Die alkoholische Gärung...?

  • Der.Lepus
    Themenersteller
    User Der.Lepus
    Dabei seit: 16.10.2011Beiträge: 803Bewertungen: 15

    Hallo,

    wir sind gerade aus einem Kreta-Urlaub zurück. Dort gibt es an jeder Ecke Raki zu kaufen ("Hausmarke", "selbst gebrannt",...). In unserem Hotel wurde auch einen Abend die Destille angeworfen. Sehr interessant. Vorlauf verwerfen? Nix! Geht alles in den großen Pott!
    Ich habe zwischendruch öfter mal mein Gläschen unter den Auslauf gehalten - es war sehr interessant, wie sich der Geschmack doch über die rund eine Stunde laufende Destillation veränderte.

    Nur zur eigentlichen Frage:
    Bei der Gährung entsteht ja nicht nur Ethanol sondern auch die anderen Alkohole (Methanol? Fuselöle?). Entstehen die bei jeder Gährung? Also auch bei der Weinherstellung? Wie bekommt man die aus dem Wein, der wird ja nicht gebrannt? Und eine Flasche Wein enthält ja doch mehr Alkohol als ein oder zwei Raki (also ach mehr Methanol?. Also müßte man vom Wein ja auch irgendwann blind werden? Entsteht der Methanol und/oder die Fuselöle evtl erst sehr spät bei der Gährung (quasi wenn der Zucker zur Neige geht?). Wenn ich mir überlege, daß in Griechenland viele Leute selber brennen und keinen Vorlauf oder Nachlauf abtrennen, warum hört man dann eher aus den 'Vodka-Ländern' von 'Unfällen mit gepanschtem Sprit', aber nicht aus Griechenland?

    Kann da evtl jemand ein bischen Licht in meine vielen Fragezeichen bringen? Oder hat jemand ein gute Literatur-Qelle?

    Vielen Dank,
    Der.Lepus


    P.S.: Und ich bleibe nach dem Urlaub wieder beim Whisky - der schmeckt mir doch erheblich besser als Raki und Ouzo...

  • Hordearius User Hordearius Dabei seit: 08.02.2012Beiträge: 134Flaschensammlung:Hordearius SammlungBewertungen: 0
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    Hi,

    ich erlaubs mir mal deine Fragen etwas "oberflächlich" zu beantworten, in dem ich schreibe was ich weiß, ohne mich noch mal in das Thema einzulesen. Details müsste ich nachlesen.

    Erst mal allgemein zu Methanol:
    Methanol an sich ist recht harmlos für den Menschen. Das Problem mit dem Methanol besteht darin, dass unser Körper versucht ihn abzubauen und dabei bleibt er bei der Ameisensäure stehen. [Wikipedia schreibt hier es wäre schon eine Stufe früher beim Formaldehyd. Ich glaube aber lieber mal meinem Toxikologie-Dozenten, da die Oxidation von Formaldehyd zur Ameisensäure recht schnell ablaufen sollte.]. Die Ameisensäure wiederum ist schädlich (genauso wie das Zwischenprodukt Formaldehyd, dass sich wegen dem fehlenden Abbeu der Ameisensäure anreichern kann) und führt zur Erblindung und anderen unangenehmen Dingen. Wen Übrigens fehlt uns eben für den Abbau von Ameisensäure ein bestimmtes Enzym. Mäuse haben dieses Enzym und deshalb vertragen sie auch Methanol besser als Ethanol...
    Da Methanol vom selben Enzym abgebaut wird wie Ethanol, hilft es viel Ethanol zu trinken bei einer Methanolvergiftung um diese Enzym zu blockieren. Der Methanol wird dann einfach ausgeschieden ohne umgewandelt zu werden. Teilweise wird das in bestimmten Fällen auch wirklich noch als Therapie verwendet - der Vergiftete bekommt einen Ethanol-Tropf angehängt.

    Bei jeder Gärung entsteht Methanol. Wieviel davon entsteht hängt auch von der verwendeten Hefe ab. Man verwendet ja für jeden Einsatzort eine spezielle Hefe. Weinhefe bildet vielleicht weniger Methanol aber auch weniger Ethanol. Hefe für die Schnapsherstellung kann dagegen ruhig viel Methanol herstellen, wenn dabei auch mehr Ethanol entsteht. Der Methanol lässt sich ja einfach abtrennen. Ich kann mir aber auch sehr gut vorstellen, dass einiges an Methanol noch bei der Destillation entsteht. Wenn man so eine Hefesuppe kocht kann so einiges entstehen.
    Wie ich ja schon geschrieben hab, hat man bei jedem alkoholischen Getränk gleich das passsende Gegengift mit dabei. Also ein bisschen Methanol ist nicht schlimm (siehe außerdem dazu noch Paracelsus). Bei der Destillation wird allerdings der Alkohol aufkonzentriert. Da Methanol wesentlich früher als Ethanol siedet, befindet sich im Vorlauf eben vorallem Methanol. Wenn man das direkt in Flaschen/Fässer füllt, können die ersten paar Flaschen/Fässer giftig sein, die späteren dann durchaus lecker und gut trinkbar. Wenn vorher alles gesammelt wird, hat man dieses Problem natürlich nicht. Trotzdem kann, wie schon vorher beschrieben, durch Destillation und/oder Hefe das Methanol/Ethanol-Verhältnis höher ausfallen als bei Wein. Noch dazu erleichtert die Aufkonzentration der Alkohole dem Menschen die erhöhte Aufnahme :wink: :mrgreen:

    Literatur habe ich leider keine zur Hand, aber Details sollte man in Lebensmittelchemie-Büchern finden. Ist nur eigentlich nicht so ganz meine Ecke der Chemie :wink:

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  • Bernd82 User Bernd82 Dabei seit: 04.05.2012Beiträge: 54Flaschensammlung:Whiskysammlung von Bernd82Bewertungen: 22
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    Bei der Gärung des Beer für die spätere Herstellung von Whisky wird jedoch oftmals spezielle Hefe verwendet, die bei der Gärung kein oder nur wenig Methanol erzeugen. Zudem werden bei der Destillation von Whisky die sog. Foreshots abgetrennt.

