Pflichtangabe Alkoholgehalt - Hilfe bei Datierung oder nur Druckfehler?

  • carrygold
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    Dabei seit: 01.04.2021Beiträge: 387Bewertungen: 0

    Hallo zusammen,


    mich hat das Auktionsfieber gepackt und ich habe einen alten Blend ersteigert. Dieser wurde vom Verkäufer in die 50s datiert. Interessant ist das ganze, da es sich nicht um die Standardflasche des Blends handelt, sondern eine 40oz Variante. Ich habe stundenlang über den Hersteller und die Abfüllung recherchiert, da ich selber die Datierung nachvollziehen möchte und einfach neugierig bin. 


    Jetzt zur eigentlichen Frage: Ab wann wurde es rechtlich zur Pflicht, einen Alkoholgehalt auf der Flasche anzugeben? Ich finde einfach keine Angabe auf der Flasche. Die normale Standardflasche aus den 50ern hat die Alkoholangabe direkt vorne auf dem ähnlich gestalteten Label stehen. Meine Version nicht. Eine allgemeine Information finde ich auch nicht. 


    Die 40oz Flasche habe ich bei meiner Suche auch nur einmal gefunden: Ein Forenbeitrag mit der Flasche und einer originalen Umverpackung, auf der zumindest vorne auch kein Alkoholgehalt zu sehen ist. Interessanterweise scheint auf der Flasche des Besitzers nachträglich ein alter roter Aufkleber mit der Alkoholangabe zu sein. Vielleicht wurde es auch einfach beim Labeldruck vergessen. Ich würde die Bilder verlinken, aber glaube das ist hier nicht erlaubt? Die Worte zu der Flasche waren: „I recently opened a bottle of House of Lords Scotch that was bottled 70–90 years ago and it was very good.“


    Vielleicht kann mir jemand weiterhelfen:redface:

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  • maltstalker User maltstalker Dabei seit: 13.11.2021Beiträge: 783Bewertungen: 0
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    @carrygold 

    Moin ab dem 01.01.1980.

    An diesem Datum wurde die Alkoholangabe und die Bestimmung der Alkoholgehaltes in GB an die Regelung in der EU angepasst. In der EU war das wohl ab 1973 gesetzlich geregelt - einheitliches Messsystem..


    Davor war es keine Pflicht, es gab nur den Mindestgehalt in Proof per Gesetz.

    Erst 75°- 43%, dann 70°- 40%. Dieser musste aber nicht expilzit auf dem Lable ausgewiesen werden.

    Nach dem Motto: Ein Whisky muss mind. 40% haben, wenn man Whisky auf die Flasche schreibt, dann sind es mind. 40% und fertig. Wenn nicht machte man sich strafbar...


    Daher könnte ich mir vorstellen, dass Flaschen für Verkauf in UK nur ein Etikett ohne Alk.-Angabe hatten. Wenn die Flaschen in den Export sollten, hat man sich den örtlichen Vorschriften angepasst....


    https://www.legislation.gov.uk/uksi/1989/809/made


    Hie noch ein Link zur Lable-Gesetzgebung in Schottland...




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  • carrygold
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    @dailydram Vielen, vielen Dank für die Aufklärung! Ich bin tatsächlich davon ausgegangen, dass eine Pflicht viel früher eingeführt wurde, weil ich noch nie eine Flasche ohne gesehen hab.  


    Jetzt könnte es mir bei der Datierung insofern helfen, da alle anderen Abfüllungen des Blends mit 43% in der Flasche sind. Vermutlich hat meine Flasche demnach auch 43%. Ist natürlich nur eine Annahme. Könnte sie aber datieren, weil sie in den Zeitraum fallen würde, in dem 43% das legale Minimum definiert haben? 


    Vielleicht bin ich ja auf dem Holzweg und es gibt viel einfachere Zeichen für eine Bestimmung. Hier also ein paar Bilder für alle Interessierten:image
     

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  • maltstalker User maltstalker Dabei seit: 13.11.2021Beiträge: 783Bewertungen: 0
    , letzte Änderung 21. Februar 2022 um 18:54
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    @carrygold 

    Ist auch nicht allein auf meinem Mist gewachsen. Ich hatte mal was zu Lables gesucht und mich anwas erinnert...

