Themenwoche #6: Einsteiger Leitfaden - Die ersten Schritte

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  • Lucky65 User Lucky65 Dabei seit: 15.02.2018Beiträge: 6Flaschensammlung:Lucky65s SammlungBewertungen: 70
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    Toller Bericht. Intuitiv habe ich mich wohl treiben lassen und dabei für mich entdeckt, dass ich mehr auf die fruchtigen, süßen Whiskies stehe. Es darf aber auch mal etwas mehr Sherry sein und ab und an auch ganz leichter Rauch. Aber auch das kann sich im Laufe der Zeit ja ändern. Dein Satz: "Whisky ist kein Rennen, sondern eine Reise durchs Paradies." gefällt mir an dieser Stelle. So richtig in die Schei.. bin ich noch nicht getreten (hatte wohl Glück).


    Gruß Thomas

    Quin schrieb:
    Viele von uns werden diese Geschichte selbst durchgemacht haben.. Man hat irgendwo einen tollen Whisky probiert und dann schaut man ins Internet um Informationen zum Whisky zu bekommen. War das ein guter Whisky? Was sagen andere zu diesem Whisky? Schon hat man Horst gefunden und schaut sich diverse Videos an. Man beschließt im Eifer auch direkt 2 bis 4 Flaschen zu bestellen, da die Auswahl erschlagend ist und man sich ein Bild davon verschaffen möchte, was es alles so gibt. Und wie stark sich die Abfüllungen tatsächlich unterscheiden.. Helfen Horsts Videos da tatsächlich weiter? Oder, helfen sie weiter wenn man sich nicht vorher mal mindestens zwei Wochen damit beschäftigt und das Ganze wirklich etwas durchschauen kann? Ja und nein.

    Sicher kann man sich einen groben Überblick verschaffen. Allerdings hat auch jeder von uns festgestellt, dass man anhand der Aromen/Geschmäcker nicht eindeutig sagen kann, ob einem die Whiskys auch schmecken. Vielleicht stellt man sich Nüsse in einem Whisky besonders lecker vor und sucht sich daher einen mit Nüssen raus. Das kann, aber muss nicht zwingend für uns passen. Wir wissen weder ob wir die Nüsse überhaupt finden, noch ob vielleicht eine der anderen Aromen viel weiter im Vordergrund steht und uns NICHT gefällt. In so einem Fall kann sich der zuvor lecker scheinende Whisky als untrinkbar entpuppen. Allerdings kann das auch andersrum laufen. So schätzen viele Genießer zB die phenolischen Noten, die teilweise in rauchigen Whiskys auftreten. Oder auch Kuhstallgeruch, Gummi und parfümierte oder florale Noten. Auch Klebernoten oder Möbelpulitur kann man lieben, hassen oder gar nicht finden.

    Wie sollte man also nun vorgehen? Da gibt es einige Möglichkeiten. Am Anfang wird man sich wahrscheinlich ein Stück weit treiben lassen und das ist auch gut so. Auch ist es nachzuvollziehen, wenn man sich nicht nur mit den sogenannten "Anfängerwhiskys" rumschlagen möchte. Zugegeben ist da aus meiner Sicht zwar etwas dran, aber es wird trotzdem jeder sagen können, ob Whisky XY ihm schmeckt oder nicht. Und nur darauf kommt es letzten Endes an. Also, lasst euch treiben :wink:

    Ich versuche hier aber nun eine Vorgehensweise bzw. einen Überblick zu verschaffen, wie man grob einschätzen kann wohin die Reise geht. Welche Whiskys gleichen sich? Sind die Whiskys zwingend mit ihren Regionen zu verbinden? Kann man bestimmte Brennereien weglassen? Muss man wirklich alles probieren? Wenn der Geschmack nicht zwingend mit der Herkunft in Verbindung zu bringen ist, wonach kann man dann gehen?

