Whisky-Nachschub
Gerade während Zeiten in denen die Nachfrage sehr hoch ist, wie etwa vor Weihnachten, haben unsere Lager große Lücken und wir müssen auf Nachschub warten. Dementsprechend wird bei uns im Shop-System die Flasche gekennzeichnet mit 'unsicherer Nachschub', 'kein Nachschub' oder 'bald wieder da'. Wir versuchen die Angaben so präzise wie möglich zu machen, also genau das hinzuschreiben, was wir wissen. Leider klappt das jedoch nicht immer. Warum der Nachschub oft so schwer abzuschätzen ist und welche Rolle Sonderflaschen für das Thema spielen, beschreiben wir auf dieser Seite.
Vor einigen Jahren beschwerte sich einer unserer Kunden: Er wollte bei Whisky.de eine bestimmte Flasche bestellen. Wir mussten ihm jedoch mitteilen, dass sie leider ausverkauft ist und wir keinen Nachschub mehr bekommen. Wahrscheinlich hatte er sich die Flasche daraufhin an anderer Stelle besorgt, denn er war wütend, als wir die Flasche später doch wieder in unserem Sortiment hatten. Dieser Fall ist natürlich unglücklich gelaufen und der Kunde hatte absolut recht sich zu beschweren. Jedoch ist dies nur teilweise unsere Schuld, denn wir konnten es schlichtweg nicht besser wissen. An dieses Wissen heranzukommen ist vor allem schwierig, weil Schottland stumm ist.
Es ist schließlich nicht so, dass wir etwa bei Lagavulin anrufen und uns Status-Informationen zu jeder einzelnen Abfüllung einholen können. Denn die meisten schottischen Brennereien sind kleine Unternehmen, die nur mit ein oder zwei Handvoll Leuten operieren. Es fehlt die Kapazität, hunderte Anfragen zu beantworten. Da die meisten dieser wenigen Mitarbeiter in der Produktion tätig sind, wissen auch sie nicht, wie es um den Nachschub steht. Solche Informationen hat lediglich das Management, das natürlich dementsprechend schwer an die Strippe zu kriegen ist.
Über eine Milliarde Flaschen schottischen Whiskys werden jährlich verkauft. Jedoch kommen gerade einmal 3,7% davon nach Deutschland. Wenn also einer von 1.000 deutschen Händlern eine Anfrage an eine Brennerei schickt, so geht es nur um ein Hunderttausendstel des Weltmarktes. Dementsprechend ist es für die Brennerei den Aufwand nicht wert, auf jede Anfrage einzugehen.
Von Schottland sind also keine Informationen in Bezug auf den Whisky-Nachschub zu erwarten. Eine weitere Quelle sind deutsche Lieferanten. Diese kanalisieren die zahlreichen Anfragen und können sich direkt bei den Brennereien erkundigen. Ein ‘Aberlour‘ oder ein ‘Lagavulin‘ wird aber sicher von einem Dutzend Großhändler vertrieben. In Anbetracht des geringen Anteils Whisky, der überhaupt seinen Weg nach Deutschland findet, haben auch die deutschen Lieferanten kaum Chancen an Informationen von den schottischen Brennereien zu kommen. Wo die Fakten nicht wirklich kommuniziert werden, findet viel Mund-zu-Mund-Propaganda und stille Post statt. Und so kann es zu Fehlinformationen kommen.
Woran kann es liegen, wenn wir eine Flasche nicht liefern können?
Typischerweise versuchen die Großhändler den deutschen Markt für das kommende Jahr zu bestimmen. Doch auch die Rechnung von Großhändlern geht oft nicht auf und sie bekommen weniger Bestand als einkalkuliert. In manch anderen Ländern ist Whisky hingegen weniger gefragt und der Absatzmarkt daher kleiner. Die Großhändler in diesen Ländern merken dann, dass sie zu großzügig kalkuliert haben und wollen wieder etwas von ihrem Bestand abgeben. Die Flaschen werden also umgelenkt und landen verspätet nun doch auf dem deutschen Markt. Und so kommt eine solche Situation zustande, über die sich unser Kunde beschwert hat.
Früher haben wir nicht preisgegeben, ob eine Flasche noch einmal kommt oder eher nicht. Mittlerweile stellen wir die uns vorliegenden Informationen in unseren Shop ein und liegen damit in 80% der Fälle auch richtig. Bei den restlichen 20% werden auch wir 'negativ' überrascht.
