Die Dreifachdestillation

Mode oder Notwendigkeit?

Whisky ist, in Kürze beschrieben, destilliertes Bier ohne Hopfen. Doch was bedeutet Destillieren? Was ist die Destillation? Hier kommt physikalisches und technisches Wissen zum Einsatz, was in der Breite der Bevölkerung nur selten vorhanden ist. Heute wollen wir der Destillation einen ganzen Newsletter widmen.

Auch für den Whisky-Genießer und -Spezialisten gibt es eine Menge an verborgenem Wissen, das wir hier im Detail ansprechen wollen. Marketingtechnisch wird die Dreifachdestillation durch die irischen und schottischen Lowland-Brennereien gerne als der Stein der Weisen bei der Whiskyherstellung angepriesen. Doch ist das wirklich der Fall? Was macht die Dreifachdestillation so besonders?

Der Alkohol in unserem Whisky wird in der Natur durch Hefen erzeugt. Sie ernähren sich von Zucker und erzeugen daraus Alkohol und Kohlendioxid. Doch mit diesen Hefen lässt sich nicht beliebig starker Alkohol erzeugen. In der Natur ist bei 14 bis 15% in der Regel Schluss. Dann vergiften sich die Hefen selbst und die alkoholische Gärung endet.

Um nun einen höheren Alkoholgehalt in einer Flüssigkeit zu erzeugen, wendet man seit über 500 Jahren das Verfahren der Destillation an. Bei der Destillation macht man sich den unterschiedlichen Siedepunkt von Alkohol und Wasser zu Nutze. Ethanol, so nennt sich chemisch unser Alkohol im Whisky, siedet bereits bei 78 Grad Celsius. Reines Wasser dagegen erst bei 100 Grad. Experten werden wissen, dass diese beiden Temperaturen nicht so exakt zu sehen sind. Liegt eine Whiskybrennerei in größerer Höhe über dem Meeresspiegel, so sieden Alkohol und Wasser dort bereits früher. Und es gibt noch eine Menge anderer Einflussgrößen auf die Siedepunkte von Ethanol und Wasser.

Will man den Alkohol aus dem Bier herausziehen, so muss man das Bier nur auf 78 Grad erhitzen. Dann fängt das Ethanol zu sieden (kochen) an und Alkoholdämpfe steigen auf. Leitet man diese weiter in einen Kühler, so kann man den Alkohol wieder kondensieren (verflüssigen) und bingo! Man ist fertig. Dies ist der theoretische Prozess. In der technischen Wirklichkeit gibt es eine Menge Fallstricke, die dem Brennerei-Ingenieur das Leben etwas schwieriger gestalten.

Die alkoholische Gärung im Bier muss man sich nun nicht so wie bei uns in Deutschland vorstellen, wo 99% der Biere unter 6% Alkoholgehalt aufweisen. In Schottland gärt man zwar ohne Würze und ohne Hopfen doch dafür weitaus stärker und die Biere erhalten Alkoholgehalte von bis zu 10%. Damit verbunden ist auch eine längere Gärungszeit von typisch 48 Stunden. Bei manchen Brennereien sogar noch länger mit 72 oder gar 96 Stunden. Neben dem Mehr an Alkohol entstehen in der langen Gärdauer dabei auch zusätzliche Aromen, die bei kurzer Zeit nicht entstehen. Und hier endet dann auch die Ähnlichkeit mit dem Bier.

Die Destillation findet in großen Kupferkesseln mit aufgesetztem Hals und Überleitungsrohr zu den Kondensatoren statt, den sogenannten pot stills. Keine zwei ähneln sich in Schottland und jede Brennerei legt Wert auf ihre Individualität, da sie entscheidend für den Brennerei-Charakter des Whiskys ist. Auf das Wort Brennerei-Charakter werden wir später noch zurück kommen.

