Frage zur Wahrnehmung...

kaonashi · 25. September 2019 um 10:06

Erstmal vielen Dank für die vielen, elaborierten Inputs.

Ein Großteil der feinen Geister hier scheint auf diese Frage mit Leichtigkeit ein Nein geben zu können.

Dennoch wage ich mal eine Behauptung aufzustellen:

Würde man bei einem Experiment den gleichen extrem leckeren Whisky einerseits in eine wunderschöne, sehr ausgefallene und extravagante kleine Flasche abgießen (wie sie zum Beispiel bei den 50-jährigen im Fünfstelligen Bereich zu haben sind) und andererseits in eine schlichte Flasche reinfüllen, deren Aufmachung an ein Made-in-China-Fake erinnert, und beide verkosten, würde ich sagen, dass die meisten von denen, die diese Frage mit Nein beantworten haben, beide als unterschiedliche Whiskys wahrnehmen würden.

Ich bin gespannt.

Grüße

Waschbär · 25. September 2019 um 10:30

kaonashi schrieb:

Erstmal vielen Dank für die vielen, elaborierten Inputs.

Ein Großteil der feinen Geister hier scheint auf diese Frage mit Leichtigkeit ein Nein geben zu können.

Dennoch wage ich mal eine Behauptung aufzustellen:

Würde man bei einem Experiment den gleichen extrem leckeren Whisky einerseits in eine wunderschöne, sehr ausgefallene und extravagante kleine Flasche abgießen (wie sie zum Beispiel bei den 50-jährigen im Fünfstelligen Bereich zu haben sind) und andererseits in eine schlichte Flasche reinfüllen, deren Aufmachung an ein Made-in-China-Fake erinnert, und beide verkosten, würde ich sagen, dass die meisten von denen, die diese Frage mit Nein beantworten haben, beide als unterschiedliche Whiskys wahrnehmen würden.

Ich bin gespannt.

Grüße

@kaonashi

Kommt drauf an, ob du bei beiden Ausführungen der Flasche verrätst, was drin ist. Wenn der Inhalt bekannt ist (Brennerei, Alter, Alkoholgehalt, Fassart), dann beeinflusst mich die Aufmachung der Flasche in Sachen Genuss wahrscheinlich nicht. Ausprobiert habe ich das noch nicht.

Anders liegt die Sache, wenn ich den Inhalt nicht kenne - es sich also um eine "Blindverkostung" handelt. Das Wissen um den Inhalt beeinflusst sehr wohl meinen Genuss, insbesondere Alter und Fassart, aber auch die Brennerei. Wenn mir der Inhalt unbekannt ist, dann könnte es sein, dass ich von der Aufmachung der Flasche auf die Qualität des Whiskys schließe und mich davon in gewissem Umfang beim Genuss beeinflussen lasse.

Dabei handelt es sich allerdings immer nur um Beeinflussungen innerhalb gewisser Bandbreiten. Ich gehe davon aus, dass ich bei einem Glen Grant 50yo GM auch "blind" sehr wohl das Alter (ein hohes Alter) und die Qualität (eine hohe Qualität) erkenne und mir dieser ausgezeichnet schmeckt, selbst wenn er in einer extrem unattraktiven Verpackung daherkommen würde. Gleiches sollte / dürfte / müsste z.B. für einen Glendronach Allardice oder Parliament gelten. Andererseits gehe ich davon aus, dass mir ein deutscher "Gerstler" Pseudo-Whisky auch dann nicht munden würde, wenn er in der exklusivsten Flasche und Verpackung daherkäme.

MacRunrig · 25. September 2019 um 10:47

Wenn ich eine Buddel in der Hand habe, in der nach gesicherter Erfahrung ein sehr feiner Whisky steckt, wird das folgende Geschmackserlebnis nachhaltig unterstützt. :cool:

LDB · 25. September 2019 um 10:52

MacRunrig schrieb:

Wenn ich eine Buddel in der Hand habe, in der nach gesicherter Erfahrung ein sehr feiner Whisky steckt, wird das folgende Geschmackserlebnis nachhaltig unterstützt.

Mag sein, aber das hat doch jetzt mal so gar nichts mit Aufmachung, Design, Aussehen zu tun

sondern mit einer möglichen self-fulfilling prophecy? :confused:

Wer oder was sorgt denn bei dir für eine "gesicherte Erfahrung"? :neutral:

Blindverkostungen haben mich sehr bescheiden gemacht, kann ich nur sagen.

