Musik-Themenwochen

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  • Trico User Trico Dabei seit: 04.01.2017Beiträge: 4,494Flaschensammlung:Tricos SammlungBewertungen: 72
    , letzte Änderung 4. Juli 2019 um 06:09
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    Nur der eine Song - Juli 2019


    Mein persönlich außergewöhnlicher Song ist tatsächlich etwas außergewöhnlich. Er mag wohl weniger emotional sein aber er trifft mich jedes Mal mit seinem brachialen Inhalt. Aus diesem Grund bedarf es einer kurzen Ausführung... :biggrin:


    Es handelt sich um um Dylan´s elfminütiges Epos "Desolation Row"


    Wie bei vielen Dylan-Songs, gerade aus den Jahren 1964 - 1966, spielen die Lyrics die zentrale Rolle, und die Musik wirkt "nur" unterstützend und intensivierend. Denn rein musikalisch ist hier schon nach recht kurzer Zeit alles gesagt, es wird die selbe Melodie mit minimal anderen Chords in allen 10 Strophen wiederholt. Vor und nach der letzten Strophe schiebt Dylan eine Mundharmonika-Passage ein. Es wirkt etwas langatmig - aber mit einem Grund: Dylan legte seinen Hauptfokus auf die Texte, und da war nach der Hälfte eben noch lange nicht alles gesagt. Man muss sich mit den Lyrics befassen, wenn man den Song wirklich als das sehen will, was er tatsächlich ist, nämlich ein absolutes Meisterwerk.

    In den ersten 9 Strophen wird jeweils eine bestimmte Szenerie beschrieben, teils mit bekannten Figuren aus Literatur und Geschichten, teils mit realen Geschehnissen, wobei stets sehr bewusst eine betont metaphorische Erzählweise verwendet wird. In jeder Strophe wird damit eine spezifische Charaktereigenschaft beleuchtet und die jeweiligen Figuren dahingehend bewertet. Da alle Protagonisten immer für eine ganze Bevölkerungsgruppe stehen, ist der Song durchaus wieder sehr gesellschaftskritisch - nur nicht so offensichtlich wie auf Dylans frühen Folk-Alben, sondern verschachtelt, hintergründig und poetischer. 

    Für alle Beurteilungen der Figuren wird ein metaphorischer Ort genannt, den Dylan "Desolation Row" nennt - ein Begriff, der gar nicht so leicht zu übersetzen ist. "Desolation" heißt "Trostlosigkeit" oder "Verwüstung", in Verbindung mit "Row" kann das nun einfach einen trostloser, verlassener Ort bezeichnen, aber auch eine Querverbindung zum am Wortanfang phonetisch identischen "death row" (Todestrakt) kann zumindest teilweise auch gemeint sein. Nun, in diesem Song ist dieser Ort allerdings nichts wirklich negatives, es ist nur der Ort, an dem sich das erzählende Ich selbst befindet. Es ist ein Ort oder ein Zustand außerhalb der normalen, breiten Gesellschaft - quasi ausgegrenzt und damit auch bis auf einige wenige "Leidensgenossen" einsam und verlassen. Es ist aber auch der Ort außerhalb der verkommenen Werte der Gesellschaft, des Hochmuts, der Ignoranz und der Oberflächlichkeit - außerhalb aller Dinge, die in den 9 Strophen kritisiert werden. Wenn der Begriff "Desolation" nicht wäre, wäre die ganze Sache ziemlich eindeutig: Alle Personen, die es nicht wert sind, dort zu seinen, werden in den Lyrics auch so beschrieben, dass sie außerhalb der Desolation Row leben. Nun gibt es aber diesen Begriff, und er macht die Sache nochmal viel interessanter: Ist das "Gute", das in den Texten kritisierte Verhalten nicht vielleicht eines, das einsam macht? Muss man sich vielleicht an gewisse niedere Verhaltensweisen anpassen, um nicht der "Trostlosigkeit" ausgesetzt und ausgegrenzt zu sein? Möglicherweise wollte Dylan diese Fragen mit dem Titel unterschwellig aufwerfen.

