Experimente mit Eichenholz (Chips und Faß)

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  • Roger1985
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    User Roger1985
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    Tag 203

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    Es ist mal wieder Zeit für eine Fassprobe und auch diesmal bin ich wieder total gespannt. Nach der schönen Entwicklung beim letzten mal hatte ich schon fast Angst, mein Fass könnte überreif geworden sein. Aber ich kann euch beruhigen, das ist nicht der Fall.


    Aroma: Ich habe diesmal wieder mehr die Säure. Ich erinnere mich sofort an den Rotweineinfluss, habe unreife Trauben. Das schöne Holz habe ich erstmal garnicht. Ich stelle das Glas beiseite und lasse es erstmal ein wenig atmen. Direkt aus dem Fass ist es auf jeden Fall erstmal unreif.


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    Nach ungefär einer halben Stunde rieche ich erneut. Die Luft hat dem ganzen echt gut getan. Die Säure ist zwar noch da, aber in den Hintergrund gerückt. Ich habe jetzt eine schöne Milchschokolade. Dann eine saure Frucht, ich denke an Ananas. Kann aber sein, dass ich da von dem Bild irgendwie beeinflusst werde wie ich so daraufstarre. Dann habe ich eine wirklich schöne Holzwürze, nicht bitter, sondern einfach wirklich würzig. Süße habe ich diesmal garnicht so sehr. Mazipan kommt dafür. Und dann kommt wieder Holz, diesmal noch kräftiger als grade. Ich mags :smile:


    Geschmack: Leicht scharf im Antritt, Fassstärke spürbar. Ich habe auch im Geschmach Holz und Milchschokolade. Wenn ich kleine Schlucke nehme bekomme ich im Geschmack einen Hauch Vanille. Säure ist auch hier spürbar, erinnert an eine saure, tropische Frucht wie eine Kiwi oder Ananas. Dann noch Würze, ich denke an Ingwer. Ja, das ist ganz deutlich. Leicht scharf, aber nicht unangenehm. Dazu Muskat.


    Und dann ist der Probierschluck auch schon weg. Zusammenfassend finde ich die Eindrücke spannend. Ich hatte mir ein wenig mehr Reife versprochen, aber ich merke auch diesmal wieder, dass dieses Hobby einfach nichts für ungeduldige Menschen ist. Ich lasse mir also Zeit und warte wieder gespannt einen Monat für den nächsten Schluck :smile:

  • Roger1985
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    Tag 232

    Heute ist wieder ein Monat um, ich verkoste erneut mein Fass. Aber zuerst einmal ein Nachtrag: Man kann es auf dem nicht so gut erkennen, aber wir haben ein wenig Whisky verloren, da das Fass ein wenig genässt hat. Vorne links unten ist ein wenig Whisky ausgelaufen. Ich vermute, dass hier einfach mit der Zeit die Poren des Holzes ein klein wenig aufgeweicht sind und ein winziges Loch entstanden ist. Ich habe das Fass also kurzerhand aufgestellt und mir Fassdichte besorgt. Die habe ich großzügig aufgetragen und seitdem ist das ganze wieder dicht. Gutes Zeug, kann ich empfehlen, wenn euch sowas auch mal passiert. Ist zwar ein wenig klebrig und geht schwer von den Fingern, aber es tut was es soll: Fass wieder dicht!

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    Aber kommen wir mal zum Whisky:

    Geruch: Im Vergleich zum letzten Mal nochmal harmonischer. Sehr fruchtig zunächst, man hat wieder Birne. Diesmal aber nicht mehr so unreife Birne, sondern schon eher eine saftige. Man riecht auch das Holz mit einem Karamell. Ich bilde mir diesmal noch mehr Vanille ein, dazu was sehr blumiges. Das säuerliche von dem Rotweinfass habe ich immernoch, das hält sich wirklich hartnäckig. Ganz leicht auch Vollmilchschokolade. Der Monat hat dem Geruch auf jeden Fall gut getan.