    Bei Wiki-Dingsbums wird man fündig wenn man nach Proof GB/UK sucht.

    Dann noch diese Seite hier: https://thewhiskeywash.com/lifestyle/show-proof-proof-system-came/


    Sieht für mich seriös aus und anhand der Detialangaben welche gemacht werden, sollte man entsprechende Quellen zum Beleg finden können.


    Zu den 43/40% zitiere ich das mal "kurz"


    Changes in Minimum Proof Laws

    In the U.K., strength was not regulated until September 1st, 1879, when an amendment to the Sale of Food & Drugs Act 1875 fixed the minimum strength at which whisky, rum, and brandy might be offered for sale at 75°proof (43%ABV), with no upper strength limit. There was no requirement to state the strength on the label and it would seem that the usual strength, at least for premium brands, was between 100° proof (57%ABV) and 88° proof (50%ABV).


    So when in 1916 the Central Control Board (Liquor Traffic) was required by David Lloyd George, Secretary of State for War (and Prime Minister the following year), to make 75° proof the maximum strength at which spirits could be sold in the U.K. – reduced to 70° proof (40%ABV) next year, the whisky trade was not happy.


    Demnach gelten die 40% seit 1917. Somit waren die 43%-Abfüller ewig gestrige Traditionalisten oder wollten so vielleicht eine höhere Qualität vermitteln?


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  • carrygold
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    @dailydram Also die Flasche muss nach 1933 abgefüllt sein. Whiteley hat dann erst Edradour gekauft und hauptsächlich für diesen Blend verwendet. Joa, 43% sind dann wohl einfach ein traditioneller Wert. 


    Ich hatte schon Edradour selbst kontaktiert. Anscheinend besitzen die keine Aufzeichnungen über irgendwelche Abfüllungen in den 50ern und älter.

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  • maltstalker User maltstalker Dabei seit: 13.11.2021Beiträge: 783Bewertungen: 0
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    @carrygold 

    Ja an sich eine spannende Flasche. Die 40 oz sind auch so ein Ding, und die Form. Das Netz spuckt fast nur die Quaderpullen aus.


    Könnte auch ein früher? Export in die USA gewesen sein, oder Kanada... Es gibt Flaschen von Cutty und Dewars, in 40 oz. Die 40 oz waren anscheinend eine gängige Größe in den USA. Wobei dann auch wieder die Art der OZ zu klären wäre... Die Flüssigunze in den USA ist etwas größer als die im Imperial System in GB... So zwischen 1,1 und 1,2 Liter.

    Da gibt es Etiketten mit 40 oz und dann wieder welche, die präzisieren in 40 oz - Imperial... es steht dann aber auch 86,6 Proof mit drauf.. also 43,3% und teilweise der Name des Importeurs für die USA.


    Wie es auch ist, ich melde jetzt schonmal ein Sample an :mrgreen::mrgreen:!!!

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    @dailydram  Tja, scheint wohl ein Mysterium zu bleiben. 


    Vermutlich werde ich die Flasche echt teilen. Der erste Slot ist dir gesichert:lol: 


    Ein Ansatz ist auch noch über die Herstellungsart der Flasche zu gehen. Das ist aber so eine Wissenschaft für sich. Mal schauen, ob ich da noch was finde...

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  • maltstalker User maltstalker Dabei seit: 13.11.2021Beiträge: 783Bewertungen: 0
    , letzte Änderung 22. Februar 2022 um 12:59
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    @carrygold 

    So ich hab mich gestern nochmal durch ein paar Aukitonen usw. gewühlt und habe hier ne Theorie.

    1. 40oz = Imperial Ounzes.

    - Was ich zum Blend gefunden habe besagt, dass House of Lords bis 1996 allein für den Export hergestellt wurde. Hauptabsatzgebiet Nordamerika.

    In Kanada waren/sind Imp. Ounzes eine gängige Flaschengröße für Schnappes. Da die Imp. Ounzes größer sind als die US Ounzes, kann man 40oz Flaschen nur in Kanada kaufen. Die koloniale Verbindung mit dem Empire lebt ja bis heute fort.