    Vorweg: Es gibt über 100 schottische Brennereien mit zum Teil vielen verschiedenen Abfüllungen die dauerhaft verfügbar sind. Daher bespreche ich vorerst nur die Brennereien, die einem in der Whiskywelt andauernd um die Ohren gehauen werden. Es geht um die eher bekannteren Brennereien. Warum? Ganz einfach, weil Abfüllungen der eher unbekannten Brennereien wahrscheinlich nicht unbedingt dazu geeignet sind um sich ein Bild zu verschaffen. Bekanntere Abfüllungen eignen sich weitaus besser um sich daran orientieren zu können. Zweitens sind die meisten schon "heiß" darauf, da deren Namen öfters auftauchen und so das Interesse geweckt wurde.

    Wir orientieren uns zuerst an den jeweiligen Regionen. Was haben die Regionen jetzt mit dem Whisky zu tun? Nun, früher haben sich die Techniken und Vorgehensweisen in den Brennereien regional angeglichen, da das Wissen der Betreiber und Mitarbeiter von einer zur anderen Brennerei getragen wurde. Mitarbeiter haben teilweise auch zu unterschiedlichen Zeiten des Jahres in verschiedenen Brennereien gearbeitet. Auch befreundete Brennereibesitzer haben sich ausgetauscht und einander geholfen oder auch nur mal einen Tipp gegeben.

    Speyside (ca. 50 Brennereien)
    Die Speyside ist die heutige Hochburg der schottischen Whiskyproduktion. Der Charakter ist leicht und weich. Vanillie/Karamell mit Apfel/Birnen-Noten sind hier im Normalfall in 90% der Abfüllungen vertreten.

    Highlands (ca. 30 Brennereien)
    Die Highlandwhiskys sind denen der Speyside teilweise gar nicht so unähnlich. Das liegt auch daran, dass die Speyside ein Teil der Highlands ist. Bei Brennereien aus den Highlands lohnt in jedem Fall ein Blick auf eine Karte zu werfen, auf der die Brennereien eingezeichnet sind. Da die Highlands an alle anderen Regionen Schottlands grenzen, gibt es hier viele verschiedene Einflüsse. Die an die Speyside grenzenden Brennereien, sind daher im Normalfall ebenso leicht und weich. Die an den Küsten liegenden ähneln teilweise eher den den Inselwhiskys, die südlich gelegenen eher denen aus den Lowlands usw...

    Lowlands (ca. 3 Brennereien)
    Den Lowlands wird ein sehr weicher Charakter zugeschrieben. Das liegt sowohl an eher leichten Aromen, als auch dem milden Alkohol, welcher durch die dreifache Destillation erzeugt wird (gegenüber der sonst üblichen 2fach Destillation). Diese Charaktereigenschaft hat sich aber im Laufe der Zeit etwas verflüchtigt. Erstens wird bei den heutigen Brennereien nicht mehr zwingend traditionell 3fach gebrannt und zweitens sind diese Whiskys auch durch starke Fassreifungen (zB 1stfill Bourbon, Virgin Oak, Wein/Sherry, europ. Eiche) in anderer Hinsicht ziemlich "aufgeladen".

    Inseln (ca. 7 Brennereien)
    Auf den Inseln wird nicht nur das Klima, sondern auch der Whisky rauer. Ob das eine mit dem anderen zu tun hat, scheint auch unter Profis eher eine Glaubensfrage zu sein. Jedoch sind sie etwas angreifender - in welcher Form auch immer. Ob sie nun eine gewisse Würze, etwas Rauch oder sonstiges mit dabei haben, liegt teilweise nur im Empfinden des Verkosters. Auch die Nähe zum Meer lässt öfters Salz oder eine maritime Note assoziieren. Die Inselwhiskys unterscheiden sich untereinander stärker als die aus anderen Regionen wie zB aus den Highlands oder der Speyside. Dies mag zum Teil auch an der geographischen Streuung rund um das schottische Festland liegen.

    Islay(ca. 8 Brennereien)
    Hier kommen die stark rauchigen Abfüllungen her. Vor allem die Whiskys von Islay's Südküste lassen den Liebhabern der rauchigen Malts die Herzen aufgehen. Allerdings hat Islay mehr zu bieten. Bei Bruichladdich und Bunnahabhain liegt zB der Fokus auf nicht-rauchige Abfüllungen und auch sie sind sehr beliebt.