    Und genau so klingt auch der Song. Die Musik ist sehr melancholisch, leicht verbittert und dunkel, aber was ich hier vor allem heraushöre ist: Resignation. Hier wird nicht wie auf den frühen Alben versucht, irgendetwas zu ändern. Hier werden einfach Missstände genannt, aber mit dem klaren Unterton, dass man sie nicht ändern kann. Man kann sich mit ihnen arrangieren, oder man kann sich dagegen entscheiden und dafür in der "Desolation Row" landen.


    Die 10. Strophe ist dagegen deutlich isoliert - sowohl inhaltlich, als auch was das Arrangement des Songs angeht: Nicht umsonst wurde sie durch ein Mundharmonikasolo von den vorherigen Strophen getrennt. Hier verrät der Erzähler so einiges über den Song. Hier wird eine Person genannt, die dem Erzähler Briefe über einige Personen geschrieben hat - höchstwahrscheinlich die Figuren, die in den 9 Strophen behandelt wurden. Und mit "I had to rearrange their faces and give them all another name" wird verraten, dass mit all den erwähnten Figuren tatsächliche Menschen gemeint sind, nur verschleiert hinter Metaphern und historischen Symbolen. Am Ende wird noch erwähnt, dass er ziemlich müde ist, ständig mit derart geringen Charakteren konfrontiert zu werden - das erzählende Ich hat sich entschieden, sich trotz aller Trostlosigkeit nur mit Menschen zu befassen, die ebenfalls diesen Weg gewählt haben. 

    Auf die einzelnen Strophen würde ich gerne näher eingehen, was aber wohl zu weit führen würde. Vielleicht nur noch ein Wort zur Ersten: Hier wird nämlich ein Ereignis beschrieben, das 1920 in dem Heimatort von Dylans Eltern stattgefunden hat. Damals wurden 6 schwarze Zirkusleute beschuldigt, ein 19-jähriges Mädchen vergewaltigt zu haben. Ohne Prozess wurden sie von einer aufgebrachten (weißen) Menschenmenge schuldig gesprochen und öffentlich gehängt, wobei die Polizei angewiesen wurde, hier nicht einzugreifen. Von dieser Hinrichtung wurden letztlich sogar Postkarten verkauft (wie der erste Vers des Songs erzählt). Später wurden in einer Untersuchung keinerlei Beweise einer Vergewaltigung an dem Mädchen gefunden. 

    In den restlichen Strophen bezieht sich Dylan auf verschiedenste Charakterzüge, die die behandelten Personen in unterschiedlicher Qualität besitzen. Ob es nun Romeo ist, der in dummer und voreiliger Weise versucht, der Auserwählte von Cinderella zu werden oder der Glöckner von Notre Dame, der es zugelassen hat, dass seine Gefühle über ihn die Oberhand gewonnen haben, so dass er sogar einen Mord begehen konnte, es würde wie gesagt jetzt zu weit führen, alles genau auszuführen, also mach ich jetzt besser mal Schluss. 

    Möglicherweise liege ich mit meiner Ausführung auch komplett falsch, was ja auch irgendwie interessant wäre.


    Genug geschrieben und danke für eure Geduld - hier ist das Meisterwerk:



    “Too much of anything is bad, but too much good whisky is barely enough.”


    Some Scotland Impressions on Instagram 

    image follow me... :wink:

  • Flurb User Flurb Dabei seit: 31.12.2013Beiträge: 4,748Flaschensammlung:Flurbs SammlungBewertungen: 2
    , letzte Änderung 3. Juli 2019 um 21:36
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    Nur der eine Song - Juli 2019


    Deep Purple - Child in Time


    Der Song gefällt mir schon seit ich den kenne, aus musikalischen Gründen und der eigentlich sehr melancholischen Grundstimmung.


    Aber hatte ich vor knapp 5 Jahren eine Freundin, die es liebte während diesem Songs - nennen wir es mal politisch korrekt - "intim" zu werden...:wink: Darum lief der Song an manchen Abenden auf Repeat in der Endlosschleife...:wink: Blöderweise war sie selber emotional äußerst instabil... und abgesehen von der Freude am Beischlaf und an diesem Lied hatten wir nicht viel gemeinsam. Ständig gab es Streitereien und Versöhnungen (emotionale Berg- und Talfahrt...) aber irgendwann war der Krach so groß, dass es endgültig vorbei war.


