Welche Whiskys soll man kaufen?

Das Besondere an Whiskyalter und Fassqualität

Die starke globale Nachfrage nach hochwertigem Whisky hat zu einer Überbeanspruchung der schottischen Whiskylager geführt. Zur Jahrtausendwende konnte eine große Brennerei wie Glenfiddich noch das Alter seines bestverkauften Single Malt Whiskys auf 12 Jahre erhöhen. Heute sieht es heute mit solchen Maßnahmen eher schlecht aus. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall.

Glenfiddich war bis zum Jahr 2015 die meistverkaufte Single Malt Whiskymarke der Welt. Im Jahr 2016 konnte diese Spitzenstellung von Glenlivet übernommen werden. Sicherlich hatte die Einführung des jungen Founder's Reserve ohne Altersangabe seinen Einfluss darauf. In Asien und auf dem amerikanischen Kontinent wächst ein neuer Mittelstand heran, der sich guten Whisky etwas kosten lässt. Und diese Märkte wird kein Whiskyproduzent ignorieren können. Und so folgt was folgen muss: Angebot und Nachfrage bestimmen die Preise. Und die Preise hochwertiger Whiskys kennen seit ein paar Jahren nur noch eine Richtung - Nach oben!

Interessant sind die Whiskys, die sich gegen diesen Trend stellen. Whiskys, die seit Jahrzehnten ihr reifes Alter behalten haben und sich im Preis nicht bewegen. Nagut - auch sie haben sich im Preis leicht erhöht, jedoch sind sie im Rahmen der allgemeinen Preissteigerung verblieben. Bestes Beispiel dieser preislich konstanten Whiskys ist der Dalwhinnie 15 Jahre. Heute kostet diese Flasche 33,99 €. Vor 10 Jahren boten wir diesen Single Malt zu 29,99 € an. Das entspricht einer Preissteigerung von 1,25% pro Jahr. Oder ein Bowmore 12 Jahre. Heute kostet er 28,99 €. Das entspricht sogar einer Preissteigerung von nur 1,1% pro Jahr. Ähnlich preiswert verbliebene Whiskys sind Laphroaig 10 Jahre (1,8%), Talisker 10 Jahre (1,2%), Highland Park 12 Jahre (1,25%) und zahlreiche mehr.

Was können diese Brennereien, was andere nicht können? Was sind das für Whiskys? Wichtig ist zu erkennen, dass es sich bei diesen Flaschen um die Top-Seller der jeweiligen Brennereien handelt. Alles am Produktionsprozess ist optimal auf diese Whiskys ausgerichtet. In den vergangenen 10 Jahren wurde viel in den Brennereien automatisiert. Alle Produktionsmittel wie Maischetonnen, Gärbehälter und auch die Brennblasen können heute Arbeitszeit sparend automatisch gereinigt werden. Fässer werden auch nicht mehr von Hand gerollt, sondern auf Paletten mit Gabelstaplern bewegt und Wärmeenergie wird wo immer möglich wieder verwendet. Selbst der Gerstenpreis hat sich seit Anfang 2013 fast halbiert. Wo man auch hinsieht – die Automatisation hat auch in den klassischen schottischen Whiskybrennereien riesige Fortschritte erzielt, ohne am Alter oder Qualität Abstriche vorgenommen zu haben. Diese gewaltigen Kosteneinsparungen halfen den Brennereien dabei, ihre Preise für diese Megaseller nicht nennenswert steigern zu müssen.

Einen sehr großen Einfluss auf den Preis einer Whiskyflasche hat aber auch Werbung und Marketing. Millionen Flaschen verkaufen sich selten von alleine. Der Kunde will umworben, besser gesagt informiert werden. Bei den oben genannten Megasellern ist das einfach. Jeder Whiskykenner hat eine Vorstellung von diesen Whiskys und braucht nur noch einen kleinen Anstoß, um mal wieder eine Flasche zu erwerben.