    Campbeltown (ca. 3 Brennereien)
    Aus heutiger Sicht ist sie vielleicht eher ein Art "Randerscheinung". Früher war Campbeltown allerdings die Hochburg der schottischen Whiskyindustrie. Diese Region befindet sich auf der Halbinsel Kintyre und kann auch am ehesten den Brennereien aus der Region "Inseln" zugeordnet werden. Getreide und Malznoten sind mit unterschiedlich starkem Rauch und teilweise maritimen Noten vereint. Vor allem Springbank (Marken Hazelburn, Springbank, Longrow) wird dabei etwas "dreckig" & "ursprünglich" wirkendes zugesprochen. Dies ist jedoch nicht grundsätzlich als negativ zu bewerten, auch wenn es vielleicht im ersten Moment so klingen mag.

    Kritikpunkte:
    Früher konnte man wahrscheinlich eher nach den Regionen gehen um einschätzen zu können was einen erwarten wird. Heutzutage ist das nicht mehr ganz so einfach. So kann man bei stark rauchigen Abfüllungen aus den Highlands oder der Speyside schon mal stark an Islay erinnert werden. Auf der anderen Seite kann man aber auch bei einem nicht-rauchigen Caol Ila dem Charakter eines Islay-Whiskys vermissen. Die Abfüllungen und Experimente sind so zahlreich geworden, dass die Unterteilung oft wirklich gar keinen Sinn mehr macht. Auf Islay gibt es alle möglichen Arten von Whisky, die Inseln sind geschmacklich kunterbunt, die Highlands grenzen an alle anderen Regionen und spielen so überall mit und die Lowlands haben in den meisten Fällen das was sie ausmacht verloren. Auch wird es (vor allem als Anfänger) schwer fallen oder sogar unmöglich sein, einen sehr voluminösen Sherrywhisky (langes Finish oder Vollreifungen) einer bestimmten Region zuordnen zu können. Auch wenn man die bestehenden Regionen ausblendet und die Zuordnung nach geographischer Lage machen würde, kommt man nicht zwingend zur Erleuchtung. Glenmorangie liegt zB auch an der Küste, ist aber offiziell ein Highlandwhisky und tatsächlich/geschmacklich sehr stark an der Speyside orientiert. Es ist also teilweise sehr schwierig sich allein aufgrund der Region oder geographischen Lage einer Brennerei ein Bild der Whiskywelt zu verschaffen. Sicher gibt es noch viele sehr typische Beispiele, aber da muss man die richtigen kennen und sollte eher zu den jüngeren Ex-Bourbon gereiften Abfüllungen greifen. Bei diesen kommt der Brennereicharakter am deutlichsten heraus, da Sherry, Rauch und Alter den Whisky in dieser Hinsicht in seiner Ursprünglichkeit zu sehr bedecken können, bzw. die Brennereitypischen Eigenschaften zu abgerundet wurden um sie (vor allem) als Einsteiger erkennen zu können.

    Viel besser ist es aus meiner Sicht, es an den verschiedenen Arten von Whisky, basierend auf den Unterschieden der Herstellung auszumachen. Um das Ganze mal etwas vereinfacht auszudrücken, unterteile ich die wesentlichen Charaktereigenschaften mal in jeweils drei Stufen:

    Bourbonfass:
    -wenig Einfluss (ältere, oftmals wiederverwendete Fässer benutzt oder junger Whisky)
    -mäßiger Einfluss (kann durch längere Reifezeit in diesen Fässern oder durch relativ frische Fässer kommen)
    -starker Einfluss (entweder 1stfill/2ndfill Fässer verwendet oder sehr lange Reifedauer)

    Sherry-/Weinfässer:
    -leichter Einfluss (ein/wenige Sherry-Weinfass/fässer unter vielen Ex-Boubon)
    -mäßiger Einfluss (Finish 1-2 Jahre)
    -starker Einfluss (Vollreifungen oder großer Sherry-/Weinfassanteil oder 5-Xjähriges Finish)

    Rauch:
    -leicht bis kaum wahrnehmbar rauchig (bis 20ppm)
    -mäßig bis stark rauchig (bis 50ppm)
    -Super-heavily-peated (100ppm und darüber)

    Diese Kategorien sind grundsätzlich gegeben und können nun noch miteinander "spielen". So kann zB jeder Whisky der ersten beiden Kategorien auch noch leicht bis sehr stark rauchig sein usw.. Von daher landen wir, wenn wir alles probiert haben möchten, schon bei weit mehr als nur 5 Whiskys. Folglich werden wir noch weiter selektieren und nicht alles von "leicht" bis "stark" in jeder möglichen Variation probieren, sondern vorerst nur einen in jeder Richtung. In diesem Fall würde ich folgende Kombinationen zu Grunde legen.

