durch. Außerdem gibt es bei mir eine große Bandbreite von "schmeckt mir gar nicht" ( vgl. z.B. "Black Saddle 12yo Bourbon" der ist fürchterlich! ) bis hin zu  "Gottes Schweiß"   ( vgl. Thomas H. Hardy Sazerac Straight Rye, ein großes Dankeschön hier noch in Richtung "Mattschwarze Samples" an dieser Stelle, ich werde ihn nicht öffentlich verkosten, das frustriert nur, aber er ist eine echte Granate ). Der Hauptreiz ist natürlich für mich immer, das zu finden, was meinem persönlichen Geschmack am nächsten kommt, aber das macht ja wahrscheinlich fast jeder so, und dafür gibt´s genug Terrain. Rye habe ich z.B. noch kaum erschlossen, Tennessee kenne ich faktisch noch gar nicht, da gibt´s noch viel zu entdecken, von Grain ganz zu schweigen. Was ich natürlich immer brauche, da ich Bourbon doch mitunter recht süß finde, ist ein Gegengewicht, und da ich ja immer ein Fan der Rauchwürste war, sind das die Räuchermalts geblieben. Hier habe ich mich auf Rauch mit Port eingeschossen ( für die großartigen Samples dem Wisho vielen Dank, den Port Charlotte werde ich demnächst mal öffentlich verkosten ), was der perfekte Mr. Hyde ist zu meinem amerikanischen Dr. Jekyll ist. Ach ja, und neulich trank ich einen Clynelish 19yo von Gordon & MacPhail aus einem First Fill Hogshead............und weißte was? DER SCHMECKT WIE´N BOURBON! Man verzeihe mir meine Polemik, ist aber echt so, probiert ihn ruhig mal.

    Ach ja, soll ich derartige Verkostungen tatsächlich in Zukunft lieber im "Now drinking"-Bereich posten? Da gehören sie nämlich meiner Meinung nach nicht hin, aber ich richte mich da gern nach der Allgemeinheit, ich finde es ja schon auch schön, gelesen zu werden.

    Die 30 Punkte habe ich mir der Einfachheit halber ausgedacht, ich glaube früher, in meinen Rum-Zeiten, habe ich ein 80 Punkte System verwendet, aber so korintenkackerisch bin ich heute nicht mehr veranlagt, weniger ist manchmal eben mehr.


    Ich dank´ Dir jedenfalls für Dein Interesse, Deine Beteiligung und Deine Fragen!


    Michael

  • Naga_Sadow User Naga_Sadow Dabei seit: 27.01.2014Beiträge: 10,161Bewertungen: 1
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    @Dr.Bourbon 


    Habe ich doch gesagt. EC BP lohnt sich voll. Angels Envy hat eine Abfüllung mit Port-Finish.

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  • Dr.Bourbon
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    @Naga_Sadow 


    Mit Angel´s Envy habe ich auch schon geliebäugelt. Die einzige Port-Finish-Abfüllung, die ich bei Bourbon je hatte, ist die von Heaven Hill. Ist recht schwach. Die einzig wahre Kombo für mich - Peat & Port - das rockt!

  • Marko_I User, Moderator Marko_I Dabei seit: 11.01.2006Beiträge: 13,796Flaschensammlung:currently quarantinedBewertungen: 1425
    , letzte Änderung 13. Mai 2018 um 20:52
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    DocF. schrieb:

     Vorab - hier im Forum kannst du derartiges auch gut im "Now Drinking" unterbringen...

    Das hätte ich auch anmerken wollen.
    Dr.Bourbon schrieb:
    Ach ja, soll ich derartige Verkostungen tatsächlich in Zukunft lieber im "Now drinking"-Bereich posten? Da gehören sie nämlich meiner Meinung nach nicht hin, aber ich richte mich da gern nach der Allgemeinheit, ich finde es ja schon auch schön, gelesen zu werden.
    Doch, im Now Drinking sind sie bestens aufgehoben und herzlich willkommen! Und es ist immer wieder schön, mal über den Tellerrand zu blicken und Notes zu Whiskys zu lesen, die man sonst nicht beachtet hätte, die Einzelthreads klicken vielleicht viele mangels konkreten Interesses gar nicht erst an.
    Wenn du deine Notes gut auffindbar haben willst, lege sie doch am besten in einer Datenbank ab (der hiesigen oder der großen niederländischen), die sind dafür gemacht. Aber solche Einzelthreads zu Whiskys "sacken" nun mal weg.
    (Hand aufs Herz - hast du gesucht, ob es zu deinen bisher verkosteten schon Threads gibt und hättest die weitergenutzt?)
    Ich will dir nix vorschreiben, musst du wissen.
    Wenn dir aus irgendeinem Grund der Now Drinking nicht angemessen scheint, wäre doch auch ein Thread "Dr. Bourbons Bourbon-Notes" denkbar, dann hättest du alle an einem Fleck, sie versinken nicht und wer deine Notes generell mag, kommt auch leichter ran. (Dann würde ich an deiner Stelle auch die bisherigen reinkopieren).

    Ach ja: Wirklich schöne Notes!

    PS: Ich war mal so frei, die Verschreiber im Titel zu ändern.

    "Every question I answer will only lead to another question", 'Mother', Lost S06E15
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  • Dr.Bourbon
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    @Marko_I 


    Ja besten Dank für das Willkommen, Du, dann kopier das Ganze ( also alle meine Tasting-Notes ) doch in den "Now Drinking" Thread, ich hatte den komplett übersehen, aber da sind ja nicht, wie ich das noch aus Rumforumszeiten kenne, nur "ich trink grad den, schmeckt gut"-Posts zu lesen, sondern phantastische Tasting-Notes, klasse, was der Rambo da so abliefert, großartig, so eine geschulte Nase, Zunge, und so ein versiertes Ausdrucksverögen zu haben, *verneigung*. Macht durchaus Lust, sich weiterzuentwickeln. Ein Extra-Thread mit meinen Notes find´ ich übertrieben, auch wenn ich sehr gerne welche schreibe und Euch sicher auch in Zukunft noch mit diversen derartigen Ergüssen erfreuen werde. Aber es werden durchaus auch von mir ab und zu Malt-Verkostungen kommen, denn ohne Whisky kann ich auch nicht.


    Beste Grüße! 

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  • Glenremyx User Glenremyx Dabei seit: 20.11.2015Beiträge: 1,611Bewertungen: 0
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    Tolle Notes! So lebendig beschrieben, dass man am liebsten direkt nach hause fahren würde um den Kollegen aufzureissen und selber zu verköstigen.... Hat einem die Welt der Bourbon wieder in Erinnerung gerufen. Danke dafür!

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  • Smiler User Dabei seit: 27.11.2017Beiträge: 5,298Flaschensammlung:Smiler's SammelsuriumBewertungen: 0
  • Schildi User Dabei seit: 29.09.2018Beiträge: 447Flaschensammlung:Schildis SammlungBewertungen: 0
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    Bei einem so guten Whiskey ist das Ausgraben verständlich.:mrgreen:

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