Caol Ila - Die Lost Distillery? Wann ist eine Brennerei noch die Ursprüngliche?

  • bennythemonster
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    User bennythemonster
    Dabei seit: 22.07.2011Beiträge: 192Bewertungen: 40
    , letzte Änderung 21. März 2022 um 15:53

    Ich habe vor kurzem in einem anderen Forum Caol Ila ist Lost Distillery bezeichnet - zumindest den ich im Glas hatte. Den Beitrag dazu gerne hier zur Diskussion. 


    Wann ist eine Brennerei noch die Ursprüngliche? 

    So oder so ähnlich könnte die Frage lauten, die ich in einem "Im Glas" Thread aufgemacht habe. Damit verbinden kann man auch die Frage wann eine Lost Distillery eigentlich schon oder noch eine Lost Distillery ist, eine einheitliche Definition gibt es dazu ja nicht. 

    Nur eine kleine Änderung im Produktionsablauf kann wesentliche Veränderungen im Whisky verursachen, zwar lässt sich mit der Form der Kühlung oder Höhe der Brennblasen schlechter Werbung machen als mit tollen Sherryfässern irgendeiner Bodega oder der direkt neben der Brennerei wachsenden Gerste, die nur mit der Schei... einer besonderen Rasse Kühe gedüngt wird, dennoch sind die Abläufe extrem wichtig und manche Veränderungen werden sehr bewusst vorgenommen....oder es sind wie bei Ardbeg schlicht Unfälle image

    Im Thread hatte ich von Caol Ila als Lost Distillery geschrieben, da ich eine Abfüllung von 1969 im Glas hatte. In vielen deutschen Whiskyshops wird bei Caol Ila von einer umfangreichen Modernisierung ab 1972 gesprochen, was so aber nicht unkommentiert bleiben darf. Immerhin wurde die gesamte Brennerei abgerissen und an gleicher Stelle ein neues "Caol Ila" gebaut, nur das markante Lagerhaus blieb stehen, der Rest wurde dem Erdboden gleichgemacht. Ausstattung, Brennblasen usw. sollen sich an der Vorgänger-Brennerei orientiert haben, was aber zumindest mir bei den bisher verkosteten Malts auffiel: die Caol Ila von vor 1969 kommen viel medizinischer daher, mehr Jod und Krankenhaus. Gut, das war erst mein Dritter CI von vor 1972, aber viele werde ich wohl nicht mehr in die Hände bekommen. Caol Ila und der Abriss/Neubau sind natürlich ein krasses Beispiel - daher mal kurz ein Ausflug in die Lowlands. 

    Sehr auffällig sind zum Beispiel die Unterschiede bei Bladnoch, eine aus meiner Sicht völlig unterbewertete Brennerei, die aber je Jahrzehnt eine völlig andere Qualität lieferte. Da haben wir die Vor-Armstrong-Ära, die Armstrong-Ära mit modernisierten Washbacks und neuen Brennblasen, die kurze Dave-Prior-Ära-1, dessen junge Abfüllungen zumindest einen eigenen Stil zeichnen und aktuell am Markt erscheinen, und bald die Dave-Prior-Ära-2, weil der australische Unternehmer den Bladnoch Charakter deutlich leichter haben wollte, ließ er zuletzt die Hälse der Brennblasen umbauen, was einen komplett neuen Spirit erzeugt. Also wer die alten Bladnoch oder die aktuellen (älteren Abfüllungen) mag: deckt euch ein. 

    Aber zurück nach Islay und zu Caol Ila. Die moderne Riesenbrennerei mit ihren effizienten Produktionsprozessen war während der Whiskykrise zugleich der Todesstoß für eine andere bekannte Islay-Brennerei: Port Ellen, aktuell noch eine Lost Distillery - bald dann wohl nicht mehr? Dennoch werden viele Whiskyfreunde zwischen den alten und neuen Abfüllungen unterscheiden. Ob die spätere Brennerei Port Ellen nachher in den Produktionsabläufen noch ähnlich ist.... wir werden sehen. Bei Rosebank wird es auch spannend. Natürlich werden die Marketingabteilungen auf dem Ruhm der früheren Abfüllungen aufbauen und wir können sicher sein, die ersten dreijährigen Releases werden kurz nach ihrer Veröffentlichung hohe dreistellige Beträge auf diversen Plattformen erreichen. Dabei ist bei vielen abgerissenen Brennereien ja gar nicht mehr bekannt, wie lange fermentiert, welche Art von Gerstenmalz verwendet oder wie genau gebrannt wurde. 

    Hier ein krasses Beispiel: Die Literatur schreibt heute immer noch davon, das die Highland-Brennerei Glen Mhor mit zwei Brennblasen produzierte, einer Wash-Still (8128 Liter) sowie einer Spirit-Still (6919 Liter). Glen Mhor wurde erst 1986 abgerissen, aber dass die Brennerei bei der Demontage eine dritte Brennblase (12.274 Liter) umfasste, daran konnte man sich nur ein paar Jahre später schon nicht mehr erinnern. Erst eine private Initiative recherchierte jahrelang und fand mehrere Fotos der 1925 eingebauten Brennblase. Warum eignet sich das Beispiel so gut? Weil Glen Mhor eben Diageo-Brennerei war, in dessen Archive sich keine Unterlagen mehr fanden. Was Diageo also aus Port Ellen macht? Wir dürfen die zukünftigen Marketingtexte zumindest mit leichter Skepsis lesen. 