Erhitzt man nun langsam das Bier in der Brennblase, so steigen zuerst die früh siedenden und in der Regel leichteren Flüssigkeiten zusammen mit dem Ethanol auf. In dem ersten aufsteigenden Alkohol befindet sich ein ganzes Potpourri an leichtflüchtigen Substanzen. Typischerweise wird an dieser Stelle der giftige Methylalkohol (Methanol) genannt, der bereits bei 65 Grad siedet. Doch die Whiskybrenner können weitflächig Entwarnung geben. Bei der Alkoholherstellung aus Getreide fällt fast kein Methanol an. Dieses entsteht vor allem bei der Obstvergärung über das Pektin und hat schon manchen Hobbybrennmeister ins Krankenhaus gebracht.

Bei dieser ersten Destillation macht man kein großes Aufheben um die früh siedenden Substanzen. Man destilliert mit heftig kochender Flüssigkeit den gesamten Alkohol mit allen gut und schlecht schmeckenden Substanzen mit großer Geschwindigkeit ab. Technisch bedingt lässt man 1% Alkohol in der übrig bleibenden Flüssigkeit zurück. Die heftige Destillation sorgt aber auch dafür, dass eine Menge Wasser mit dem Alkohol in den Kondensator übertritt und aufgefangen wird.

Je nach Brennerei und Ausführung der Brennblasen erreicht man in dieser ersten Destillation Alkoholstärken von 20 bis 30%. Während man nun die Brennblase neu befüllt und die nächste Charge Bier einfüllt, pumpt man die gewonnene Flüssigkeit, die low wines, in die nächste, jetzt kleinere Brennblase um. Und hier wird nun erneut das zweite Mal destilliert. Doch weitaus langsamer und exakter. An dieser Stelle entscheidet sich, welchen Brennerei-Charakter der Rohwhisky aufweisen wird.

Die hier wieder zuerst aufsteigenden Dämpfe, foreshots oder heads genannt, enthalten leicht flüchtige, scharfe Aromastoffe, die sich in einem Whisky aromatechnisch nicht gut machen. 'Leider' sind sie aus technischen Gründen mit 70-80% Ethanol versetzt, was einem sparsamen Menschen beim Wegschütten das Herz bräche. Deshalb fängt man sie auf und setzt sie der nächsten Charge erneut zu. Statt sich nun von Destillation zu Destillation anzureichern, findet hier die eigentliche Magie bei der Whiskyherstellung statt. Das Kupfer der Brennblasen und das stundenlange Kochen bei hoher Temperatur wandelt ganz langsam diese unangenehmen Geschmacksträger in aromatische Substanzen um. Und was es von diesen Substanzen am Ende dennoch bis ins Fass schafft, das oxidiert die schottische Luft in den Lagerhäusern während der Jahrzehnte dauernden Lagerung.

Neben dem leichten Ethanol befinden sich in den low wines noch eine Menge schwererer Substanzen. Typischerweise klassifiziert man sie als Öle und wenn sie nicht wirklich gut schmecken als Fuselöle. Sehr gut ist diese Ölschicht im Inhalt des low wines Behälters zu sehen. Hier ist eine Trennung zwischen gut und schlecht recht schwierig. Was in einem Lagavulin an heftigen, aromatischen Substanzen enthalten ist und ihn zu einem der meistverkauften Single Malt Whiskys der Welt macht, gilt in anderen, weicheren Whiskys als unerwünscht. Wann man also die Destillation beendet, ist mehr oder weniger eine Geschmacksfrage.