    Geschmack: Immernoch kräftig im Antritt, aber nicht mehr so roh/scharf.  Erst etwas süßlich, dann rollt das Holz los. Auch wieder gut fruchtig, aber auch hier eher Richtung Birne. Die Banane ist total verschwunden. Die Trauben vom Rotweinfass sind aber noch da, auch im Geschmack hartnäckig. Ein schönes Wechselspiel von süß und trocken. Ich denke an eine Malzigkeit und wieder Karamell oder Toffee. Wenn ich jetzt nochmal in das Glas reinrieche habe ich VIEL Vanille, die bilde ich mir nicht mehr ein, die ist da. Sehr schön! Im zweiten Schluck habe ich wieder Schokolade. Die habe ich beim ersten total vermisst, aber jetzt ist sie da. Eher Vollmilch als Zartbitter. Dann kommt ein wenig scharfes, was aber nicht mehr alkoholisch ist, ich denke eher an eingelegten oder rohen Ingwer. Holz ist natürlich da, aber nicht störend. Dann kommt wieder eine Fruchtigkeit, die ein wenig bitter ist, so in die Richtung Grapefruit. Alles in allem sehr schön!


    Abgang: Dieser ist nun wirklich schon mittellang. Ich habe den wirklich lange im Mund. Sehr trocken, aber das habe ich bei Bladnoch immer. Ich habe den 10er hier stehen und da habe ich das auch, sehr trockener Abgang. Das Holz bleibt lange im Mund und lässt das Zahnfleisch trocken werden. Ich mag das, aber könnte nicht jedermanns Sache sein.


    Fazit: Ich sehe hier schon einen Whisky. Ich habe nicht mehr das Gefühl, hier was unfertiges im Glas zu haben. Ich denke zum ersten Mal, dass man das ja auch schon abfüllen könnte. Ich will aber doch noch einen Monat warten, da ich zu neugierig bin, wie es weiter geht. Ich denke aber, dass ich den beim nächsten Mal abfüllen muss, damit er nicht zu holzig wird.

  • Roger1985
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    , letzte Änderung 10. November 2022 um 22:38
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    Tag 265

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    Heute ist mal wieder ein Monat um und es wird wieder gekostet. Die Farbe ist schonmal sehr vielversprechend, also halten wir mal die Nase rein, frisch aus dem Fass. Ich rieche noch nicht so viel, kann sein, dass der Whisky zu kalt ist. Ich gebe ihm mal ein wenig Zeit bei Zimmertemperatur.

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    Geruch: Ich rieche zu Beginn reife Früchte, dann aber auch frische. Ich denke Äpfel, vielleicht sowas wie einen Bratapfel. Darauf geträufelt ein wenig Pflaumenmus mit Zimt. Ich habe VIEL Schokolade. Und jetzt kommt ein wunderbar würziges Holz. Oh Mann, ich hatte grade einen echten Whisky-Moment. Da ist sehr viel da, was ich an Whisky schätze. Jetzt kommt die Malzigkeit, aber sehr subtil. Nicht zu stark, bin kein Freund von zu starker Malzigkeit. Wieder das würzige Holz, dann kommen Gewürze. Ich habe Muskat und auch wieder Zimt. Ich habe auch Nüsse und Karamell. Ich rieche immer weiter und entdecke immehr mehr, aber ich bin mir grade nicht mehr sicher, ob hier Einbildung oder Wahrheit am Werk ist. Ich bin auf jeden Fall hin und weg von der Nase und muss das jetzt probieren.


    Er beginnt mit einer wunderbaren Schokoladigkeit. Er ist sehr ölig / sahnig. Das Karamell kommt. Dazu sehr nussig und buttrig. Diese Kombination aus Nüssen und Butter habe ich sonst nur bei gutgereiften Oloroso-Whiskys, die ich wirklich SEHR gern mag. Auch der Geschmack geht also gut los. Dazu ist der Whisky noch ziemlich süß. Ich habe hier viel Karamell, braunen Zucker, Puderzucker. Die Früchte sind etwas weniger da als bei den letzten Proben, aber ich habe immernoch ein wenig Birne. Das "Problem" grade ist, dass der so lecker ist, dass ich den garnicht lange im Mund habe, irgendwie schlucke ich den viel zu schnell runter. Daher kommen wir direkt zum...