MacRunrig · 25. September 2019 um 11:34

@LDB

In diesem speziellen Fall weckt das Aussehen Vorfreude auf den Inhalt und steigert insofern das Erlebnis auf globalgalaktischer Ebene.

LDB · 25. September 2019 um 11:51

MacRunrig schrieb:

@LDB
In diesem speziellen Fall weckt das Aussehen Vorfreude auf den Inhalt und steigert insofern das Erlebnis auf globalgalaktischer Ebene.

Das ist ja eine beeindruckende Spreche und tolles Synonym für "oberflächlich" wie mir das terrestrische Interwebs gerade verraten hat. :idea:

MacRunrig · 25. September 2019 um 12:30

@LDB

Ebenda auch „generell“, „umfassend“, „im Allgemeinen“.

SUPPORT YOUR LOCAL TEACHER !

LDB · 25. September 2019 um 12:50

@MacRunrig Am local teacher bin ich näher dran als du denkst. :mrgreen:

Meine kleine Einlassung ob des von dir verwendeten Begriffs "globalgalaktisch"

war von einer feinen Prise pieksiger Ironie durchzogen, da ich inflated language nicht so gerne mag. :wink:

kaonashi · 25. September 2019 um 12:50

@LDB

LDB schrieb:

MacRunrig schrieb:

@LDB
In diesem speziellen Fall weckt das Aussehen Vorfreude auf den Inhalt und steigert insofern das Erlebnis auf globalgalaktischer Ebene.

Das ist ja eine beeindruckende Spreche und tolles Synonym für "oberflächlich" wie mir das terrestrische Interwebs gerade verraten hat.

Ich weiß nicht, ob man hierbei tatsächlich von Oberflächlichkeit reden kann, denn nicht oberflächlich wäre dann demnach jemand, der sich absolut nicht vom Aussehen "täuschen" lassen würde und aufgrund seiner Kenntnisse, Erfahrung und Expertise Whiskys zu einem gewissen Grade "objektiv" bewerten könnte. Wie wir aber alle wissen: Geschmacksempfinden, Wahrnehmung, Art und Weise, wie etwas erlebt wird - dies alles ist subjektiv, denn der Mensch wird nun mal von Emotionen beherrscht und geleitet. Ist der Mensch also nicht von Natur aus oberflächlich?

PS: Bei meinem "Experiment" ging ich davon aus, dass die Flüssigkeit dem Probanden unbekannt ist.

SmokeyRuhr · 25. September 2019 um 15:58

Dank Blindverkostungen kann ich sagen, es klappt bei mir blind genau so gut wie mit dem Wissen, welcher Whisky es ist. Das Ergebnis ist immer irgendwo zwischen "schmeckt mir hervorragend" und "kann man trinken"...

Ich denke, auch die Verpackung würde daran nichts ändern.

Eine hochwertig aussehende Verpackung vermittelt zwar den Eindruck, der Inhalt müsste etwas Besonderes sein und daher auch so gut schmecken, aber das macht die Jahreszahl auf dem Whisky auch. Mag sein, dass ein 30jähtiger Whisky "besonderer" ist, als ein 10jähriger. Trotzdem muss er mir nicht besser schmecken. Vermutlich ist er aber trotzdem teurer und vielleicht auch besser verpackt...

Ich glaube daher nicht, dass mich eine tolle Verpackung dazu veranlassen würde, einen Whisky als für mich besser einzuschätzen. Mag sein, dass ich ihn teurer, vielleicht wertvoller schätzen würde, aber nicht für geschmacklich besser.

Aber andersherum gibt es da für mich schon einen Punkt, den ich "noch" für erwähnenswert halte.

Wenn ich einen Whisky habe, der mir hervorragend gefällt, der dazu auch noch recht alt und teuer ist (für meine Verhältnisse), dann finde ich es schöner, wenn auch die Verpackung dementsprechend schön ist.

Aber das wäre dann ja individuell verschieden und daher sind die meisten Whiskys ja auch in ganz netten Röhren untergebracht.

Mir gefällt zum Beispiel die Verpackung vom Glenmo 18 wesentlich besser, als die vom Allardice Bunna, Laphroaig oder Talisker. Nützt dem Geschmack aber nichts.

Insofern finde ich es ok, wenn eine Brennerei die Wertigkeit (Alter/Preis) auch in der Verpackung ausdrückt, aber bitte ohne hohe Kosten für die Verpackung aufzuschlagen. Ist aber kein Kaufgrund für mich, eher eine nette Zugabe.