    Wie die das auf Kreta mit ihrem selbstgebrannten Raki machen, entzieht sich natürlich meiner Kenntnis :biggrin:

  • Peatyful User Peatyful Dabei seit: 23.11.2011Beiträge: 167Bewertungen: 0
    , letzte Änderung 29. September 2012 um 22:37
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    Methanol entsteht nur, wenn Pektine aus der Beerenhaut während der Gärung von der Weinhefe Saccharomyces cervisiae mit vergoren werden. In einer reinen Zuckermaische kann so gut wie kein Methanol entstehen. Raki wird aus Trauben/Rosinen vergoren und gebrannt (Rohbrand) dieser wird dann, z.B. in dubiosen Kneipen :biggrin: mit Anissamen versetzt und nochmal gebrannt (Feinbrand). Da schon im Rohbrand der wenige Methanol abgetrennt worden sein sollte, kann der Kneipen-Brennmeister und seine Kunden qualitativ nicht mehr viel falsch machen...

  • Horst_S User, Administrator Horst_S Dabei seit: 07.05.2004Beiträge: 5,211Flaschensammlung:Horst_S SammlungBewertungen: 1364
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    "Peatyful" schrieb:
    Methanol entsteht nur, wenn Pektine aus der Beerenhaut während der Gärung von der Weinhefe Saccharomyces cervisiae mit vergoren werden. In einer reinen Zuckermaische kann so gut wie kein Methanol entstehen.

    Das ist auch mein Kenntnisstand.

    Gruß Horst Lüning Admin, Whisky.de
  • Martinus User Dabei seit: 25.01.2019Beiträge: 1Bewertungen: 0
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    Horst_S schrieb:
    "Peatyful" schrieb:
    Methanol entsteht nur, wenn Pektine aus der Beerenhaut während der Gärung von der Weinhefe Saccharomyces cervisiae mit vergoren werden. In einer reinen Zuckermaische kann so gut wie kein Methanol entstehen.
    Das ist auch mein Kenntnisstand.
    Hallo,

    ich habe selbst eine reine Zuckermaische gegoren mit der "Turbohefe 48". Das bei 25°C für 4 Tage.
    Für den Versuch habe ich 18,75l und 102g Turbohefe 48 benutzt.
    Nun bin ich am Destillieren. Ich benutze Glasapparaturen. Soweit ich weiß (der ist gut), macht die Apparatur in diesem Fall keinen Unterschied bzw. Glasapparaturen sind am Besten, denn sie sind neutral aus chemischer Sichtweise. Ich habe mich dazu hier informiert: http://www.chemieonline.de/forum/showthread.php?t=67939

    Ich gehe mal stark davon aus, dass die Leute angeblich wissen was sie dort reden, wenns um Apparaturen geht.
    Also ich komme wieder zurück zum Thema: Entsteht bei der reinen Zuckervergärung Methanol?
    Meine Antwort, nach dem Versuch lautet: Ja, definitiv. Ich habe im Moment 1,5l mit ca. 16% Ethanol in der Apparatur. Den Methanol bin ich schon seit ca. 6 Stunden langsam am Abdestillieren bei konstant 70°C. Wie kam ich darauf, dass Methanol tatsächlich entstanden ist? Nun, ich habe mir jetzt, nach 6 Stunden, aus meiner Apparatur das Destillat entnommen, es auf einen Löffel gegeben und verbrannt. Komplett blaue Flamme. Alleine der Geruch war schon widerlich. Starke Indizien für Methanol. Demnach ist das niemals (auch wenn immer und nie gut seien, indem Fall aber schon) zu pauschalisieren. Auch wenn in dem Chemieforum nur etwas von Pektinen angedeutet wird, in Bezug auf Methanolentstehung. Es stimmt ja aber reine Zuckervergärung bringt auch Methanol hervor!

    Grüße Martinus!
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  • derwo User Dabei seit: 04.12.2019Beiträge: 3Bewertungen: 0
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    Methanol riecht nicht groß anders als Ethanol. Und anhand der Flammenfarbe könnte man vielleicht eines Methanol erkennen, sicher aber nichts im Bereich, welcher durch Gärung entstehen kann. Methanol entsteht wie hier schon gesagt hauptsächlich durch Pektin, ist also bei Whisky kein Problem, bei Tresterbränden dagegen schon eher. Methanolvergiftungen haben ihre Ursache immer in krimineller Panscherei.

    Wenn dein Destillat übel gerochen hat, dann wahrscheinlich wegen der schlechten Gärung und den dadurch entstandenen Beiprodukten. Also Essigester, Essigsäure, Fuselalkohole usw.

    Methanol lässt sich übrigens nicht mit dem Vorlauf abtrennen, obwohl der Siedepunkt deutlich unter dem von Ethanol liegt. Nicht der Siedepunkt der puren Substanz entscheidet, sondern die Flüchtigkeit. Und die ist abhängig von den sonstigen Bedingungen, also in welcher Konzentration der Stoff vorliegt und vor allem auch, wie hoch der Alkoholgehalt ist.

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