    Abgang: Sobald der sehr süße Whisky den Mund verlässt setzt eine echt trockene Bitterkeit ein. Das Zahnfleisch wird trocken, der Mund wird trocken. Das Holz hallt lange nach und man hat das Gefühl, einen sehr trockenen Rotwein getrunken zu haben.


    Wenn man wieder einen Schluck nimmt, dann gleicht sich das sehr schön aus. Sehr süß und sehr trocken (geht das überhaupt oder bin ich nach dem ersten Whisky des Abends schon durch besoffen?).


    Ich kann auf jeden Fall sagen: Der Whisky ist fertig. Er schmeckt wunderbar, dafür hat sich meiner Meinung nach das Warten gelohnt. Übrigens fällt mir erst jetzt ein, dass dieser Whisky über 60% Alkohol hat. Das merkt man im Geschmack in keinster Weise. Der ist wie man so schön sagt: "Smooooooth as F*ck". Also absolut fertig, was die Reifung angeht. Keine Schärfe mehr, keine Jugend mehr. Ich muss aber auch sagen, dieser extrem trockene Abgang, dass muss man mögen. Wenn man nicht so auf trockene Rotweine steht, dann ist das sicher für viele ein Abturner. Für mich ist es das nicht, ich mag das.  Auch sollte er auf keinen Fall länger im Fass bleiben, die Holzigkeit ist gradee auf dem Peak. Länger, und er wird sehr warscheinlich drüber sein und verholzt. Ich fülle also direkt ab.


    Tante €dit sagt: Nach dem Genuss des im nächsten Post erwähnten Doppel-Drams kann ich noch nachliefern: Der Whisky verträgt wirklich gut Wasser. Also ich habe da mal wirklich exzessiv mit Wasser gespielt und muss sagen, er verliert nur sehr minimal Aromen. Dabei wird hauptsächlich die Trockenheit weniger. Ich habe den "Sweet-Spot" noch nicht gefunden, aber da gibt es ganz bestimmt einen.

  • Roger1985
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    Tag 265


    Ich habe mich wie gesagt bei der heutigen Verkostung dazu entschieden, den Whisky abzufüllen. Ich wollte euch aber natürlich mit ein paar Impressionen teilhaben lassen.


    Fangen wir mal an mit dem Whisky direkt aus dem Fass:

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    Das nenne ich mal eine trübe Suppe. Ich entscheide mich dazu, den Whisky einmal durch einen Kaffeefilter zu jagen, das Ergebnis ist dann das hier:

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    Ich glaube selbst auf den Bildern sieht man einen deutlichen Unterschied. Es schwimmt zwar immernoch gut was an Sediment drin rum, aber das stört mich nicht. Ich fülle das also in Flaschen ab. Herausgekommen sind 2 0.5 Liter-Flaschen, eine 0.2-Liter-Flasche und ein guter, doppelter Dram für den stolzen Whisky-Maker:

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    Kommen wir zur Zweitbefüllung. Diese wartete ja schon wie erwähnt in einem "Marrying-Vat" auf seinen Auftritt:

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    Das Fass habe ich einmal kurz durchgespühlt und dann direkt wieder befüllt, damit es nicht trocken und undicht wird:

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    Wie ihr vorne seht musste ich die Fassdichte nochmal zusätzlich auftragen, da über die Zeit ein klein wenig raus-diffundiert ist.