    - Ex-Bourbon
    - Ex-Bourbon + Rauch
    - Sherry
    - Sherry + Rauch

    Warum nun genau diese Kategorien? Weil diese Whiskys den besten Eindruck verschaffen können, ohne dabei zu speziell zu werden.

    Ex-Bourbon Whisky:
    Hier empfiehlt es sich sich zu einem 10 bis 12 Jahre alten Speysider/Highlander zu greifen. Wer Glenfiddich 12/15 oder den Glenmorangie 10 bereits probiert hat, der kann diese Kategorie bei seinem ersten Einkauf auch weglassen, da genau diese Whiskys damit gemeint sind. Lasst euch nicht verwirren, wenn auf den Flaschen etwas von Sherry steht. Der Sherryeinfluss bei diesen Abfüllungen ist teilweise als marginal oder nicht wahrnehmbar einzustufen. Die Vanille-Noten sind zusammen mit hellen Früchten am prägendsten. Es gibt viele weitere Abfüllungen in diesem Bereich, daher kann es statt Vanille mal mehr Karamell oder Honig sein und die hellen Früchte durch Zitrusfrüchte wie Orangen oder Zitronen begleitet werden oder es treten exotischere Früchte wie zB Mangos oder Ananas auf. Teilweise werden auch malzige und florale Aromen ("Blumenwiese" ) dabei sein. Mal mehr, mal weniger, mal gar nicht. Tomatin 12, Strathisla 12, Glengoyne 10 oder Knockando 12 wären hier weitere Alternativen.

    Rauchiger Ex-Bourbonwhisky:
    Damit sind alle rauchigen Whiskys gemeint, die kein Finish und keine Vollreifung in Sherry-/Weinfässern bekommen haben. An erster Stelle kommen einem hier die drei rauchigen Ardbeg, Lagavulin und Laphroaig in den Sinn. Jedoch würde ich alle drei nicht als ersten rauchigen Whisky empfehlen. Denn sie bringen eher starke phenolische Noten und/oder andere markante Eigenheiten mit sich. Wenn man nun zB einen Laphroaig wählt, dann kann man sich an den phenolischen Noten stören und verteufelt von da an alle rauchigen Whiskys. Das wirft im ersten Moment wahrscheinlich ein falsches Bild auf alle anderen rauchigen Whiskys, die diese phenolische Note nicht in dieser Intensität oder gar nicht haben. Wenn man sich gar nicht sicher ist, dann würde ich einen aus meiner Sicht relativ neutralen Caol Ila 12 oder gar einen Johnnie Walker Black Label empfehlen um sich der Sache zu nähern. Ansonsten reichen vielleicht auch erst mal Miniaturen der drei erstgenannten. An all diesen Whiskys kann man sich aber stoßen! Ein anderer Weg könnten leicht rauchige Whiskys darstellen. Bowmore mit "nur" 30-35ppm ist aber doch schon als stark rauchig anzusehen und bringt ebenfalls andere markante Noten und vor allem auch oft Sherry mit. Auch Talisker wird an solcher Stelle immer gern genannt, aber dort kann wiederum die starke Schärfe stören oder auch nur in die Irre führen.

    Sherrywhisky
    Hier ist die Auswahl relativ groß und eindeutig. Ich empfehle hierbei vorerst auch keine Unterscheidung zwischen Finish und Vollreifung zu machen. Um eine Idee davon zu bekommen worum es geht, ist es egal. Die günstigeren Abfüllungen sind dabei auch meist alle "nur" mit Finish, aber es gibt Ausnahmen. Glenfarclas 12, BenRiach 12 Sherry (Achtung, es gibt auch einen 12J ohne Sherry), Glendronach 12, Aberlour 12 Sherry, Glenmorangie Lasanta oder Auchentoshan Three Wood sind hier weitere günstige Kandidaten. Achtet bitte bei allen auf die Alkoholstärke. Einige sind hier schon mit 43%/46% abgefüllt, was für den einen oder anderen Einsteiger evtl. störend sein könnte.