    Welche Veränderungen in der Produktion sind dir dann auch im Geschmack aufgefallen oder waren für dich wesentlich?


    Das folgende Foto zeigt Caol Ila im Jahr 1960, 12 Jahre später wurde die Brennerei abgerissen. 

    image



    Foto: Diageo Archiv, Nutzungsrechte zu nicht kommerziellen Zwecken vorhanden. 

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  • dRambo User, Moderator dRambo Dabei seit: 23.09.2015Beiträge: 19,319Bewertungen: 3
    , letzte Änderung 21. März 2022 um 14:31
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    @bennythemonster deine Beiträge sind nicht postbar wenn sie die Namen von Konkurrenzunternehmen enthalten - siehe AGB

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  • bennythemonster
    Themenersteller
    User bennythemonster
    Dabei seit: 22.07.2011Beiträge: 192Bewertungen: 40
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    dRambo schrieb:

    @bennythemonster deine Beiträge sind nicht postbar wenn sie die Namen von Konkurrenzunternehmen enthalten - siehe AGB

    Ich ändere das Wort - Konkurrenz wird scheinbar sehr streng ausgelegt und in dem Fall war es ja auch abwertend gemeint ;-) 
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  • dRambo User, Moderator dRambo Dabei seit: 23.09.2015Beiträge: 19,319Bewertungen: 3
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    dRambo schrieb:

    @bennythemonster deine Beiträge sind nicht postbar wenn sie die Namen von Konkurrenzunternehmen enthalten - siehe AGB

    Ich ändere das Wort - Konkurrenz wird scheinbar sehr streng ausgelegt und in dem Fall war es ja auch abwertend gemeint ;-) 

    @bennythemonster korrekt - binär halt.

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  • maltaholic User maltaholic Dabei seit: 29.07.2014Beiträge: 36,762Flaschensammlung:maltaholics KellergeisterBewertungen: 1051
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    @bennythemonster 


    Schöner Beitrag.

    Regt zum Nachdenken an…

    “Whisky, like a beautiful woman, demands appreciation. First you gaze, then it's time to drink.” ― Haruki Murakami


    Meine Samples „malta‘s malts“ 

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  • DominikBraun User DominikBraun Dabei seit: 19.10.2019Beiträge: 2,013Bewertungen: 5
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    dRambo schrieb:

    @bennythemonster deine Beiträge sind nicht postbar wenn sie die Namen von Konkurrenzunternehmen enthalten - siehe AGB

    Ich ändere das Wort - Konkurrenz wird scheinbar sehr streng ausgelegt und in dem Fall war es ja auch abwertend gemeint ;-) 

    @bennythemonster Eine abwertende Erwähnung ist noch problematischer als eine positive :smile: Aber schöner Beitrag, ist eine interessante Sicht auf die Dinge.
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  • ottonormalt User ottonormalt Dabei seit: 27.01.2022Beiträge: 1,318Bewertungen: 0
    , letzte Änderung 22. März 2022 um 11:46
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    Ich habe vor kurzem in einem anderen Forum Caol Ila ist Lost Distillery bezeichnet - zumindest den ich im Glas hatte. Den Beitrag dazu gerne hier zur Diskussion. 


    Wann ist eine Brennerei noch die Ursprüngliche? 

    [...]
    Welche Veränderungen in der Produktion sind dir dann auch im Geschmack aufgefallen oder waren für dich wesentlich?


    [...]

    @bennythemonster    Danke für den Beitrag.


    Einer meiner ersten, vielleicht sogar mein erster Single Malt war in der Tat ein Caol Ila von GM (vermutlich aus Ende 60er). Etwas später hatte ich noch einen von GM aus 1966 (bis 1995). Einerseits haben die mein Interesse für Single Malts bestärkt, andererseits fand ich Caol Ila wirklich heftig medizinisch, „zu starker Tobak“, so dass ich viele Jahre keinen mehr hatte. Gelegentlich habe ich aber doch ganz gerne mal einen rauchigen Islay-Whisky, aber erst vor kurzen wieder einen Caol Ila. Der war völlig anders als ich das erwartet habe, völlig „weichgespült“ gemessen an meinen Erinnerungen. Das hat mich überrascht. Macht Caol Ila verschieden rauchige Spirits?  Deine Ausführungen zeigen mir eine andere mögliche Erklärung.

    Volumenprozent ist durch nichts zu ersetzen — außer durch noch mehr Volumenprozent.


  • Martines User Martines Dabei seit: 22.04.2020Beiträge: 1,311Flaschensammlung:Nicht komplettBewertungen: 17
    , letzte Änderung 27. März 2022 um 15:09
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    Ja. Das Marketing Gewäsch von Tradition und Kunst und die Legende, dass ersetzende Brennblasen die gleichen Dellen erhalten, wie sie die alten hatten verfängt irgendwie nicht mehr, wenn Destillerien auf der anderen Seite durch den Einsatz weiterer neuer Brennblasen ihren Ausstoß einfach so verdoppeln können (Ardbeg, Kilchoman).

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