    Das freigewordene Glas habe ich dann auch zum Anlass genommen, meine Port-Chips aus dem Wein zu befreien:

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    Aktuell tropen sie ab und trocknen, damit ich sie morgen abend ungefär in die vorbereiteten Gläser abfüllen kann:

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    Das "Abfallprodukt" Portwein habe ich mir dann auch mal zur Gemüte geführt:

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    Der Ruby ist nach schlappen 9 Monaten in 1:1 Holzchips ordentlich braun geworden :razz: Man muss auch sagen, dass hier das Wort "holzig" nicht annähernd beschreibt, wie er schmeckt. Dafür ist die Vanille wie man so schön sagt: "Through the roof". Süß, aber unfassbar holzlastig und im Abgang Mundraumzusammenziehend trocken. Also irgendwie ganz verrückt, aber auch irgendwie lecker. Ich werde den im Keller einlagern und dann mit dem Portwein mischen, den ich als "Drittbefüllung" meines kleinen Fasses plane. Dazu habe ich mir 3 Flaschen Ruby-Port in den Keller gestellt, die nach der grade eingefüllten "Zweitbefüllung" ins Fass gehen und dies hoffentlich wieder ordentlich aufladen. Danach ist dann wieder "Spirit Drink" geplant, aber bis dahin wird noch einiges an Zeit ins Land gehen. Ich werde euch auf jeden Fall weiterhin auf dem Laufenden halten.

  • tangtang User tangtang Dabei seit: 13.09.2019Beiträge: 8,588Bewertungen: 957
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    @Roger1985 richtig spannend hier mitzulesen.


    wuerde mich ja auch reizen ein eigenes kleinen Fass ins Haus zu holen.

    Da es bei uns aber das Jahr ueber viel zu warm ist und wir keinen Keller haben wird das leider nix.

    keep calm, drink a whisky. 

    L.L.C.C. Loch Lomond Connoisseurs Club / WhiskyYoda's Whisky reviews

    meine persoenliche Bewertungsskala (Base --> Whisky.de):

    100-90 Pkt --> ★★★★★ / 89-78 Pkt --> ★★★★ / 77-68 Pkt --> ★★★67-60 Pkt --> ★★ / 59-40 Pkt -->  / 39-0 Pkt --> NIX!



  • Roger1985
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    @tangtang 

    Also wenn du Spaß am experimentieren hast, dann kann ich dir das nur empfehlen. Man muss sich halt im klaren sein, dass am Ende nicht der beste Whisky der Welt herauskommt, aber man zumindest Spass bei der Sache hatte und etwas über Whisky lernt. Ich habe halt auch gelernt, dass wenn man zu Hause experimentieren will, dass man dann direkt auf das Fäßchen gehen sollte. Zumindest wenn man mit ungereiftem Brand arbeitet. Zum Nachreifen von fertigem Whisky sind Chips einfacher und günstiger. Schön ist halt auch, dass man dann beim "normalen" Verkosten von Whisky schöne "aha"-Momente hat, bei denen man das selbst im Kleinen bemerkte auch bei "den richtigen" WHiskys wiedererkennt. Das ist schon cool.


    Zu dem Klima kann ich nichts sagen. Für mich war irgendwie nie die Frage, wie und wo ich das reife, da ich meine, mein Keller simuliert das schottische Warehouse wohl am besten. Aber es gibt ja auch Länder, in denen die Temperaturen höher sind und auch dort wird sehr guter Whisky gebrannt und gereift. Also ich sage mal das ist auf jeden Fall bei dir nicht direkt zum Scheitern verurteilt. Du musst halt nur mit kürzeren Reifungszeiten rechnen und öfter probieren tippe ich mal. Man muss außerdem hoffen, dass das kleine Fass und die hohen Temperaturen in Kombination eben nicht zu viel sind.

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  • Roger1985
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    Tag 297

    Kleiner Nachtrag: Nach ungefär zwei Tagen waren die Chips trocken und ich habe sie in Gläser abgefüllt:image

    Kommen wir zur nun einen Monat im Fass liegenden Zweitbefüllung:

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    Zur Erinnerung: Die Zweitbefüllung besteht aus den Ansätzen mit Holzchips (franz. und amer. mit mittlerer bis starker Toastung) sowie aus den Ansätzen, die mit den selbstgemachten Portchips mit leichter Toastung (ebenfalls franz. und amerikanisch) versetzt wurden.


