Von wegen die Whisky-Welt steht still!

In gewisser Weise ist das letzte halbe Jahr wie im Flug vergangen. Durch die besondere Situation und die Ausgangs- beziehungsweise Kontaktbeschränkungen war man viel zu Hause und ‚unter sich‘. Viele arbeiteten auch im Home-Office oder tun es immer noch, was dieses Empfinden noch verstärkt. Auch die meisten Whisky.de Mitarbeiter waren lange Zeit im zu Hause. Man trifft weniger Leute, ist weniger unterwegs, man bekommt das Gefühl es passiert nichts - gleichzeitig wird man täglich von Nachrichten über neue Entwicklungen überflutet, was das Gefühl vermittelt, es passiert sehr viel.

Es liegt wohl daran, dass im globalen Diskurs seit Monaten ein Thema vorherrscht, das im ersten Halbjahr 2020 alles dominierte. Für andere Themen schien wenig Raum zu sein, bei manchen fühlte es sich so an, als wären sie zeitweise sogar in Vergessenheit geraten. Die Welt hielt den Atem an. Doch die Whisky-Welt stand während der vergangenen Monate alles andere als still! Neue Brennereien und Besucherzentren befinden sich in Planung oder im Bau, neue Abfüllungen kamen und kommen auf den Markt - in Schottland und der Welt.

Die Campbeltown Brennerei Glen Scotia ließ sich nicht von Kontaktbeschränkungen aufhalten und veranstaltete das Campbeltown Malts Festival kurzerhand online: Mit dem Kauf eines Miniatursortimentes mit ausgewählten Glen Scotia Fassproben erhält man die Zugangsdaten zu einem exklusiven Online Dunnage Tasting. Die irische Waterford Brennerei brachte im April ihr ‘Inaugural Release‘, ihren ersten Whisky, heraus. Für die irischen Single Farm Origins wird pro Whisky ausschließlich Gerste von einer einzigen Farm verwendet. Und auch in Deutschland tut sich was: Die Brennerei Hammerschmiede im Harz veröffentlichte im Mai die erste Distillery Edition ihrer Marke Elsburn. Batch #1 reifte in 100% Sherryfässern und zeigt sich als üppiger, fruchtig-würziger und eleganter Single Malt. Die Speyside Brennerei Glen Grant feiert im aktuellen Jahr ihr 180-jähriges Bestehen mit der Veröffentlichung der Jubiläumsabfüllung Arborais, ‘das Licht aus dem Inneren der Bäume‘ - ein Grund zu feiern!

Neben dem Veröffentlichen von neuen Abfüllungen tut sich ebenfalls so einiges in den Brennereien der Welt. Bereits im Januar begannen die Bauarbeiten an der neuen Port Ellen Brennerei, die wieder aufgebaut wird und neuen Whisky produzieren wird. Seit 1978 ist die Brennerei geschlossen und fungierte in der langen Zwischenzeit als Großmälzerei für andere Islay-Brennereien. Doch nun soll dort wieder eigener Port Ellen Malt hergestellt werden. Der Neubau einer weiteren Ilsay Brennerei ist von Elixir Distillers in Planung. Die Firma vertreibt bereits den Islay Single Malt Port Askaig. Jetzt möchte man mit einer eigenen Brennerei zur Inselgemeinschaft Islays beitragen. Es hagelt Baugenehmigungen: Auf dem schottischen Festland erhielt die Highland Brennerei Moffat im Januar eine Baugenehmigung. Die Destille wird im gleichnamigen Ort Nahe der Lowland Brennerei Annandale entstehen. Auch die zukünftig nördlichste Whisky-Brennerei auf dem schottischen Festland in John O’Groats erhielt im März ihre Baugenehmigung. Der unabhängige Abfüller Gordon & MacPhail wartet gespannt auf den Spatenstich seiner geplanten Brennerei in Craggan in der Speyside. Ursprünglich sollte dort bereits Ende 2020 der erste Spirit durch die Stills fließen, jedoch machte Covid-19 dem Unterfangen einen Strich durch die Rechnung und nun verzögert sich der Baubeginn der Craggan Distillery. Weiter südwestlich erhielt im Mai die Llandudno Brennerei in Wales ihre Baugenehmigung. Die zweite Brennerei von Penderyn wird nahe der gleichnamigen Stadt an der Nordküste von Wales entstehen. Apropos Brennerei am Wasser: Am Ufer des schottischen Loch Lomond entsteht momentan die Glen Luss Distillery, die mit der Hilfe ihres Founder‘s Clubs drei Millionen Pfund zur Finanzierung des Bauprojektes sammelte.

Auch in den USA nimmt Fresh Bourbon Distilling Co gerade viel Geld in die Hand und baut in Lexington, Kentucky eine Brennerei im Wert von 5,4 Millionen US-Dollar. Die Pläne dazu veröffentlichte die Firma bereits im Februar. Wenige Meilen weiter Richtung Osten, in Frankfort, Kentucky, investierte die Buffalo Trace Brennerei Anfang des Jahres mehr als eine Milliarde Dollar in Erweiterungen, die insgesamt 22 Lagerhäuser sowie eigene Maisfelder und die Modernisierung der Brennereianlagen umfassen sollen. Die englische Lakes Distillery erhielt zu Beginn des Jahres ein stolzes Darlehen im Wert von 4,25 Millionen Euro, um ihre Brennerei um ein Besucherzentrum und zusätzliche Washbacks zu erweitern, sodass die Produktion künftig rund um die Uhr laufen kann. Apropos Besucherzentrum: Seit diesem Monat gehen auch die Arbeiten an der großen Johnnie Walker Experience weiter. Das Besucherzentrum in Edinburgh ist Teil eines 150 Millionen Pfund schweren Investitionsprogramms des Spirituosenkonzerns Diageo, das auch den Umbau und die Modernisierung der Besucherzentren von Glenkinchie, Cardhu, Caol Ila und Clynelish enthält sowie den Neubau der Brennereien Brora in den Highlands und Port Ellen auf Islay.

Sie sehen: In der Whisky-Welt hat sich im vergangenen halben Jahr so einiges getan - trotz der weltweit einschränkenden Situation. Ob in Schottland, den USA oder Europa, das Thema Whisky bringt stetig spannende Neuerungen mit sich und auch wenn die Welt teilweise stillzustehen schien: Die Whisky-Welt steht alles andere als still!