    Rauchiger Sherrywhisky:
    Hier kommt nun beides zusammen. Wer noch keinen rauchigen hatte, der kann diesen Whisky auch vorerst weglassen. Wenn Rauch euch nicht gefallen sollte, oder ihr es noch nicht wisst, dann müssen es nicht gleich zwei rauchige Abfüllungen sein. Empfehlungen sind hier gar nicht so einfach, da diese Kombination eher preisintensiv ist. Zudem gibt es die meisten dieser Art nicht dauerhaft und sie haben meistens mehr als 40%. Als beliebte Abfüllung gilt hier der Bowmore 15 Darkest. Ich persönlich habe meine Probleme damit, aber das ist subjektiv. Der Lagavulin 16 wird auch oft als Sherrywhisky angegeben, aber der Sherryeinfluss ist marginal oder gar nicht zu finden. Gleiches gilt in anderem Umfang für Ballechin 10 & Benromach 10.

    Wenn ihr jeweils einen probiert habt, dann könnt ihr besser selektieren. Ihr wisst nun, ob ihr Rauch generell nicht mögt oder vielleicht eher nur leichten. Ihr wisst was einen Ex-Bourbon Whisky ausmacht und was ein Sherrywhisky mitbringt. Die Sache mit europäischer und amerikanischer Eiche würde ich vorerst nicht zu sehr in den Fokus nehmen. Oft werden heutzutage auch bei Sherrywhiskys keine europäischen, sondern amerikanische Eichenfässer verwendet. Man kann sich da teilweise nicht sicher sein.

    Was ist von Empfehlungen zu halten?
    Kurz gesagt, fragt 10 Leute und ihr bekommt 12 Antworten. Bei jedem Whisky wird man hier positive und negative Meinungen finden. Es muss auch nicht zwingend immer einer besser sein als der andere. Im Endeffekt soll der Whisky gut schmecken - ENDE. Wenn man nun eine Frage nach einem leckeren Sherrywhisky bis 50€ stellt, wird man nach ein paar Tagen so ziemlich alle Abfüllungen in diesem Bereich empfohlen bekommen haben. Es nützt in dem Fall nichts sich Tage- oder Wochenlang Meinungen einzuholen. Man muss leider probieren um sich einen Eindruck zu verschaffen. Leider? Nein, zum Glück! Denn jeder Whisky ist anders. Auch wenn ich hier einige für eine bestimmte "Kategorie" Whisky empfohlen habe, wird auch jeder Anfänger feststellen, dass sie sich unterscheiden. Es muss dabei nicht immer ein besser/schlechter geben, es kann auch einfach nur "anders, aber gleich gut" sein. Es geht teilweise um Feinheiten, aber diese Feinheiten führen eben zu mehr oder weniger Genuss. Den perfekten für sich zu finden dauert. Unter Umständen seeeeehr lange. Auch wenn ihr schon glaubt euren persönlichen heiligen Gral gefunden zu haben, werdet ihr feststellen, dass es immer noch besser geht. Irgendwann ist es dann auch nur noch eine "Nuance" die dem Whisky fehlt bzw. die er schon zu viel hat. Diese Eigenheiten kann man auch nicht oder nur schwer in Worten oder Geschmacksbeschreibungen ausdrücken. Nur weil dort steht "Karamell, Nuss, Kirsche, Gewürze" weiß man noch lange nicht was einen erwartet. Außerdem weiß man nicht welche Aromen davon wie stark ausgeprägt sind oder ob man sie für sich selbst überhaupt als solche deuten würde.