    Geruch:

    Beginnt vielversprechend mit Vanille und Karamell. Viel Holzwürze. Die Erinnerung an die Holzchips-Ansätze kommt wieder. Ich bin wieder bei meinem Vanilleeis. Ich habe aber auch eine leichte alkoholische Schärfe, die aber in meiner Erinnerung etwas stärker war. Ich bilde es mir also ein, oder aber das Fass hat schon ein wenig Wirkung gezeigt. Viel mehr bekomme ich aber grade nicht. Karamell, Vanille, Holz. Wie in meiner Erinnerung gut, aber nicht sehr komplex.


    Geschmack:

    Ui, was ein Antritt. Holz, Holz Holz. Trockenes Holz. Holziges Holz. Sagte ich Holz? So krass hatte ich das garnicht in Erinnerung. Alkohol ist spührbar, dann kommt das Karamell. Süße kommt dazu, aber das Holz ist sehr präsent. Ich kann hier noch nicht dahinterriechen und verdünne das ganze erstmal mit etwas Wasser.


    ....



    Geruch:

    Es kommt etwas Apfel dazu, sonst habe ich keine Veränderung. Vanille-Karamell-Apfel. Lecker.


    Geschmack:

    Das Holz ist deutlich angenehmer, die Schärfe vom Alkohol ist auch entspannter. Das Holz hat interessanterweise grade vom Geschmack her an Rauch erinnert. Ich fühle mich sehr stark an den Laphroaig Lore erinnert. Dazu kommt jetzt eine Nussigkeit, vielleicht Haselnuss. Auch Walnuss ist möglich, wegen der Bitterkeit. Ich hatte erst gedacht, er wäre trocken, aber das ist eher bitter und süß, praktisch bittersüß. Frucht ist schwer zu finden, ich glaube ich habe keine. Alles andere wäre wahrscheinlich angedichtet, daher schließe ich hier lieber.


    Fazit:

    Da muss noch einiges passieren. Ich glaube natürlich nicht, dass das Holz weniger werden wird, aber ich erhoffe mir, dass die Schärfe zurückgeht und das ganze ein wenig mehr dazugewinnt in Geruch und Geschmack. Runder und komplexer darf es gern werden, ein wenig Fruchtigkeit wäre schön. Aber jetzt warten wir erstmal einen Monat ab...

  • Roger1985
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    Tag 331


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    Geruch:

    Schon beim eingießen ins Glas steigt eine unfassbare Süße hoch. Es riecht wie flüssiger Traubenzucker. Wirklich schon klebrig süß, aber auf eine gute Art. Ich lasse den Whisky aber aus Erfahrung erstmal eine Viertelstunde im Glas, bevor ich meinen Riechkolben reinhalte...

    Nach der Viertelstunde ist diese extreme Süße weniger geworden, aber immernoch da. Sie ist das erste, was man wahrnimmt. Dann kommt das Holz, das aber erfreulicherweise nicht mehr geworden ist. Meine Befürchtung war, dass es zu holzig wird, da ja schon die Ansätze extrem waren, aber ich habe fast das Gefühl, dass sich meine Hoffnungen bestätigt haben und das Faß diese extreme Holzwürze abrundet. Ich bin auf jeden Fall nicht unangenehm vom Holz erschlagen. Im Geruch macht sich fast ein wenig Rauch breit, der hier natürlich nicht Torfrauch ist sondern wohl von der Toastung der Holzchips stammt. Immer wieder tauchen Vanille und Karamell auf und melden sich. Schönes Wechselspiel. Ich bilde mir auch ein, das Weinige von den Portchips zu riechen, es kommt eine traubige Note durch. Dazu ein Apfel, eher auf der reifen und mehligen Seite als frisch wie ein Granny Smith oder so. Grade einmal kurz den exakt richtigen Punkt getroffen, an den die Nase über dem Glas gehört und hatte all diese Eindrücke auf einmal. Da läuft einem das Wasser im Mund zusammen.