Ganz anders bei den Whiskys abseits des Mainstreams. Und dabei ist es egal, ob der Whisky alt und sehr teuer oder jung und moderat im Preis ist. Bevor ein Kunde eine solche Flasche erwirbt, möchte er mehr über die Besonderheit der speziellen Flasche erfahren. Damit explodieren die Kosten für Marketing und Werbung. Nicht nur muss man für teuer Geld detaillierte, neue Informationen verbreiten. Man muss die dabei entstehenden Kosten gleichzeitig auf eine deutlich geringere Anzahl an Flaschen umlegen. Nicht selten spricht die Branche von 20-30 Euro Werbe- und Marketingkosten pro verkaufter Sonderflasche.

Und dann ist da noch der Markt, auf dem Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Da die Anzahl an Whiskygenießern global dermaßen zugenommen hat, kann das Angebot immer seltener die Nachfrage decken und die Preise steigen ins Unermessliche.

Anders am unteren Ende des Spektrums. Glenlivet kann seinen jungen Founder's Reserve im Marketingschatten des 12-Jährigen preiswert an die Kundschaft bringen. Der Erfolg könnte größer sein. Das 2010 in Betrieb gegangene neue Brennhaus liefert Malt Whisky im Überfluss.

Also müssen sich die Hersteller etwas überlegen. In der Vergangenheit reifte man seine Whiskys in einem speziellen Verhältnis von Ex-Bourbon und Ex-Sherryfässern. Jeweils als Erstbefüllung und als Wiederbefüllung. Die Brennerei Aberlour war für diese ausgewogene Abfüllung berühmt.

Die Dotcom-Rezession fand ihr Ende um das Jahr 2003. Mit dem folgenden extremen Anstieg der Nachfrage und und der Entwicklung Asiens musste man mehr und mehr Fässer ein erneutes Mal befüllen. Alle Beschaffungsprozesse waren immer noch auf eine stagnierende bzw. nur leicht ansteigende Nachfrage ausgerichtet. Mit der Zeit sammelten sich so mehr und mehr zwar ältere aber wenig gereifte Refillfässer an. Was sollte man mit dem Whisky machen? Die Nachreifung in frischen Fässern war die Lösung. Die Pioniere in der weitflächigen Anwendung des Nachreifens waren Glenmorangie und Balvenie. Ihre Port Wood Finish und Double Wood Abfüllungen sind in der Branche heute noch berühmt. Allerdings erfordert eine Nachreifung einen weiteren Umfüllprozess und damit Geld. Zudem kam der Geschmack dieser Abfüllungen wegen der fehlende Eichenbitterkeit beim Publikum sehr gut an. Am Ende spiegelte sich dieser Erfolg in einem deutlichen Preisanstieg für diese Flaschen wieder.

Allerdings konnten auch die zur Nachreifung zur Verfügung stehenden, länger gereiften Refillfässer die Nachfrage nicht decken. Die Lösung für dieses Problem war nicht schwer zu finden. Man nehme statt den alten in Re-Refillfässern nur wenig gereiften Whiskys junge, gut gereifte Whiskys. Diese an sich schon guten Whiskys reift man anschließen noch einmal für 6 bis 12 Monate in ganz speziellen Fässern herausragender Herkunft nach. Weingüter, Weinsorten oder Weinregionen können damit nicht nur mit ihrer frischen Weinfarbe sondern auch mit ihrem guten Ruf auf diese Whisky 'abfärben'. Und bitte verstehen Sie das jetzt nicht abwertend. Sauternes-, Banyul-, Marsala- und noch viele andere Fassarten ergeben hervorragend nachgereifte Whiskys.

Es gibt jedoch einen kleinen Pferdefuß. Nicht alle in guten Fässern nur kurzgereiften Whiskys sind wirklich gut. Neben dem Transport von Aromen aus der Fasswand in den reifenden Whisky (Additive Reifung) bauen sich scharfe und unerwünschte Aromen während der Reifezeit im Whisky über die Reifezeit langsam ab (Subtraktive Reifung). Hochdestillierte Whiskys, z.B. aus Dreifachdestillationen, erreichen bereits nach wenigen Jahren eine gute subtraktive Reifung. Andere, z.B. auf kleinen Brennblasen gereifte Whiskys, haben erst nach mehreren Jahren diese unerwünschten Geschmäcker abgebaut.

Es liegt am Ende am einzelnen Konsumenten und der speziellen Flasche, ob die Jugend in einem solchen nachgereiften Whisky ohne Altersangabe noch zu entdecken ist.