Der Whisky-Markt ist ein Verkäufermarkt, was bedeutet Verkäufer können sich in Bezug auf Preisveränderungen und Informationen leisten, was sie wollen. Für Kunden gilt dann 'Friss oder stirb! Und wenn du es nicht frisst, dann hast du halt keine Flasche'. Whisky.de arbeitet etwas anders als andere Verkäufer, denn wir haben unsere eigenen Lager. Unsere Kunden haben - zu Recht - hohe Erwartungen an eine schnelle und korrekte Lieferung. Da man sich aus den genannten Gründen oft nicht auf die Arbeit der Großhändler verlassen kann, lagern wir dort selbst zwischen.
Sonderflaschen
Komplizierter wird es mit Sonderflaschen oder sehr limitierten Abfüllungen. Beispielsweise veröffentlichte Diageo von 2001 bis 2017 jährliche Sonderabfüllungen aus der seit 1983 geschlossenen Port Ellen Brennerei. Diese ‘Annual Releases‘ sind natürlich sehr limitiert und alt, da sie alle vor der Schließung der Brennerei 1983 gebrannt wurden. Die Lagerhäuser mussten nach und nach geleert werden bevor sie abgerissen wurden und so veröffentlichte man jedes Jahr ein Batch mit lediglich rund 2.900 Flaschen - für die gesamte Welt! Da der deutsche Anteil am Whisky-Absatzmarkt lediglich 3,7% beträgt, stehen von wenigen Flaschen dem deutschen Markt also nur etwa 100 Flaschen zu. In anderen Ländern ist das Preisniveau jedoch viel höher. Das bedeutet, dass noch weniger Flaschen Port Ellen nach Deutschland kommen.
Wir sind nur einer von vielen deutschen Whisky-Händlern. Und wenn wir keine der Flaschen abbekommen, sind Kunden oft - gelinde gesagt - enttäuscht und beschweren sich. Am lautesten schreien meist Gewerbliche, die auf einen Weiterverkauf aus sind. (Schreien ist übrigens keine Übertreibung und unsere Service-MitarbeiterInnen sind in so einem Fall angehalten ohne Rücksprache aufzulegen und die Schreihälse in unseren Daten zu sperren.) In vielen Fällen haben wir es auch mit Arbitrage-Jägern zu tun. Bei Arbitrage-Geschäften geht es darum, zwischen zwei Preisen, die zu verschiedenen Zeitpunkten verlangt werden, Gewinne erzielen. Beispielsweise hatten wir die Rarität Ardbeg Galileo für 72,90€ bei uns im Shop angeboten. In einer Nacht wurden knapp 1.000 Flaschen bestellt! Am nächsten Tag waren die Flaschen direkt auf Ebay zu finden für rund 150€. Da hier ein ordentlicher Arbitrage-Gewinn zu holen war, haben Kunden auch teilweise 50 Flaschen auf einmal bestellt.
Im Fall vom Ardbeg Galileo handelten wir nach dem Prinzip 'wer zuerst kommt, malt zuerst'. Eine andere Möglichkeit wäre, nur an Stammkunden zu verkaufen. Doch was macht Stammkunden aus? Dass sie jedes Jahr einen bestimmten Umsatz einbringen? Oder jedes Jahr vier mal bestellen? Außerdem ist es bei solch begrenzten Mengen unmöglich, jedem unserer vielen Stammkunden eine Flasche zu geben. Sammler nehmen oft sehr viel Geld in die Hand für ihre Sammlungen. Gibt man nur den besten Kunden, die für den meisten Umsatz im Unternehmen sorgen den Zuschlag für die Flasche, so sind andere auch gute Kunden verärgert - mit Recht. Eine solche Sonderflasche zur Neukundenakquise herzunehmen ist ebenfalls knifflig: Wer garantiert, dass die Kunden bleiben und weiter bei uns einkaufen? Stammkunden sorgen, offen gesagt, für unser Einkommen und das unserer Mitarbeiter, daher ist es auch gerecht, dass sie einen besonderen Stand bei uns haben.
Versteigerungen mit Sonderflaschen haben wir auch schon veranstaltet. Das macht sehr viel technische, rechtliche und organisatorische Arbeit. Bei der Option einer 'Rückwärtsversteigerung' wird eine Flasche für einen bestimmten Preis eingestellt und jeden Tag etwas billiger gemacht. Irgendwann findet ein Kunde den Preis angemessen und schlägt zu. Der Preis sinkt weiter und wenn der nächste Kunde zufrieden ist, kauft auch er eine Flasche. Und so geht das weiter. Wichtig bei dieser Option ist jedoch, dass das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist!
Summa summarum: Wie man es auch macht, irgendjemand zieht durch die geringen Bestände von Sonderflaschen immer den Kürzeren. Wir hoffen aber, wir konnten aufklären, warum es auch uns nicht immer gelingt richtig zu kalkulieren.