    Geschmack:

    Es rollt erstmal das Holz über die Zunge und man hat Angst, dass dies alles andere dominiert. Aber direkt im nächsten Moment hat man den Eindruck, Karamell im Mund zu haben. Ein wunderschönes Sahnekaramell. Dann habe ich auch eine Salz-Assoziation, wie gesalzenes Karamell. Ölig, Sahnig, buttrig ist das Mundgefühl. Eine Alkoholschärfe habe ich eigentlich nur bei größeren Schlücken, bei dem normalen "Nipper" ist nichts von Schärfe zu merken. Vanille ist im Geschmack zurückhaltender, aber da. Holz ist nicht störend sondern unterstützend. Vielleicht ist das Holz nur so gut eingebunden heute, weil ich eine Holzbombe erwartet habe, aber ich finde es echt gut heute. Ich habe auch irgendetwas deftiges, was ich grade nicht zuordnen kann. Irgendwie fleischig und salzig, vielleicht wie eine Art Rinderbrühe. Immer wieder unterbrochen von Süße, diesmal Zuckerwatte. Hin und wieder hat man noch einen scharfen Moment, aber das ist absolut minimal.


    Finish:

    Im Abgang hält sich lange und stark Holzwürze und Traubenzucker. Passt gut zusammen: Eher bitteres Holz ergänzt durch fruchtige Süße. Und das hält sich wirklich lange. Ganz hinten raus kommt auf einmal ein frischer Moment, vielleicht Menthol oder so. Aber dieses bitter-süß-Wechselspiel hält sich wie gesagt echt lange. Trockenes Zahnfleisch, süß belegte Zunge.


    Fazit:

    Macht Spaß. Meine Hoffnung, dass die sehr holzige Vanille-Karamell-Bombe vom Faß runder gemacht wird ist voll aufgegangen. Man kann diesen eigentlich schon so abfüllen und hat einen wunderbaren Whisky. Ich bin aber zu neugierig. Ich will den letzten Rest Schärfe noch rausbekommen und lasse den noch einen Monat im Faß. Wenn er dann doch verholzt ist, dann bin ich zumindest schlauer, was das angeht. Das ganze ist ja auch ein Experiment und soll Erkenntnisse bringen. Wenn das nicht das Ziel wäre, dann würde ich den JETZT abfüllen und die Verholzung nicht riskieren, aber für den Erkenntnisgewinn geben wir dem ganzen noch einen Monat. Für die Wissenschaft! ;-)

  • Roger1985
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    , letzte Änderung 11. März 2023 um 15:48
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    Tag 386

    imageJetzt sind schon 2 weitere Monate vergangen. Im letzten Monat habe ich leider nichts verkosten können, Erkältungen sei Dank habe ich die letzte Testrunde verpasst. Daher jetzt die nächste.


    Geruch:

    Man merkt direkt, dass die Traubenzuckersüße zurückgegangen ist. Deutlich zurückhaltender in der Nase. Holz kommt mehr, würziger ist das ganze. Noch runder ist die Ganze geworden. Die Süße ist ein wenig vielschichtiger, jetzt auch eine Vanillesüße statt der recht "einfachen" Traubenzuckersüße. Nach einer Weile im Glas kommt auch Karamell dazu. Früchte kann man erkennen, erinnert an eine nicht richtig reife Banane. Die hat auch so eine gewisse Bitterkeit, die sich ein wenig andeutet. Traubenzucker ist aber auch noch erkennbar. Schön, das kann sich sehen lassen.


