Werden Whiskys schlechter?

Diese Frage wurde durch eine Kunden-E-Mail aufgeworfen. Wir wollen also der Frage nachgehen, wie sich Whisky-Abfüllungen im Laufe der Jahre verändern? Wir wählen die Beispiele Macallan und Ardbeg.

Die Herstellungsart hat sich im Prinzip seit damals nicht geändert. Das Wash wird erhitzt, dann kommt der Whisky in die zweite Brennblase, schließlich ist der Brand fertig und wird in Fässern gelagert. Aber was hat sich über die Jahrzehnte geändert? Das Heizen ist ein Beispiel. Früher wurde unter dem Brennkessel ein Feuer gemacht und es konnte schon mal was anbrennen. Oder beim Keimen der Gerste auf den Malzböden war die Temperatur nicht optimal. Eventuell entwickelte sich Schimmel und andere Verunreinigungen durch streunende Tiere wie Katzen und Mäuse. Der Rohstoff kam nicht so sauber in den Brand, wie wir das heute kennen. Und zuletzt wurden irgendwelche Fässer zur Lagerung verwendet, wohingegen es heute gibt ein eigenes Fassmanagement gibt. Mittlerweile hat Macallan von direkter Feuerung auf Gasfeuerung umgestellt und Ardbeg war Jahre lang geschlossen und hat dann wieder neu angefangen.

Daher würden wir sogar sagen: Früher war Whisky schlechter! Denn die Herstellungsprozesse sind heute weitaus besser. Und richtig gute Abfüllungen gibt es heute allemal.

Früher war alles besser?

Es lässt sich mit der Psychologie erklären! Wir verklären ins Positive was früher war, wir verdrängen das Schlechte - das ist wichtig zum Überleben. Das menschliche Gehirn beschönigt eine Menge, und das tun wir auch beim Whisky.

Viele wollen beim Whisky ursprünglichen, urtümlichen, unverfälschten Genuss - nicht so einen modernen Blending-Whisky. Aber auch vor 100 Jahren wollte der Brennmeister das optimale Ergebnis, nur seine technischen Möglichkeiten waren anders, oder wir könnten sagen begrenzt. Vieles konnte noch während des Herstellungsprozesses passieren: Ein Stromausfall, die Maische konnte überlagern, Essigbakterien in die Hefe gelangen und dadurch ein saurer Whisky entstehen!

Heutzutage werden beispielsweise in den USA die Gärbehälter mit Heißdampf gereinigt, um Essigbakterien zu bekämpfen, bevor die nächste Maische angesetzt wird. Zudem wird der

Mälzvorgang meist nicht mehr von den Destillerien vorgenommen, sondern das Malz wird bewusst in Großbetrieben hergestellt. Weiterhin sind die Fässer aus besonders ausgewählten Hölzern.

Der 'Qualitätsabfall' im Whisky

Nehmen wir Lagavulin. Früher war es so, dass 5-10% vom Lagavulin Single Malt als Lagavulin abgefüllt wurden. Der Rest ging in einen Blend. Heute sind es tatsächlich die vollen 100% der Produktion. Somit werden auch schlechtere Fässer verwendet. In der großen Mischung geht das unter! Und wenn es keine Einzelfassabfüllung gibt, bekommt man es auch nicht zu schmecken.

Die Frage könnte sein, wie könnte man einen Qualitätsabfall feststellen? Man müsste zwei Flaschen der gleichen Brennerei mit großem Altersunterschied kaufen und diese vergleichen. Das hat man auch gemacht, wobei dieser Vergleich hinkt. Tatsächlich gibt es eine Geschmacksveränderung in der lange gelagerten Flasche. Diese findet statt durch den Sauerstoff, der sich im Bereich zwischen Whisky und Korken befindet. Außerdem dringt auch Sauerstoff von außen über den Korken ein. Sauerstoff oxidiert und macht den Whisky milder und weicher. Das ist eine Geschmacksrichtung, die viele Kunden mögen.

Um tatsächlich zwei gleiche Flaschen, die in ihrer Abfüllung Jahrzehnte auseinander liegen zu vergleichen, müsste man eine Flasche einfrieren um die Oxidation zu stoppen und dann vergleichen.

Insgesamt ist der verglichene Unterschied zweier Flaschen statistisch nicht signifikant, da es sich eben nur um zwei Flaschen einer Charge handelt. Außerdem findet der Vergleich auch immer nur an einer Flasche eines bestimmten Jahres statt. Es kam aber sicherlich innerhalb der Whiskyherstellung über die Jahrzehnte zu Schwankungen. Fasslieferanten wechselten, das Verhältnis Bourbon- zu Sherryfass änderte sich und so handelt es sich jeweils um Momentaufnahmen. Vielleicht könnte man diese Tatsache umgehen, indem man jedes Jahr eine Flasche des selben Whiskys kauft, dann könnte man zwischen den Chargen vergleichen. Es wird in jedem Fall schwierig. Auch Equipment-Umstellungen spielen geschmacklich eine Rolle. Oft wurden Brennereien geschlossen und nach Jahren wieder geöffnet. Somit wurden Prozessumstellungen und Optimierungen vorgenommen mit dem Ziel: besser, preiswerter, mehr Alkohol. Lassen Sie uns als Beispiel wieder Ardbeg nehmen. Hier wurden bei der Neueröffnung neue Kondensatoren und ein Deckel auf die Mash-Tun verbaut.

Wir bieten für unsere Whiskys Geschmacksbeschreibungen an. Sie als Käufer können eine Geschmacksbewertung abgeben. Ein Whisky über die Jahre beobachtet, wird einen Mittelwert vom Kunden und einen gewissen Drift zu 'besser' oder 'schlechter 'bekommen. Oder es ist einfach nur ein Trend.

Whisky.de hatte eine Diplomarbeit unterstützt, die zum Inhalt hatte, wie sich der Absatz von Whisky verändert, wenn ihn bestimmte Persönlichkeiten loben oder eben nicht. So beeinflusst beispielsweise die Whisky Bible von Jim Murray den Verkauf messbar. Ob die Bewertung von Horst Lüning in deutscher Sprache auch einen messbaren Einfluss hat, bleibt dahin gestellt.

Als Erkenntnis bleibt:

Die Verbesserung oder Verschlechterung liegt im Auge des Betrachters. Es steckt viel Psychologie in diesem Thema: Wenn wir uns alte Flaschen gönnen, suchen wir eher die Erinnerung an die alte Zeit in der Flasche, als den Geschmack. Produziert wird so, wie der Kunde den Whisky haben will.

Fazit: Es ist insgesamt Geschmackssache, was besser ist!