Jetzt kommen wir zur Überschrift des Artikels und damit zur dritten Destillation. Brennereien, die nur zweimal brennen, messen bei der zweiten Destillation den Alkoholgehalt in der sich im Kühler kondensierenden Flüssigkeit. Und genau nach diesem Alkoholgehalt wird das Herzstück, der middle cut, aufgefangen. Man beginnt über 70% Alkohol und destilliert meist hinunter bis zu 60%. Auch hier gilt wieder, dass die unterschiedlichen Brennblasen und Prozeduren der Brennereien unterschiedliche Werte erforderlich machen. Mit einer dritten Brennblase kann man den Alkoholgehalt nun noch einmal bis auf 83% erhöhen, ohne in die Gefahr zu laufen, dass leicht flüchtige, scharfe Bestandteile aus den Foreshots in den Rohwhisky gelangen. Logisch dabei ist, dass mit jeder weiteren Destillation immer mehr von den geschmackstragenden Substanzen nicht im Rohwhisky landen. Der Rohwhisky enthält immer mehr Alkohol und gleichzeitig immer weniger Aromen.

Wenn der fertige Whisky später wieder mit Wasser auf Trinkstärke bei der Abfüllung verdünnt wird, schmeckt er damit milder und weicher. Wenn wir als Gedankenspiel diesen Prozess auf einer Destillationssäule mit einem oder zwei Dutzend Kondensationsböden bis zu Ende treiben, dann bleibt am Ende fast reiner Alkohol mit über 90% Alkoholgehalt übrig. So ein Rohdestillat nennt man auch Getreide-Wodka.

Die besondere Bewerbung der Dreifachdestillation stammt damit noch aus einer Zeit, in der man auf der einen Seite technisch noch nicht soweit war, mit zwei Brennblasen guten Whisky herstellen zu können – aber auch aus einer Zeit – in der man Whisky weniger wegen des Geschmacks denn wegen der Wirkung auf den Organismus konsumierte. Und bei heftigem Alkoholgenuss sind Fuselöle – oder nennen wir sie lieber kräftige Aromen – der mentalen Befindlichkeit am nächsten Morgen nicht unbedingt zuträglich.

Der Treppenwitz in der Geschichte ist die heutige Verbreitung der Dreifach-Destillation in Irland und Schottland. Von den vier aktiven, irischen Brennereien brennen nur zwei, zugegeben die beiden großen, mit der Dreifach-Destillation. In Schottland brennt mit Auchentoshan nur noch eine Lowland-Brennerei dreifach. Dagegen hat sich in den Highlands die Dreifach-Destillation öfter gehalten. Mit Benrinnes, Mortlach und Springbank gibt es drei Brennereien, die einen Teil ihres Rohwhiskys noch dreifachdestilliert herstellen. Nur Springbank verkauft mit dem Hazelburn einen reinen, dreifach destillierten Single Malt. Benrinnes und Mortlach dagegen arbeiten für die Blendindustrie. Mortlach ist dabei ein Sonderfall. Mit ihren sechs Brennblasen sind sie auch in der Lage, einen vierfach destillierten Malt Whisky herzustellen.

Doch der Mensch ist erfinderisch. Jede Brennerei könnte, wenn sie wollte, dreifach destillieren. Dazu muss man die zweite Brennblase (spirit still) nur ein weiteres Mal mit dem Rohwhisky befüllen. Man verliert zwar Zeit in der Produktion, gewinnt damit aber an Flexibilität.

Die Brennerei Bruichladdich auf der Insel Islay, keine Gegend in der man geschichtlich dreifach destilliert hätte, stellte auch einmal mit dem X4+3 einen vierfach destillierten Single Malt her. Er erfreute sich nicht wirklich großer Beliebtheit und in Fassstärke wurde er marketingtechnisch als Bio-Treibstoff für einen Rennwagen propagiert.

Ob der Genießer nun doppelt oder dreifach destillierten Single Malt Whisky bevorzugt, bleibt ihm natürlich selbst überlassen. Wichtig ist zu wissen, dass der leichte Brennerei-Charakter eines Dreifachdestillats bei längerer Lagerzeit von 18 und mehr Jahren gegenüber dem Charakter der Fässer deutlich in den Hintergrund wandert. Das sollte man bei der Auswahl seiner Single Malt Whiskys berücksichtigen.