    Wie am besten vorgehen?
    Die Mischung machts! Ich persönlich empfehle dringend von der Sampleecke/Probenbörse Gebrauch zu machen. So kann man sich am günstigsten in kürzester Zeit ein Bild machen. Das bedeutet nicht, dass man systematisch alle Brennereien durchgehen und nach Alter aufsteigend probieren muss. Aber man kann so auch schnell einiges ausgrenzen was einem nicht so gefällt oder langweilig erscheint und kann so Fehlkäufen vorbeugen. Denn wenn man erst mal eine Flasche davon hat und sie nicht mag, joa.. Dann muss damit irgendetwas passieren. Ist ärgerlich und wäre vermeidbar gewesen. Sucht euch daher einen Anbieter aus, der viele verschiedene Abfüllungen hat und bestellt euch ein paar (mehr). Dann kann euch auch besser geholfen werden. Wenn ihr gleich sagen könnt, welche euch gefallen bzw. nicht gefallen haben, dann können euch die Leute hier präziser helfen und ahnen in einigen Fällen schon woran es hängt ohne das ihr es ausgesprochen habt. Man kennt ja seine Pappenheimer und deren Ecken an denen man sich stoßen kann. Das schließt natürlich nicht aus, dass ihr euch gleichzeitig ganze Flaschen besorgt. Aber mit einem Sample vorweg seid ihr auf der sicheren Seite und kauft mit Freude und gutem Gewissen ein persönliches Highlight! Wenn ihr Samples bestellen solltet, dann nehmt auch gleich das ein oder andere exotische Finish mit. Mit Madeira, Portwein, Rotwein, Weißwein, Rum und vielen anderen Variationen ist die Auswahl groß. Auch eine Fassstärke darf dabei sein um sich da mal heranzutasten. Oder auch ein 25 Jahre alter Whisky. Macht euch frei von "nur Anfängerwhisky" und seht wohin die Reise geht! Ob man da nun alles verstehen/finden kann ist vorerst egal. Was zählt ist an dieser Stelle die Erfahrung so etwas mal probiert zu haben und vielleicht eine Idee davon zu bekommen wie sich das Alter äußert. Der Rest ist "schmeckt oder schmeckt nicht"! Wie auch sonst. Nur weil ein Whisky besonders alt, teuer, anspruchsvoll hergestellt oder gelobt ist, bedeutet das nicht, dass er euch schmeckt. Überhaupt nicht. Wo ihr ganze Flaschen kauft ist auch egal. Sicher freut sich Horst über eine Bestellung, aber die Whiskys im großen Supermarkt sind heutzutage keine schlechten. Ganz im Gegenteil, es sind die zwar eher günstigen, aber auch unter Genießern geliebten Abfüllungen. Ich empfehle aber dennoch online zu bestellen wenn es sich lohnt und die Whiskys portofrei kommen. Im Supermarkt werdet ihr noch oft genug sein und immer mal wieder spontan eine Flasche mitnehmen wollen. Kleiner Tipp: Bewahrt euch die entsprechenden Abfüllungen für solche Spontankäufe auf. Sonst habt ihr die am schnellsten durch und könnt "nur noch" bestellen. Wie gesagt, die Mischung macht es. Proben/Samples aus dem Forum für die Übersicht, Supermarktflaschen für die Spontankäufe und alles weitere dann bestellen.

    Falls ihr schon ein paar Whiskys probieren konntet, dann habe ich hier eine Liste von Whiskys gleicher Art. Wenn ihr also zB vom Glenfarclas 12 begeistert wart und nun eine ähnliche Abfüllung in diese Richtung sucht, dann seht nach wo der jeweilige Whisky ist und was in der gleichen Liste zu finden ist.

    Ex-Bourbon Whiskys (minimaler Sherryeinfluss möglich)
    Aberfeldy 12
    Arran 10
    Arran 14
    Auchentoshan 12, American Oak
    BenRiach 12 (nicht Sherry)
    Cardhu 12 / Gold
    Glengoyne 10
    Glenlivet 12
    Glenmorangie 10
    Knockando 12
    Bruichladdich Classic / Barley
    Strathisla 12
    Tomatin 12

    Whiskys mit geringem, aber deutlichem Sherryeinfluss
    Balvenie 12/17 Double Wood
    Auchentoshan Heartwood
    Glengoyne 12
    Knockando 15
    Knockando 18
    Macallan Gold
    Macallan Amber
    Tomatin 18