    Aber seither werde ich immer ganz wuschig wenn ich den Song höre...:eek:




    Vorsicht: Kommentar kann Spuren von Übertreibungen enthalten und muss nicht zwingend der Realität entsprechen!

  • Vossa User Vossa Dabei seit: 05.01.2016Beiträge: 6,941Flaschensammlung:GeisterwahnBewertungen: 23
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    @ Flurb


    kann kommen was will... Platz 1 für die beste Begründung der Songauswahl dürfte Dir niemand streitig machen!!! :mrgreen:



    ...and don't forget to Rock'n Roll!!



    dectelSmokeyRuhr2 gefällt das
  • Vossa User Vossa Dabei seit: 05.01.2016Beiträge: 6,941Flaschensammlung:GeisterwahnBewertungen: 23
    , letzte Änderung 4. Juli 2019 um 14:26
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    Nur der eine Song - Juli 2019


    Habe da jetzt lange hin und her überlegt und ewig ein fest (un)entschlossenes "das ist es, ach nee doch nicht...!" im Kopf. Aber: Butter bei die Fische, die Würfel sind gefallen: dieser Song begleitet mich seit Ende der 70er und muß auf jeder Party aufs Neue herhalten und hat in meinem Freundeskreis auch einen gewissenen Symbolcharkater. Er ist zeitlos, ein Meilenstein der Punkrockkulturgeschichte, oft gecovert (nie erreicht), eine Erinnerung an geile Zeiten und weckt jedes mal in mir das Kind im Manne:


    ich präsentiere meinen einen Song:


    Sham 69 - If The Kids Are United






    ...and don't forget to Rock'n Roll!!



  • Waschbär User Waschbär Dabei seit: 01.05.2014Beiträge: 33,573Bewertungen: 5
    , letzte Änderung 2. August 2019 um 09:24
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    Ups, sorry, Kommando zurück. Das hatten wir doch schonmal (Juni 2018 ).


    Dann mach ich doch mal ein neues Thema auf:


    Cover Versionen (mit und ohne Original) - August 2019


    und starte mit


    Dann versuche ich es mal mit


    Unplugged - August 2019


    Da passen die Corrs auch. :smile:


    old town (this boy is crackin' up) - the corrs (unplugged)



    Original: Phil Lynott - Old Town

  • Waschbär User Waschbär Dabei seit: 01.05.2014Beiträge: 33,573Bewertungen: 5
    , letzte Änderung 2. August 2019 um 09:07
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    @Vossa 


    Ups, sorry, Kommando zurück. Cover-Versionen hatten wir doch schonmal (Juni 2018 ).


    Dann versuche ich es mal mit


    Unplugged - August 2019


    Bryan Adams - Heaven - Acoustic Live



  • Waschbär User Waschbär Dabei seit: 01.05.2014Beiträge: 33,573Bewertungen: 5
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    Unplugged - August 2019


    Westernhagen - Freiheit - Live in Berlin / 2017


  • Vossa User Vossa Dabei seit: 05.01.2016Beiträge: 6,941Flaschensammlung:GeisterwahnBewertungen: 23
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    Waschbär schrieb:

    @Vossa 


    Ups, sorry, Kommando zurück. Cover-Versionen hatten wir doch schonmal (Juni 2018 ).



    Der Tag ist ja noch jung, kann passieren... ;-)


    ...and don't forget to Rock'n Roll!!



  • Waschbär User Waschbär Dabei seit: 01.05.2014Beiträge: 33,573Bewertungen: 5
    , letzte Änderung 2. August 2019 um 09:17
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    Unplugged - August 2019

    Peter Maffay & Johannes Oerding - Über sieben Brücken musst du gehn (MTV Unplugged)

    dectel gefällt das
  • Waschbär User Waschbär Dabei seit: 01.05.2014Beiträge: 33,573Bewertungen: 5
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    Unplugged - August 2019


    Eric Clapton Tears in Heaven


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