    Geschmack:

    Im Geschmack muss man sich Zeit lassen. Anfangs noch sehr verschlossen (kann sein, dass er durch den Keller anfangs zu kalt war) macht er dann immer mehr auf. Ein wenig mit der Hand gewärmt entwickeln sich natürlich das Holz, Schokolade, Vanille und Karamell. Bei der Frucht bin ich auch hier wieder grade bei einer leicht grünen Banane. Wer schonmal in eine solche gebissen hat kennt bestimmt dieses leicht mundzusammenziehende, trocken-bittere. Das Zahnfleisch wird trocken, das Holz ist schon sehr präsent, bleibt aber angenehm. Mit der Zeit baut es dann immer mehr aus, verbleibt lange im Mund und steigert sich so immer weiter. Man muss schon auf Holz stehen, sonst ist das zu viel. Helle Früchte wie Apfel und Birne deuten sich an. Das Holz ist aber in den letzten zwei Monaten nicht wirklich aufdringlicher geworden, ich meine das auch schon beim letzten mal so empfunden zu haben.


    Abgang:

    Lang und wirklich trocken. Weiterhin der Effekt eines trockenen Rotweins (nicht der Geschmack, nur dieses Mundraum-ausfüllende, trockene). Wer das mag, der wird das auch hier schätzen.


    Fazit

    Ist auf jeden Fall nichts, was man in Mengen trinkt, sondern in kleinen Dosen. Aber da ist es sehr schön. Ich merke immer mehr, wieso die Profis Fässer für die Reifung von Spirit verwenden. Es macht einfach so viele Dinge mit dem Destillat, die das trinken angenehmer machen. Runder und weicher sind zwar nicht gern gehörte Worte, aber das ist es dann einfach. Angenehmer als das was reingegangen ist. Ich erwarte jedoch keine weitere Verbesserung, außerdem bin ich schon sehr gespannt auf das Experiment, auf das ich eigentlich zu Beginn hinauswollte. Daher fülle ich das ganze jetzt ab.


    Abfüllung

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    2 mal 0.5 Liter, 2 mal 200ml und der Rest in einem Einmachglas. Ich finde die Farbe hat ja was :smile:


    Neubefüllung

    Was meine ich mit dem Experiment, dass ich EIGENTLICH machen wollte? Nunja, ich wollte meinen eigenen, im Portweinfass gereiften Whisky machen. Dafür war das Fass ursprünglich gedacht. Um aber die schöne Virgin-Oak-Power nicht zu verschenken habe ich diese beiden Befüllungen vorgelagert und die ersten schönen Aromen aus dem Holz gezogen. Nun ist also erstmal wieder aufladen angesagt. Hierzu habe ich mir Portwein besorgt, der jetzt erstmal ein paar Monate in das Fass einwirken darf:

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    Jetzt heißt es warten. Ich werde diesen warscheinlich nicht zwischenkosten, da ich hier einfach das Fass aufladen will. Ich werde mich also erst in ein paar Monaten wieder melden, wenn nicht etwas unfassbar unerwartetes passiert. Bis dahin werde ich nur vielleicht einmal im Monat mit dem Rest aus der Flasche nachfüllen, um den Angels-Share auszugleichen und das Fass immer schön bis zum Rand voll zu halten. Das soll das Holz befeuchtet halten und außerdem der Schimmelbildung vorbeugen.

  • Roger1985
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    User Roger1985
    Dabei seit: 22.04.2018Beiträge: 70Flaschensammlung:Roger1985s SammlungBewertungen: 4
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    Ich hole diesen Thread mal aus der Versenkung, denn ich habe mich dazu entschieden, dass es heute soweit ist. Der Portwein hat das Fass jetzt wirklich lange genug befruchtet. Irgendwann muss auch mal schluss sein, daher habe ich das tiefschwarze Nass heute aus dem Fass in Flaschen abgefüllt.image

    Ja gut, "Flaschen" ist jetzt schon fast übertrieben. Zwei Tamdhu Flaschen sind voll geworden, dann noch ein kleiner Rest, den ich heute abend genießen werde. Ich bin schon gespannt. Hier ein paar Impressionen von der Abfüllung:

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    Diese Flaschen werden jetzt erstmal eingelagert. Das Fass habe ich einmal klar durchgespühlt und lasse es jetzt noch bis morgen trocknen. Dann wird der bereitstehende New Make eingefüllt.

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