    Whiskys mit starkem Sherryeinfluss
    Glendronach 12
    Glendronach 15
    Glenfarclas 12 - 18
    Glenmorangie Lasanta
    Aberlour 12 Sherry
    Aberlour 12 Double Cask
    Aberlour 12 Non Chillfiltered
    Dalmore 12
    Dalmore 15
    Edradour 10
    Macallan Sienna

    Whiskys mit mittleren bis hohen Rauchanteilen ohne Sherry
    Ardbeg Ten
    Lagavulin 16
    Laphroaig 10
    Laphroaig Quarter Cask
    BenRiach 10 Curiositas
    Caol Ila 12
    Caol Ila Moch
    Kilchoman allgemein
    Port Charlotte Barley Serie

    Rauchige Whiskys mit Sherryanteil
    Ardbeg Uigeadail (Achtung %vol)
    Ardmore Portwood (Achtung Port Cask)
    Laphroaig Triple Wood
    BenRiach 17 Solstice (Achtung Port Cask und %vol)
    Lagavulin Distillers Edition
    Caol Ila Distillers Edition
    (Bowmore 15 Darkest)


    Hier fehlen nun einige teilweise sehr bekannte in der Liste und einige weniger bekannte. Vor allem einige der Insel- und Küstenwhiskys sind so eigenständig, dass ich sie weder in irgendeiner der anderen Listen, geschweige denn in EINER gemeinsamen Liste unterbringen mag. Abfüllungen von Highland Park, Talisker, Springbank (inkl. Hazelburn & Longrow), Jura und Tobermory (inkl. Ledaig) grenzen sich ziemlich vom ganzen Rest ab und sind auch untereinander ziemlich unterschiedlich. Für mich persönlich zählen hier auch noch Bowmore, Cynelish, Old Pulteney und Bunnahabhain mit rein. Alle in diesem Absatz haben etwas Eigenständiges und sind relativ anspruchsvoll zu genießen. Vor allem in jungen Jahren sind sie nicht ganz so "einfach", "rund", "glatt" oder "weich" wie viele andere. Diese Whiskys polarisieren. Es ist aber angeraten diese zu probieren. Sie können durch ihre Eigenheiten abschrecken, können aber auch gerade deshalb mal "etwas anderes" oder gar eine Offenbarung sein. Daher ist hier wie bei den Islay Whiskys eine Probe bzw. ein Sample vorab sehr empfehlenswert und einer ganzen Flasche vorzuziehen.

    Ebenfalls fehlen noch viele andere Brennereien. Vor allem in den Highlands und der Speyside gibt es sehr viele Brennereien, die ein "Schattendasein" führen. Sie haben zum Teil nur wenige oder nur eine und oftmals gar keine offiziellen Originalabfüllungen. Sie brennen den Whisky meistens für Blended Whisky Abfüllungen und werden zusammen mit Destillaten aus anderen Brennereien verschnitten und dann abgefüllt. Über unabhängige Abfüller erreichen sie den Genießer aber trotzdem. Sie sind meistens nicht im Gespräch und werden nur vergleichsweise selten empfohlen, da die unabhängigen Abfüllungen oft keine Konstanz haben und sich zu sehr unterscheiden bzw. auch den Fortgeschrittenen unbekannt sind. Ab und zu kommt dann aber doch mal eine richtig tolle Abfüllung und dann sind sie für einen gewissen Zeitraum im Gespräch. Jede dieser Brennereien hat Top-Abfüllungen dabei und sind deshalb nicht zu verachten. Sie ähneln sich untereinander aber stärker was ihren Charakter angeht und sind damit zu einem gewissen Anteil "austauschbar". Wer aber auch einem Ex-Bourbon Whisky etwas abgewinnen kann, der kann hier seine Perle finden. Brennerei A ist hier besonders weich, Brennerei B hat eine im Schnitt etwas floralere Note als andere, Brennerei C mehr Zitrusfrucht, Brennerei D etwas exotischere helle Früchte, Brennerei E öfters mehr Honig, Brennerei F eine krautige Würznote und so weiter.. Wer nun das ein oder andere besonders mag, der kann hier glücklicher werden als mit Abfüllungen der anderen bekannteren Brennereien - und das zu einem schmalen Preis! Auch hier gilt - probieren und dann urteilen. Ab und zu einfach mal einen davon probieren. Wer keine Wunder erwartet, der kann nicht enttäuscht werden und nur gewinnen. Wenns nicht gefällt, dann zumindest an Erfahrung...