    2. Keine Alkoholangabe, da in GB bis 1980 nicht verpflichtend. Hier bleibt man dann im Export an Empire orientiert. Vielleicht war die Gesetzgebung in Kanada auch einfach an die in GB  - einfacher für Exporte - angepasst.


    3. Die Etiketten

    - Edradour wurde 1933 übernommen. Abfüllung also nach 1933....

    Das Wappen auf dem Etikett wurde geändert. Das alte Wappen wie hier wurde durch ein neues Wappen - vermutlich Sankt Georg = zwei Drachen + Helm für Georg als Drachentöter + Schild - ersetzt. Es steht weiterhin Edradour drauf, mit neuem Wappen, dann nach einer Zeit mit neuem Wappen, wechselt es zu Glenforres/Glenlivet. Danach verschwiden die beiden Punkte zw. H * Wappen * L. Dann wechselt das Etikett von Leith auf Pitlochry

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    4. Der Korken

    Leider habe ich keine Belege gefunden, aber der Schraubverschluss soll sich ab Mitte/Ende der 1950'er etabliert haben. Wann genau auf Screw Caps umgestellt wurde, erschließt sich mir nicht richtig...


    Es gibt Flachen mit neuerem Etikett, aber noch mit Korken... Dann kommen irgendwann die Screw Caps. Es gab aber auch wohl weiterhin noch Abfüllungen mit Korken bis gegen Ende der 1960'er dann aber mit dem neuen Etikett image


    Somit dann das Theorem:

    Eine Abfüllung für den Kanada Export, nach 1933 und vor ca. 1960.

    Das sind dann zumindest nicht mehr als 27 Jahre Spielraum.

    Wenn man rausfinden kann, wann das Wappen geändert wurde, sollte man sehr nah ran kommen.

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    @dailydram Geniale Zusammenfassung! Wieder ein riesengroßes Dankeschön!:redface:


    Der Zeitraum und deine Argumente höheren sich absolut schlüssig an und decken sich mit meiner Recherche.


    Das unterschiedliche Wappen ist mir auch aufgefallen, aber ich kann das nicht weiter deuten. Google Image Search kann damit nichts anfangen. Das auf meiner Flasche scheint eher ein „fiktives Modell“ zu sein. Beide Wappen waren wohl in den 50s von Whiteley in Gebrauch. Das Alte auf dem House of Lords und das „Echte/Neue“ auf dem "King's Randsom" Blend. Jetzt nicht relevant für die Datierung, aber schön in einer Anzeige aus 1956 zu sehen:

    image


    Edradour hat mich jetzt noch an das Archiv von Chivas weitergeleitet. Eine Antwort steht noch aus. Würde mich aber wundern, wenn die mehr als Edradour wissen.



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    Noch ein Nachtrag..

    Ich habe mir auch mal die andere große Marke von Whiteley angesehen, den

    King's Ransom Scotch. Dabei fällt auf, dass beide Marken das gleich Wappen tragen.

    Beim H. o. L. war es ursprünglich nur das Wappenschild mit den 4 Tieren darin.

    Beim King's Ransom war es schon immer das spätere Wappen mit den beiden Drachen. Der Wappenschild ist aber bei beiden gleich gewesen, von Anfang an.

    Man hat bei H.o.L. also erst nur einen Teil des Wappen des K. R. abgedruckt und dann vereinheitlicht.


    Auf den Etiketten des K. R. klärt sich dann auch dieser Whiteley's Co. und Glenforres - Glenlivet Wirrwar auf. Whiteley hat Edradour gekauft, die Firma wohl in Glenforres-Glenlivet umbenannt und Whiteley's als Tochterfirma weitergeführt.


    K. R. als Glenforres-Glenlivet Blend, hergestellt von der Whiteley's Co. die wiederrum ebenfalls H. o. L. hergestellt haben.

    Bei beiden Blends taucht daher Edradour auf dem Etikett auf - als Brennerei - und Teil der Glenforres-Glenlivet Distillery Co.

    Auf den Etiketten des K. R. kann man den Zusammenhang gut erkennen.
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    So, alles Andere kann sich jemand für seine Doktorarbeit vornehmen.

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