    Genrell gilt:
    Lasst euch nicht stressen! Seht euch unsere Whisky-Cups (Forensuche: "Cup" ) an und stellt fest, dass einige der Genießer hier im Forum schon seit 10 oder 20 Jahren Whisky trinken auch sie kennen nicht alles. Bei weitem nicht. Man kann nicht alles kennen und probieren. Dafür wird der Markt aktuell viel zu sehr mit Neuerscheinungen geflutet. Außerdem würden die Finanzen und die Leber das nicht mitmachen. Macht es euch nicht schwerer als nötig. Macht keine Wissenschaft aus dem Thema wenn ihr es nicht wollt oder könnt. Es gibt auch zahlreiche Genießer, die nach 10 oder 20 Jahren keine Tasting-Notes feststellen können oder wollen. Schmeckt oder schmeckt nicht. That's it! Wie schon bereits mehrmals erwähnt, lasst euch treiben. Kauft Samples, kauft Flaschen, hier und dort mal einen bei Freunden und in der Whiskybar und alles ist gut. Whisky ist kein Rennen, sondern eine Reise durchs Paradies. Eine die niemals endet wenn ihr es so wollt... Ja, Ok, hier und dort tritt man auf so einer Reise auch mal in einen Haufen Schei.. Aber das gehört dazu! Ich hoffe es ist dann nur ein Sample gewesen..:wink:
    .
    @Quin 


  • schlückchenspecht User Dabei seit: 03.04.2018Beiträge: 3Bewertungen: 0
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    Als ich im letzten Jahr beim Start meiner Whisky-Karriere auf den Thread gestoßen bin, hat er viele nützliche Informationen geliefert und einige Fragezeichen ausgelöscht. In den letzten Monaten hat der Leitfaden mein Kauf- und Probierverhalten klar mitbestimmt. Vielen Dank für die nette Einstiegshilfe! :smile:

  • CaPre User Dabei seit: 18.07.2018Beiträge: 16Flaschensammlung:CaPres SammlungBewertungen: 0
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    @Quin 


    Toller Beitrag zur Orientierung. Danke! 

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  • jkberlin85 User jkberlin85 Dabei seit: 26.07.2018Beiträge: 2Bewertungen: 0
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    @Quin 


    Danke für die Arbeit und den tollen Beitrag! Es ist immer eine Bereicherung von langjährigen Kennern und Liebhabern noch einige Tipps zu erhalten. Bei der Masse an Brennereien und Marken ist es toll, wenn sich jemand die Zeit nimmt und auch mal den "Anfängern" einige gute Ratschläge mit an die Hand gibt. :smile:

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  • Coco_Malt User Coco_Malt Dabei seit: 18.10.2018Beiträge: 2,814Bewertungen: 26
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    @Quin 

    Vielen Dank für deine informative Zusammenstellung! Obgleich ich in den letzten Jahren schon an der Leerung der ein oder anderen Flasche aktiv beteiligt war, konnte ich bei der Lektüre noch etwas lernen.


    Außerdem werde ich deine Zusammenfassung an eine Bekannte, die sich das Thema "Whisky" demnächst zu eigen machen will, weiterleiten. Das wird sie vielleicht vor dem ein oder anderen Fehlkauf bewahren. ^^


    Cheers!

    "Wer nur Wasser trinkt, hat vor seinen Mitmenschen etwas zu verbergen."
                                                                                                      Charles Baudelaire

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  • Spearman User Spearman Dabei seit: 30.10.2018Beiträge: 2Flaschensammlung:Spearmans MencornerBewertungen: 3
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    @Quin Super Leitfaden. Vielen Dank!

  • GlenHardy User Dabei seit: 11.11.2020Beiträge: 19Bewertungen: 0
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    Herzlichen Dank für diese Fleißarbeit...

    Für einen Newbie sehr hilfreich.

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